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Sanierungspakt gibt Opel Gnadenfrist - "Verlierer-Image" hemmt

Veröffentlicht am 31.05.2018, 10:33
© Reuters.  Sanierungspakt gibt Opel Gnadenfrist - "Verlierer-Image" hemmt
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- von Jan C. Schwartz

Hamburg (Reuters) - Der mit den Arbeitnehmern vereinbarte Sanierungsplan verschafft Opel Luft.

Doch ob der chronisch defizitäre Autobauer damit wirklich gerettet werden kann, muss sich erst noch zeigen. Denn die Ausgangsbedingungen sind nach Einschätzung von Branchenexperten eher schlecht: Opel haftet noch immer das "Verlierer-Image" an, das die Traditionsmarke mit dem Blitz nach mehreren Sparrunden und Werksschließungen in den vergangenen Jahren unter dem damaligen Eigner General Motors (NYSE:GM) bekommen hat. Auch die Werbekampagne "Umparken im Kopf" konnte die Kundschaft nicht in Scharen zurück in die Autohäuser locken. Nun kommt noch hinzu, dass sich die Konjunktur in Europa seit diesem Jahr eintrübt und die politischen Spannungen mit wichtigen Handelspartnern zunehmen. "Alles, was jetzt kommt, ist Blut, Schweiß und Tränen: Trump, Brexit, Schuldenkrise, Italien, Euro", sagt Helmut Becker, Leiter des Instituts für Wirtschaftsanalyse und Kommunikation in München. Und da soll die Sanierung funktionieren? Beckers Antwort: "Nie und nimmer."

Auch Autoexperte Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach ist skeptisch. Die Rüsselsheimer hätten in den letzten Jahren Zeit verloren, sagt er. Das könne nicht einfach so aufgeholt werden. "Opel muss jetzt beweisen, dass man mit neuen Modellen Geld verdienen kann." Vielleicht kommt mit neuen Modellen auch der Absatz wieder in Schwung. In den ersten vier Monaten lag der Marktanteil von Opel und der britischen Schwestermarke Vauxhall nach Daten des Herstellerverbandes ACEA in Europa (EU und EFTA) bei 5,7 (Vorjahreszeitraum: 6,3) Prozent. Das ist etwa die Hälfte dessen, was VW (DE:VOWG) auf die Waage bringt, mit der sich die Rüsselsheimer einst messen konnten.

Der neue französische Eigner PSA hat sich jedenfalls viel vorgenommen: Opel soll bis 2020 profitabel werden, lautet die Vorgabe von Konzernchef Carlos Tavares. Dafür wurde nun ein Pakt mit dem Betriebsrat geschlossen: PSA hat zugesagt, in alle deutschen Opel-Werke zu investieren und den Personalabbau auf 3700 Stellen zu begrenzen. Damit sind die übrigen rund 15.000 Arbeitsplätze in Deutschland bis 2023 gesichert. Für diese Zusage müssen die Opelaner Lohnabstriche hinnehmen. Der Großteil der Stellenstreichungen ist durch freiwillige Vereinbarungen über Altersteilzeit, Vorruhestand und Abfindungen schon unter Dach und Fach. Die Arbeitnehmerseite feiert das als Erfolg. "Die Restrukturierung von Opel ist damit nahezu abgeschlossen", sagt Gesamtbetriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug. Größere Abweichungen von dem Kompromiss will er nicht zulassen. "Aus diesem Eckpunktepapier kommt keiner mehr raus."

NEUE KRÖTEN?

Trotzdem: Viele Details des Sanierungsprogramms müssen in den kommenden Wochen und Monaten noch ausgehandelt werden. Das birgt nach Meinung von Experten durchaus das Risiko, dass die Belegschaft noch die eine oder andere Kröte schlucken muss. Bratzel glaubt: PSA-Chef Tavares werde genau darauf achten: "Wo kann noch Geld gespart werden und kann man Wettbewerbsvorteile generieren?" Der gebürtige Portugiese hat mit Peugeot vorgemacht, wie man ein angeschlagenes Unternehmen in die Erfolgsspur führen kann. Die Franzosen gelten bei der Ertragskraft inzwischen als Vorbild für andere Massenhersteller.

Auch Analyst Arndt Ellinghorst von Evercore ISI mahnt: "Nur weil ein Unternehmen weniger Cash verbrennt als in der Vergangenheit, ist es leider noch nicht gerettet. Ich denke aber, dass Opel auf einem ordentlichen Weg ist." Experte Becker glaubt dagegen, der Kündigungsschutz sei "das Papier nicht wert, auf dem das geschrieben steht". Im Notfall werde PSA sich darüber hinwegsetzen, so wie früher bei ähnlichen Abkommen Daimler (DE:DAIGn), VW und andere. Becker, einst Chefvolkswirt bei BMW (DE:BMWG), sieht sogar die Gefahr, dass Opel früher oder später verschwindet - wenn nicht als Marke, so doch als Unternehmen. "Das ist nur eine Gnadenfrist."

Auch Autoprofessor Bratzel meldet Zweifel an. Opel habe in den besten Jahren der Automobilindustrie rote Zahlen geschrieben. "Jetzt kommen schwierigere Zeiten. Deshalb darf man nicht wieder alles auf Kante nähen, sonst werden die Ziele wieder verfehlt." Für Opel könnte das dann das letzte Mal sein.

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