FRANKFURT (dpa-AFX) - Am vierten Verlusttag in Folge ist der Dax am Donnerstag unter die viel beachtete Marke von 16 000 Punkten gedrückt worden. Zahlreiche Leitzinserhöhungen europäischer Notenbanken erinnerten die Anleger daran, dass sich die internationale Zinsspirale im Kampf gegen die Inflation weiter dreht. Fed-Chef Jerome Powell bekräftigte, dass auch in den USA die Zeichen auf weiter steigende Leitzinsen stehen.
Nach einem Rutsch bis auf 15 810 Punkte konnte der Dax im Tagesverlauf aber schon eine Gegenbewegung starten, die ihn zumindest wieder nah an die 16 000er Marke heran führte. Das Minus reduzierte der deutsche Leitindex mit 15 988,16 Punkten auf nur noch moderate 0,22 Prozent. Getrieben von Kurssprüngen bei einigen Schwergewichten drehte der MDax sogar klar mit 1,19 Prozent auf 26 898,25 Punkte ins Plus.
Marktexperte Salah-Eddine Bouhmidi vom Broker IG machte für die anfänglich deutlicheren Verluste vor allem ein dünnes Handelsvolumen verantwortlich. Im Tagestief sei der Leitindex dann knapp über einer Unterstützungszone bei rund 15 800 Punkten umgekehrt. Für die Experten der Landesbank Helaba wäre sogar ein Rückgang bis in den Bereich von 15 600 bis 15 700 Punkten lediglich eine Korrektur gewesen.
An diesem Donnerstag standen die Zinsentscheide mehrerer Notenbanken im Blickfeld. Die Schweizer Notenbank erhöhte den Leitzins erwartungsgemäß um weitere 0,25 Prozentpunkte, während die norwegischen und britischen Währungshüter ihren Straffungskurs mit überraschend deutlichen Zinsanhebungen um 0,5 Prozentpunkte fortsetzten. Die Gewissheit darüber belastete den Dax im Tagesverlauf jedoch nicht zusätzlich, das Tagestief stand schon sehr früh zu Buche.
Unternehmensseitig machte ein möglicher Übernahmepoker um Covestro (F:1COV) weiter Schlagzeilen. Der Kunststoffkonzern hat Kreisen zufolge einen ersten Übernahmevorschlag des Ölkonzerns Abu Dhabi National Oil (Adnoc) über fast elf Milliarden Euro als unzureichend abgelehnt. Die Spekulationen auch über mögliche weitere Gespräche hielten die Rally intakt: Mit einem Anstieg um 2,5 Prozent bauten die Covestro-Aktien ihr bisheriges Wochenplus auf fast 16 Prozent aus.
Im Dax waren mit Sartorius (ETR:SATG) und Zalando (ETR:ZALG) noch zwei Werte gefragt, die in diesem Jahr bislang zu den größten Verlierern zählen. Bei dem Laborausrüster Sartorius, dessen Aktien um 4,7 Prozent stiegen, gab es eine Kaufempfehlung der Berenberg Bank. Laut dem Analysten Odysseas Manesiotis ist der anhaltende Abbau von Lagerbeständen inzwischen eingepreist und die Bewertung damit wieder vielversprechend.
Beim Zalando-Plus von 3,9 Prozent spielte Übernahmefantasie in der Internet-Branche eine Rolle. Spekulationen über Interesse aus den USA rankten sich am Donnerstag um Ocado , einen britischen Spezialisten für den Online-Lebensmitteleinzelhandel. Noch mehr galt dies als Antreiber dafür, dass die Aktien des Kochboxenlieferanten Hellofresh (ETR:HFGG) an der MDax -Spitze um 17 Prozent hoch sprangen. Auch die Aktien des Essenslieferdienstes Delivery Hero (ETR:DHER) zogen dort um 5,3 Prozent an. Goldman Sachs (NYSE:GS) hatte sie zusätzlich in einer Erststudie zum Kauf empfohlen.
Über üppige Kursgewinne konnten sich sonst noch die Anleger von Puma (ETR:PUMG) im MDax freuen: Mit einem Kurssprung um zehn Prozent holten sie mehrere Verlusttage wieder auf. Manche Händler verwiesen auf vagen Optimismus vor dem Quartalsende. Die anstehenden Zahlen dürften pessimistischer gewordene Annahmen der Anleger nicht so stark bestätigen wie zuvor befürchtet, schrieb der Jefferies-Analyst James Grzinic in einer Studie.
Auf internationaler Ebene verlor der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 0,4 Prozent auf 4304,47 Punkte. An den Börsen in Paris und London gab es recht deutliche Verluste. An der Wall Street lag der Dow Jones Industrial zuletzt fast auf Vortagsniveau. An der technologielastigen Nasdaq-Börse war das Vorzeichen nach drei Verlusttagen wieder positiv.
Der Euro wurde zum europäischen Börsenschluss mit 1,0962 US-Dollar gehandelt. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,0985 (Mittwoch: 1,0923) US-Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,9103 (0,9155) Euro.
Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 2,50 Prozent am Vortag auf 2,53 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 0,20 Prozent auf 124,52 Punkte. Der Bund-Future sank um 0,73 Prozent auf 132,72 Punkte.