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Richter im Anlegerprozess bringt VW-Position ins Wanken

Veröffentlicht am 25.03.2019, 14:51
© Reuters. 89th Geneva International Motor Show in Geneva
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Braunschweig (Reuters) - Im milliardenschweren VW-Anlegerprozess hat das Gericht am Montag eine wesentliche Verteidigungslinie von Volkswagen (DE:VOWG) erschüttert.

Richter Christian Jäde sagte am fünften Verhandlungstag vor dem Oberlandesgericht Braunschweig, das Unternehmen müsse sich das Wissen von leitenden Angestellten zurechnen lassen, wenn es um die Pflicht zur Veröffentlichung kursrelevanter Informationen gehe. Dazu zählten bei Volkswagen auch die elf Bereichsleiter unterhalb des Vorstands, insbesondere die Leiter der Motorenentwicklung und der Abteilung für Produktsicherheit.

"Bei einer nicht mehr ganz so kleinen Gesellschaft ist der Vorstand nicht mehr in der Lage, die Ad-hoc-Pflicht alleine zu erfüllen", sagte Jäde. Das Unternehmen müsse daher bestimmte Verantwortlichkeiten delegieren. Das bedeute, dass auch leitende Angestellte Informationen sammeln und beschaffen müssten. Jäde machte zudem deutlich, dass mit dieser vorläufigen Auffassung des Gerichts kein Hinweis auf einen möglichen Ausgang des Prozesses verbunden sei. Insbesondere die Kursrelevanz der Informationen im Abgasskandal und die Frage einer möglichen Verjährung von Ansprüchen müssten noch geklärt werden.

UNTER DEM DRUCK DER ÖFFENTLICHKEIT

VW-Anwalt Markus Pfüller äußerte den Verdacht, das Gericht tendiere mit seiner Meinung unter dem öffentlichen Druck zu den Klägern. Mit der Wissenszurechnung wähle der Senat einen ungewöhnlichen Weg, der nicht der überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur entspreche. "Hätte man Vorstandswissen, bräuchte es den Weg über die Zurechnung nicht. Dann würden wir den Kreis überhaupt nicht erweitern müssen", sagte Pfüller. Die jahrelangen Untersuchungen der von VW mit der Aufklärung beauftragte Kanzlei Jones Day hätten jedoch keine Belege dafür gefunden, das Vorstandsmitglieder von dem Betrug wussten. "Mit seiner Auffassung steht das Gericht außerdem im Widerspruch zur etablierten Praxis der BaFin und in börsennotierten Unternehmen", erklärte VW.

Einen Vergleich schloss Pfüller zum jetzigen Zeitpunkt aus. "Wir sind in der Einführung in den Streitgegenstand. Von Vergleich würde ich zum heutigen Zeitpunkt nicht sprechen, das halte ich für ziemlich abwegig." Die entscheidende Frage habe das Gericht noch nicht adressiert. "Nämlich, ob überhaupt eine kursrelevante Information vorlag. Darüber werden wir uns sicher noch trefflich streiten."

Weitere Anwälte von VW und des ebenfalls beklagten Hauptaktionärs Porsche (DE:PSHG_p) SE erklärten, es handele sich um hochumstrittene Rechtssachverhalte, zu denen noch längst nicht das letzte Wort gesagt sei. Insbesondere gebe es noch keine höchstrichterliche Entscheidung dazu.

Die Kläger - zumeist institutionelle Anleger - werfen Volkswagen vor, die Informationen über den Abgasskandal lange geheim gehalten und ihnen dadurch einen Wertverlust ihrer Aktien eingebrockt zu haben. Dem hält Volkswagen entgegen, die Kursrelevanz sei erst durch die Veröffentlichung der US-Umweltbehörde am 18. September 2015 erkennbar geworden. Die EPA hatte damals eine Strafe von bis zu 18 Milliarden Euro angedroht. Die Wiedergutmachung des Abgasskandals hat Volkswagen bisher 29 Milliarden Euro gekostet.

© Reuters. 89th Geneva International Motor Show in Geneva

VW - ALLEIN WISSEN DES VORSTANDS FÜR AD-HOC RELEVANT

Volkswagen und die Porsche SE argumentieren damit, dass allein das Wissen des Vorstands dem Unternehmen für eine Ad-hoc-Pflicht zuzurechnen sei. Volkswagen vertritt die Meinung, dass Beschäftigte auf der unteren Leitungsebene für den Abgasbetrug verantwortlich waren und der Vorstand davon keine Kenntnis hatte.

Der 3. Senat des Oberlandesgerichts Braunschweig verhandelt über eine Musterklage der Fondsgesellschaft Deka Investment der Sparkassen wegen erlittener Kursverluste durch den VW-Dieselskandal. Insgesamt gibt es knapp 1700 vergleichbare Fälle, die Summe der Forderungen beläuft sich auf insgesamt neun Milliarden Euro. Davon liegen Forderungen von etwa vier Milliarden Euro beim Landgericht. Diese Kläger können im Falle eines Urteils zugunsten der Deka ihre Ansprüche dort durchsetzen.

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