FRANKFURT (dpa-AFX) - Nach zwei verlustreichen Pandemiejahren stellt sich die Lufthansa (DE:LHAG) angesichts des Ukraine-Kriegs auf eine weitere schwierige Zeit ein. "Wir sind sehr sicher, dass der Luftverkehr in diesem Jahr einen starken Aufschwung erleben wird", sagte Vorstandschef Carsten Spohr am Donnerstag bei der Vorlage der Jahresbilanz in Frankfurt. Dass der Konzern 2022 in die schwarzen Zahlen zurückkehrt, wagte er aber nicht zu versprechen. Die Entwicklungen in der Ukraine, deren ungewisse Folgen und der unklare weitere Verlauf der Pandemie ließen eine genaue Prognose nicht zu. Die Ticketbuchungen für die Oster- und Sommerferien stimmen den Vorstand aber zuversichtlich.
An der Börse wurden die Nachrichten mit einem Kursrutsch quittiert: Kurz nach Handelsstart in Frankfurt verlor die Lufthansa-Aktie 4,3 Prozent auf 6,338 Euro. Seit dem Jahreswechsel hat das Papier damit noch 2,6 Prozent gewonnen. Mitte Februar war der Kurs bis auf gut 7,90 Euro gestiegen. Seitdem war es im Zuge der Börsenturbulenzen infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine deutlich abwärts gegangen.
Im zweiten Corona-Jahr 2021 konnte der Lufthansa-Konzern seinen Verlust im Vergleich zu 2020 deutlich reduzieren. Dank eines Rekordgewinns der Frachtsparte und einer gewissen Erholung im Passagiergeschäft verringerte sich der Fehlbetrag unter dem Strich um zwei Drittel auf rund 2,2 Milliarden Euro. Der bereinigte operative Verlust (bereinigtes Ebit) schrumpfte um 57 Prozent auf gut 2,3 Milliarden Euro. Ohne die Kosten für den Konzernumbau samt der Streichung tausender Arbeitsplätze wäre das Minus knapp 600 Millionen Euro niedriger ausgefallen.
Trotz der Erholung ist die Lufthansa noch weit von den Geschäftszahlen aus der Zeit vor der Pandemie entfernt. So zählte der Konzern 2021 rund 47 Millionen Fluggäste - rund 29 Prozent mehr als im ersten Corona-Jahr, aber fast 100 Millionen weniger als im Vorkrisenjahr 2019. Der Umsatz lag mit 16,8 Milliarden Euro zwar ein Viertel höher als 2020, blieb aber immer noch weit hinter den 36,4 Milliarden aus der Zeit vor der Krise zurück.
Im Passagiergeschäft schrieb der Konzern daher erneut tiefrote Zahlen. Die Kernmarke Lufthansa kam zusammen mit den Töchtern Swiss, Austrian und Brussels auf einen bereinigten operativen Verlust von 3,5 Milliarden Euro, eine Verbesserung um 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Billigmarke Eurowings konnte ihr Minus um zwei Drittel auf 230 Millionen Euro eindämmen.
Glänzend lief es hingegen im Frachtgeschäft: Dank hoher Nachfrage, knapper Kapazitäten und dadurch hoher Transportpreise verdiente die Frachttochter im Tagesgeschäft fast 1,5 Milliarden Euro und damit so viel wie nie zuvor. Auch der Wartungstochter und der Catering-Sparte gelang die Rückkehr in die Gewinnzone.
Ob der Lufthansa 2022 die Rückkehr in die Gewinnzone gelingt, ließ der Vorstand offen. Er stellte lediglich mehr Umsatz und eine weitere Verbesserung des bereinigten operativen Ergebnisses in Aussicht - dies könnte auch auf einen weiteren Jahresverlust hinauslaufen.
Die bisherigen Buchungszahlen stimmen den Vorstand zuversichtlich. So lägen die Buchungen für die Oster- und Sommerferien fast auf dem Niveau von 2019. In den kommenden Monaten will der Konzern sein Angebot daher weiter hochfahren. Zwar sei das Geschäft im ersten Quartal noch von der Omikron-Variante des Coronavirus geprägt, die seit den letzten Wochen des Vorjahres erneute Reisebeschränkungen und einen Rückgang der Ticketnachfrage ausgelöst hatte. Ab dem zweiten Quartal soll es aber deutlich aufwärtsgehen.
Für das Gesamtjahr plant der Vorstand weiter mit einem Flugangebot von mehr als 70 Prozent des Vorkrisen-Niveaus. Im Sommer sollen es rund 85 Prozent werden, und Eurowings soll in der heißen Jahreszeit sogar mehr Tickets anbieten als im Jahr vor der Pandemie.
Zu den direkten finanziellen Folgen des Ukraine-Kriegs äußerte sich die Lufthansa zunächst nicht. Wegen Wladimir Putins Angriff hat der Konzern knapp 90 Verbindungen pro Woche in die Russische Föderation und in die Ukraine streichen müssen. Zudem zwingt die russische Luftraumsperre die Fernost-Maschinen nach China, Japan und Korea auf längere Ersatzrouten im Süden.
Deutschland, Österreich, Belgien und die Schweiz hatten die Lufthansa im ersten Corona-Jahr mit milliardenschweren Staatshilfen vor dem wirtschaftlichen Aus gerettet. Die deutschen Staatshilfen hat der Konzern inzwischen zurückgezahlt. Der Bund ist aber über den Wirtschaftsstabilisierungsfonds noch mit gut 14 Prozent an dem Konzern beteiligt.