FRANKFURT (dpa-AFX) - Nach einer kurzen Stabilisierung hat der Dax am Donnerstag deutlich ins Minus gedreht. Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar von RoboMarkets bezeichnete die anfänglichen Kursgewinne als eine lediglich technische Gegenbewegung nach den jüngsten Verlusten, die nicht überbewertet werden sollte.
Über eine Stunde nach dem Börsenstart büßte der deutsche Leitindex 0,66 Prozent auf 13 907,63 Punkte ein. Damit blieb er immerhin über dem Tiefstand seit einem Jahr, auf den er zur Wochenmitte abgerutscht war, bevor er es noch in positives Terrain geschafft hatte.
Der MDax der mittelgroßen deutschen Unternehmen verlor zuletzt 0,23 Prozent auf 31 027,40 Punkte. Für den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 ging es um 0,40 Prozent auf 3805,39 Zähler nach unten.
Es herrsche weiter Unsicherheit über den Verlauf des Krieges in der Ukraine und die wirtschaftlichen Folgen der Sanktionen gegen Russland, betonte Experte Molnar. Denn dass die Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine über einen Waffenstillstand fortgesetzt würden, "während russische Truppen die ukrainische Hauptstadt Kiew weiter unter Beschuss nehmen", klinge doch "ziemlich illusorisch".
Unternehmensseitig steht am deutschen Aktienmarkt weiter die laufende Berichtssaison mit etlichen Geschäftszahlen im Fokus. Dass die Merck (DE:MRCG) KGaA dank guter Geschäfte der Laborsparte nach dem historisch starken Vorjahr auch 2022 ein hohes organisches Wachstum bei Umsatz und bereinigtem Ergebnis anpeilt, ließ die Aktien des Pharma- und Spezialchemiekonzerns an der Dax-Spitze um 1,3 Prozent steigen. JPMorgan-Analyst Richard Vosser sprach von einem starken Ausblick, der die Konsensschätzung für das operative Ergebnis (Ebitda) steigen lassen sollte - dies stütze die Aktie.
Aus dem MDax legten gleich mehrere Mitglieder Zahlen vor. Lufthansa-Titel waren mit einem Minus von knapp sechs Prozent einer der größten Verlierer. Die Fluggesellschaft stellt sich angesichts des Ukraine-Krieges nach zwei verlustreichen Pandemiejahren auf weiter schwierige Zeiten ein. Sie konnte zwar 2021 ihren Verlust um zwei Drittel reduzieren. Ob sie 2022 in die Gewinnzone zurückkehrt, ließ der Vorstand aber offen. Analyst Dirk Schlamp von der DZ Bank befürchtet, dass sich der stark steigende Ölpreis und geopolitische Risiken auf die Nachfrage auswirken könnten.
Die anfangs freundlichen Aktien von ProSiebenSat.1 sackten um sechseinhalb Prozent auf ein Tief seit November 2020 ab, obwohl der Fernsehkonzern am Rekordumsatz des vergangenen Jahres anknüpfen und 2022 noch mehr schaffen will.
Die Anteilseigner von Evonik (DE:EVKn) mussten einen Kursverlust von gut zweieinhalb Prozent verkraften. Der Spezialchemiekonzern traut sich trotz der hohen Rohstoffkosten 2022 ein weiteres Gewinnwachstum zu. Dieses dürfte aber etwas geringer ausfallen als 2021. Das US-Analysehaus Bernstein Research sieht die operative Ergebnisprognose (Ebitda) knapp unter der Konsensschätzung.
Dagegen sprangen die Aktien von Kion (DE:KGX) um mehr als sieben Prozent hoch, was den MDax-Spitzenplatz bedeutete. Der Gabelstapler-Hersteller profitierte im vergangenen Jahr von der großen Nachfrage nach Logistik-Fahrzeugen und blickt zuversichtlich auf 2022. Dass Ströer (DE:SAXG) 2021 die eigenen sowie die Analystenerwartungen übertraf und 2022 noch einen draufsetzen will, bescherte dem Außenwerber ein Kursplus von knapp 0,8 Prozent.
Beim Anlagenbauer Gea bremsten zwar Lieferengpässe das Umsatzwachstum im vergangenen Jahr. Allerdings legte der Gewinn dank der Restrukturierungsmaßnahmen des Unternehmens deutlich zu. Die Aktien verbilligten sich indes um rund zwei Prozent und waren damit so günstig wie zuletzt im vergangenen Sommer.
Aus dem SDax der geringer kapitalisierten Unternehmen stach GFT Technologies mit einem Kurssprung von rund sechs Prozent heraus. Der auf Software für die Finanzbranche spezialisierte Anbieter erzielte dank der fortschreitenden Digitalisierung 2021 die besten Umsatz- und Ergebniskennzahlen der Unternehmensgeschichte. Aufgrund des hohen Auftragseingangs für das laufende Geschäftsjahr werde zudem eine weiterhin "sehr positive Geschäftsentwicklung" erwartet.
Für Drägerwerk-Titel ging es um 0,3 Prozent hoch, nachdem der Medizin- und Sicherheitstechnikkonzern für 2021 aufgrund einer langsam zurückgehenden Nachfrage nach seinen Corona-Produkten einen deutlichen Gewinnrückgang berichtet hatte.