FRANKFURT (dpa-AFX) - Am Tag der Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) hat der deutsche Aktienmarkt zugelegt. Dank des starken Rückenwindes der New Yorker Börse stieg der Leitindex Dax am Donnerstag um 1,21 Prozent auf 18.552,55 Punkte und erholte sich damit von seinen jüngsten Verlusten.
Für den MDax der mittelgroßen Börsenunternehmen ging es um 1,36 Prozent auf 25.446,20 Zähler nach oben. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 gewann 1,21 Prozent.
In New York konnte der US-Leitindex Dow Jones Industrial einen frühen Rutsch an die 40.000-Punkte-Marke noch ausbügeln, während sich die Tech-Werte an der Börse Nasdaq deutlich erholten. In der Summe sind die Vorgaben aus den USA damit positiv, denn zum europäischen Handelsschluss hatten die US-Indizes am Mittwoch noch im Minus gestanden.
Geht es nach Charttechniker Martin Utschneider von Finanzethos gelingt mit einem positiven Auftakt aber wohl noch kein Befreiungsschlag. "Der deutsche Leitindex kämpft weiterhin wacker um nachhaltige Stabilisierung", betonte der Experte. Die Situation bleibe von Unsicherheit geprägt und der Dax müsse sich zunächst über 18.500 Punkten behaupten.
Laut Utschneider könnten am Nachmittag die Ergebnisse der EZB-Zinssitzung nochmals für deutliche Kursschwankungen sorgen. Die Europäischen Zentralbank wird nach einhelliger Einschätzung von Volkswirten ihre Geldpolitik zum zweiten Mal in diesem Jahr lockern. Der derzeit entscheidende Einlagensatz dürfte um 0,25 Prozentpunkte auf 3,50 Prozent reduziert werden. Die gesunkene Inflation und die schwächelnde Wirtschaft sprechen laut Ökonomen für eine Zinssenkung.
Im Kielwasser der Rally bei den US-Technologieaktien waren auch hierzulande entsprechende Branchenwerte gefragt. So stiegen die Aktien des Chipherstellers Infineon (ETR:IFXGn) an der Dax-Spitze um drei Prozent. In den hinteren Börsenreihen gewannen Aixtron (ETR:AIXGn) mehr als vier und Süss Microtec drei Prozent.
Für gute Stimmung im Sektor hatten Aussagen von Nvidia-Chef Jensen Huang gesorgt. Er sprach auf einer Technologiekonferenz der US-Investmentbank Goldman Sachs (NYSE:GS) in San Francisco von einer hohen Nachfrage nach den knappen Chips des Vorzeigeunternehmens in puncto Künstliche Intelligenz (KI). "In New York ist die KI-Fantasie mit voller Wucht aufs Parkett zurückgekehrt", kommentierte Marktanalyst Jürgen Molnar vom Handelshaus Robomarkets.
Im MDax gewannen die Anteilsscheine des Softwarespezialisten Teamviewer (ETR:TMV) mehr als vier Prozent und profitierten damit von einem zuversichtlichen Analystenkommentar. Der enorme Pessimismus nehme etwas ab, schrieb der Experte Ben Castillo-Bernaus von der französischen Investmentbank Exane BNP Paribas (ETR:BNPP). Die Markterwartungen erschienen inzwischen vernünftiger. Zunehmende Dynamik im Geschäft mit großen Enterprise-Kunden bei schwächerem Geschäft mit kleinen und mittelgroßen Kunden sorgten momentan für ein recht ausgeglichenes Chance-Risiko-Verhältnis.
Zudem standen nach dem Kurssprung um 16,6 Prozent zur Wochenmitte die Aktien der Commerzbank (ETR:CBKG) weiter im Fokus. Analyst Kian Abouhossein von der US-Bank JPMorgan (NYSE:JPM) sieht den Einstieg der italienischen Bank Unicredit (BIT:CRDI) bei dem deutschen Finanzhaus als Signal für ihren Übernahmewillen. Mit Blick auf den gesamten Sektor winke eine Konsolidierung von Europas Bankenlandschaft . Die Commerzbank sei "klar im Spiel". Deren Titel legten nun um gut zwei Prozent zu.