- von Tom Käckenhoff
Düsseldorf (Reuters) - Thyssenkrupp (DE:TKAG) muss auch nach dem Ende des verlustreichen Stahlabenteuers in Amerika einen hohen Preis dafür zahlen.
Erstmals seit vier Jahren werde der Konzern im laufenden Geschäftsjahr wieder unter dem Strich deutlich rote Zahlen schreiben, teilten die Essener am Freitag mit. Grund hierfür seien die Abschreibungen in Höhe von 900 Millionen Euro, die Thyssenkrupp beim Verkauf des Brasilien-Werkes verbuchen musste. Der Jahresverlust werde aber niedriger sein als der Fehlbetrag von 871 Millionen Euro, den der Mischkonzern im Halbjahr des Geschäftsjahres 2016/17 (per Ende September) einfuhr. Die operative Gewinnprognose hob der Mischkonzern nach Zuwächsen im Quartal an.
Thyssenkrupp hatte im Februar sein brasilianisches Stahlwerk CSA für 1,5 Milliarden Euro an den Konkurrenten Ternium verkauft. Damit will Vorstandschef Heinrich Hiesinger einen Schlussstrich unter das von seinem Vorgänger Ekkehard Schulz vorangetriebene Stahlgeschäft in Amerika ziehen. Nach Pleiten, Pech und Pannen hatten die milliardenschweren Verluste den Traditionskonzern an den Rand des Ruins getrieben.
AKTIE IM MINUS - MARKT HATTE THYSSENKRUPP MEHR ZUGETRAUT
"Operativ sind wir gut unterwegs", betonte Hiesinger. Der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) stieg im Quartal dank besserer Ergebnisse im Geschäft mit Werkstoffen, Autoteilen, Aufzügen und auch beim Stahl um knapp ein Drittel auf 427 Millionen Euro. Analysten hatten mit 404 Millionen Euro gerechnet. Im Gesamtjahr peilt Thyssenkrupp nun im Konzern operativ 1,8 Milliarden Euro an nach 1,47 Milliarden im Vorjahreszeitraum. Das sind 100 Millionen Euro mehr als bislang.
An der Börse kamen die Nachrichten nicht gut an: Die Aktien rutschten um bis zu 5,5 Prozent auf ein Fünfeinhalb-Monats-Tief von 21,05 Euro ab. "Der Markt ist enttäuscht, er hat mehr erwartet", sagte ein Händler. "Den Investoren ist das nicht genug", fügte ein anderer Aktienhändler hinzu. Bislang hatte Thyssenkrupp das Nettoergebnis des Vorjahres von 261 Millionen Euro deutlich übertreffen wollen.
GESPRÄCHE ÜBER FUSION MIT TATA WERDEN FORTGESETZT
Die europäische Stahlsparte konnte ihr Ergebnis im Quartal auf 92 Millionen Euro nach 65 Millionen Euro verbessern. Sie profitierte von höheren Stahlpreisen, kämpft aber mit den ebenfalls gestiegenen Rohstoffkosten, insbesondere den Preisen für Kokskohle. Diese Entwicklung führte auch zu einem höheren Netto-Umlaufvermögen, was die freien Mittel gehörig nach unten drückte. Im Anlagenbau rutschte das operative Ergebnis auf 23 Millionen von 153 Millionen Euro ab. Für Hoffnung sorgte hier der deutlich gestiegene Auftragseingang.
Vorstandschef Hiesinger hob einmal mehr hervor, dass er mehr auf die Industriegüter- und Dienstleistungsgeschäfte setzt als auf den Stahl. "Die Rohstoffmärkte und damit die Werkstoffgeschäfte unterliegen starken Schwankungen, die wir nicht beeinflussen können. Der Ausbau der anderen Geschäfte ermögliche stabilere Ergebnisse. Hiesinger verhandelt bereits seit dem vergangenen Jahr über eine Fusion der Stahlsparte mit dem Konkurrenten Tata Steel. "Es ist unglücklich, dass das so eine lange Zeit ist", räumte Finanzchef Guido Kerkhoff ein. "Aber für den Umbau, den wir vorhaben, brauchen wir einen Partner." Die Gespräche mit Tata würden fortgesetzt, fügte er hinzu. "Es gibt keine Notwendigkeit, etwas anderes aktuell in Erwägung zu ziehen", entgegnete der Manager auf die Frage, ob auch ein Börsengang der Stahlsparte infrage kommt.