Investing.com - Obwohl es Zweifel an einem baldigen Handelsdeal gibt, steigen die US-Futures unaufhaltsam gen Norden und erreichen vorbörslich neue Rekordhochs. An der Wall Street herrscht einfach weiter pure Euphorie - getreu dem Motto: "nichts sehen, nichts hören, nichts sagen".
Der Dow Jones Industrial Average-Future, der am Montag um 0,26 Prozent gestiegen war, baute seine Gewinne um 0,38 Prozent auf 28.128 Zähler aus. Allein im November legte der Terminkontrakt des US-Standardindex bereits um mehr als 4 Prozent zu.
Der S&P 500-Future, der 500 US-Unternehmen umfasst, kommt vorbörslich auf ein Plus von 0,30 Prozent auf 3.132 Punkte, während der Technologiewerte-Index Nasdaq 100-Future um 0,4 Prozent auf 8.370 Punkte hochgeschossen ist.
Im Fokus der Anleger stehen weiterhin die Handelsentwicklungen. Noch immer wird auf klare Signale gewartet, ob die USA und China ein vorläufiges Abkommen zur Beendigung des Handelsstreits erzielen können.
Die Stimmung in Peking mit Blick auf einen Handelsdeal sei pessimistisch, sagte eine chinesische Regierungsquelle gegenüber CNBC-Korrespondentin Eunice Yoon am Montag. Grund dafür sei die Zurückhaltung Trumps bei der Rücknahme der Zölle.
Hoffnung machte den Anlegern gestern indes die Ankündigung des US-Handelsministeriums, wonach man eine Ausnahmeregelung für Geschäfte mit dem chinesischen Netzwerkausrüster und Smartphone-Hersteller Huawei um 90 Tage verlängert habe.
Die beiden Wirtschaftsgiganten hatten sich Anfang Oktober auf ein begrenztes Handelsabkommen verständigt. Peking hat sich auch dafür eingesetzt, dass die wechselseitigen Zölle in mehreren Phasen im Rahmen des Deals aufgehoben werden.
Anfang November sagte der Sprecher des chinesischen Handelsministeriums, Gao Feng, dass die USA und China eine Vereinbarung über die Zollrücknahme getroffen hätten. Trump hatte jedoch letzte Woche betont, dass er sich nicht zur Abschaffung der Zölle auf chinesische Waren verpflichtet habe. Dies widersprach dem Signal aus Peking und dämpfte die Hoffnung auf eine baldige Lösung des Handelskonflikts.
"Der Optimismus im Hinblick auf den Handel war ein Faktor für die Rallye der Weltbörsen im vergangenen Monat", sagte Simona Gambarini, Marktanalystin bei Capital Economics, in einer Notiz. "Aber da ein "Mini-Deal" inzwischen weitgehend an den Märkten diskontiert ist und das Wirtschaftswachstum in den nächsten Jahren kaum besser ausfallen dürfte als stagnieren, gehen wir davon aus, dass ein weiterer Kursanstieg der Börsen begrenzt ausfallen dürfte."
Seit Jahresanfang ist der Nasdaq um knapp 29 Prozent, der Dow Jones Industrial Average um 20 Prozent und der S&P 500 um 24,6 Prozent gestiegen.
"Der Aktienmarkt hat eine beachtliche Widerstandsfähigkeit gezeigt", sagte Robert Pavlik, Chefanlagestratege bei SlateStone Wealth, in einer Notiz, gegenüber CNBC. "Was noch erstaunlicher ist, dass sich die Probleme, mit denen der Markt seit Anfang des Jahres zu tun hat, nicht in Luft aufgelöst haben, sondern gewachsen oder komplexer geworden sind."
Pavlik erklärte, dass sich weder in Sachen Handelskrieg bahnbrechende Entwicklungen ergeben hätten, noch mit Blick auf die Gewinnaussichten der Unternehmen. Auch die Konjunkturdaten hätten sich "eingetrübt".
Optimistischer ist dagegen die Schweizer Großbank UBS (SIX:UBSG). Sie glaubt, dass ein Handelsabkommen wahrscheinlicher ist als keines. "Erstens hat sich der politische Druck auf Präsident Donald Trump, einen Deal zu machen, wahrscheinlich erhöht. Zweitens haben sowohl US-amerikanische als auch chinesische Regierungsvertreter eine erhebliche Bereitschaft signalisiert, einem begrenzten Phase-1-Deal zuzustimmen. Und drittens hat China anscheinend seine Haltung gelockert, mit dem Vorschlag, dass das Land für eine schrittweise Zollrücknahme offen sei. Auch die fundamentalen Rahmenbedingungen sind für Aktien weniger negativ. Wir haben daher unser "Underweight"-Rating für Aktien aus Schwellenländern gestrichen und unsere Gesamtallokation für Aktien von "Underweight" auf "Neutral" hochgesetzt.
Der nächste wichtige Termin im Handelskrieg ist der 15. Dezember. Sollten die beiden Wirtschaftsmächte bis dahin keine Lösung gefunden haben, werden Zölle von 15 Prozent auf Konsumgüter aus China im Wert von 160 Milliarden Dollar in Kraft treten.
Der Fear & Greed Index von CNN Money, der letzte Woche mit 91 Punkten den höchsten Stand seit 2017 erreichte, zog sich gestern auf 83 Punkte zurück, signalisiert aber weiterhin eine extreme Gier der Marktteilnehmer. Vorsicht ist daher weiterhin angebracht, wobei die Charttechnik auf einen intakten Aufwärtstrend im Dow Jones hinweist.
"Der Dow Jones hat den kurzfristigen Aufwärtstrend bestätigt und konnte einen freundlichen Wochenschluss generieren", sagte Christoph Geyer, Technischer Analyst bei der Commerzbank (DE:CBKG). "Der MACD-Indikator ist gerade an seiner Triggerlinie nach oben abgeprallt und hat damit ein neues Kaufsignal gegeben. Die Umsätze sind auf hohem Niveau stabil. Entsprechend sollte der Aufwärtstrend noch weiter anhalten."
Heute im Fokus stehen noch die Baubeginne aus den USA per Oktober.