Duisburg (Reuters) - Die Arbeitnehmervertreter von Thyssenkrupp (DE:TKAG) machen gegen eine mögliche Stahlfusion mit Tata Steel und Standortschließungen mobil.
"Wir sehen die Notwendigkeit einer Fusion nicht", sagte Stahlbetriebsratschef Günter Back am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters. Vorstandschef Heinrich Hiesinger habe bislang keine klare Begründung für einen Zusammenschluss gegeben. Auch habe er nicht über die Risiken aufgeklärt. "Man holt sich womöglich jemanden ins Haus, der nicht die Performance hat wie die Thyssenkrupp Steel Europe AG. Die waren im letzten Geschäftsjahr grottenschlecht." Thyssenkrupp und Tata hatten im Juli Gespräche über ein mögliches Joint Venture bestätigt.
Back äußerte sich im Anschluss an eine Konferenz von rund 250 Betriebsräten der Stahlsparte in Duisburg. Zu dem Treffen der Betriebsräte am Freitag war auch Stahlchef Andreas Goss geladen. Goss sei vom Vorstand um Hiesinger aufgefordert worden, bis Mai 2017 ein Konzept vorzulegen, wie sich die Stahlsparte aufstellen soll, berichtete Back auf einer Pressekonferenz. Es sei deutlich gemacht worden, dass es Standortschließungen geben werde. Dies habe Hiesinger bereits Anfang Juni den Arbeitnehmervertretern klargemacht. Auch sei auf eine nicht näher erläuterte "Wertlücke" von 800 Millionen bis 1,6 Milliarden Euro verwiesen worden, die Goss schließen solle. Dieser habe vor dem Betriebsräten erklärt, dass die Personalkosten um 200 Millionen Euro zu hoch seien. Back bezeichnete dies als Provokation, hätten die Stahlkocher doch in den vergangenen Jahren durch Zugeständnisse zu erheblichen Kostensenkungen beigetragen.
THYSSENKRUPP PRÜFT RESTRUKTURIERUNG DER STAHLSPARTE
Thyssenkrupp wollte sich zu den genannten Zahlen nicht äußern. Konkrete Pläne für Standortschließungen gebe es nicht, hatte der Konzern zuvor erklärt. "Der europäische Stahlmarkt ist nach wie vor von einer stagnierenden Nachfrage, massiven Überkapazitäten und Dumping-Importen sowie steigenden Kosten geprägt", habe Goss den Betriebsräten gesagt, teilte der Konzern mit. An diesem extrem schwierigen Marktumfeld werde sich auch in absehbarer Zeit nichts ändern. "Wenn unser Stahlgeschäft eine Zukunft haben soll, können wir nicht die Augen davor verschließen, dass wir unterausgelastete Anlagen haben und es massive Überkapazitäten im Markt gibt." Um die Sparte profitabler zu machen, würden Restrukturierungen geprüft.
Betriebsratchef Back äußerte sich enttäuscht über den Auftritt des Stahlchefs. "Der Vorstand ist nebulös geblieben. Er hat keine der substanziellen Fragen beantwortet", sagte Back. "Wir haben alles Recht dazu, von der Vorstellung des Vorstands heute enttäuscht und richtig sauer zu sein."
Thyssenkrupp-Konzernchef Hiesinger hat sich für Zusammenschlüsse in der von Überkapazitäten, Billigimporten und Preisdruck gebeutelten Schwerindustrie ausgesprochen. Back kritisierte, dass Hiesinger immer wieder die Zukunft der Stahlsparte im Konzern infrage stelle. Es sei ihm schleierhaft, wie dieser darauf komme, dass Thyssenkrupp kein Stahlunternehmen sei, schließlich habe alles, was im Konzern produziert werde, im Wesentlichen mit Stahl zu tun.
Für den 31. August hat die IG Metall die Beschäftigten zu einer Demonstration vor der Hauptverwaltung der Stahlsparte in Duisburg aufgerufen. In der Ruhrgebietsstadt tritt an diesem Tag der Aufsichtsrat von Steel Europe zusammen.