Von Geoffrey Smith
Investing.com - Es ist so, als ob die Welt plötzlich glaubt, dass der Euro eine Zukunft hat.
Am Freitag gehen die Aktien der Banken der Eurozone durch die Decke, nachdem die Europäische Zentralbank am Donnerstag die geldpolitische Drehzahl weiter in Richtung Maximum erhöht und die Zweifler erneut eines Besseren belehrt hat.
Der Stoxx 600 Banks Index stieg um 3,8% auf dem höchsten Stand seit fast drei Monaten. Grund dafür war die gestrige Entscheidung der Europäischen Zentralbank, die ihr Corona-Notkaufprogramm um 600 Milliarden Euro erhöhte und damit die Angst vor neuen Staats- und Bankpleiten in der Eurozone ausräumte. Der europäische Referenzindex STOXX 600 legte um 1,1% auf 370,15 Punkte zu und markierte ebenfalls ein Dreimonatshoch.
Weniger als eine Woche nachdem die Europäische Kommission ebenfalls einen massiven Stimulus von 750 Milliarden Euro zur Unterstützung der Wirtschaft im nächsten Jahr aufgelegt hat (zwei Drittel davon in Form von direkten Zuschüssen statt Krediten), deutet das Konjunkturpaket der EZB darauf hin, dass die Eurozone zum ersten Mal seit einem Jahrzehnt eine einheitliche Makropolitik verfolgt und damit an einem Strang zieht.
Das bedeutet vor allem, dass das Risiko eines Auseinanderbrechens in der Eurozone erheblich reduziert wurde und dass die langfristige Bewertung von Vermögenswerten in der Peripherie des alten Kontinents angehoben wurde.
In den 10 Tagen seit der Ankündigung der EU-Kommission hat sich der Spread zwischen italienischen und deutschen 10-jährigen Referenzrenditen von 200 Basispunkten auf 175 - ein Dreimonatstief - verringert und fällt rapide weiter. Der Spanische Spread ist im gleichen Zeitraum von 113 Basispunkten auf 87 zusammengeschmolzen. Die Risikoprämie von Portugal gegenüber Deutschland ist im gleichen Zeitraum um ein Drittel zurückgegangen, während der Spread von Griechenland von 204 auf 165 Basispunkte gefallen ist.
Kein Wunder also, dass sich die Bankaktien der Peripherie im Höhenflug befinden: Die von ihnen gehaltenen Anleihen schießen durch die Decke, und die Lockerung der Lockdown-Restriktionen, schürt die Hoffnung, dass der Sommertourismus doch noch in Fahrt kommt, was die Kurve der notleidenden Kredite abflachen dürfte, weil es mehr und mehr unternehmen gelingt, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen.
Für Pessimisten, die in den letzten Wochen und Monaten Hochkonjunktur hatten, ist das alles zu schön, um wahr zu sein. Mark Dowding, Chief Investment Officer von BlueBay Asset Management, warnte am Freitag in einer Kolumne, dass die "Zentralbankkäufe die Inflation der Vermögenspreise weiter anheizen. Doch diese Rallye findet vor einer dunklen Konjunkturkulisse statt".
Man darf nicht vergessen: Die aktuellen Wachstumsprognosen der EZB für die Staatengemeinschaft sehen die Wirtschaft um 8,7% einbrechen. Diese Wachstumseinbußen werden wohl erst nach 2022 aufgeholt werden.
Nichtsdestotrotz macht die überraschend kohärente Politik der EU, die von der EZB flankiert wird, den Banksektor sowohl für institutionelle als auch für Privatinvestoren interessant. Schließlich wird der Stoxx 600 Banks immer noch mehr als 40% unter dem Niveau vom Februar gehandelt. Der Sektor ist einer der verlässlichsten Frühindikatoren für das europäische Anlageuniversum und nimmt die voraussichtliche Entwicklung der Konjunktur vorweg. Mit extrem überverkauften Marktbedingungen und tiefen Bewertungen gibt es Bankaktien aus der EU aktuell im Sonderangebot.