Volkswagen (DE:VOWG) will auf dem Zukunftsmarkt der Elektroautos den Rückstand gegenüber der Konkurrenz aufholen. VW-Chef Matthias Müller sagte der "Bild am Sonntag", dass der Konzern an einem Schnelllade-Projekt für batteriebetriebene Fahrzeuge arbeite. Die unter Federführung der Unternehmenstochter Porsche (DE:PSHG_p) entwickelte Technologie soll es ermöglichen, in 15 Minuten 80 Prozent der Batterie zu laden. "Das wird schon bald spruchreif", sagte Müller.
"Wir beschäftigen uns intensiv mit den Themen Batterie und Infrastruktur", fügte der Konzernchef hinzu. "Das Thema E-Mobilität hat VW in den vergangenen Jahren sicher noch nicht mit der nötigen Intensität betrieben. Aber das holen wir wieder auf."
Volkswagen bereitet eine Elektroauto-Offensive vor. "2020 kommt VW geballt mit einer völlig neuen Plattform", sagte Müller. Dann werde VW 30 elektrisch betriebene Modelle mit Reichweiten von 500 bis 600 Kilometer anbieten.
Vergangene Woche hatte Volkswagen eine Zusammenarbeit mit dem chinesischen Fahrzeughersteller JAC bei der Entwicklung von Elektroautos angekündigt. Die beiden Konzerne unterzeichneten am Dienstag in Wolfsburg eine Absichtserklärung für eine "langfristige Partnerschaft".
Auch bei selbstfahrenden Autos, einem weiteren Zukunftsfeld, will Volkswagen angreifen. Müller sagte der "Bild am Sonntag", dass der Autobauer zwischenzeitlich auch mit den US-Internetkonzernen Apple (NASDAQ:AAPL) und Google (NASDAQ:GOOGL) über eine Zusammenarbeit in diesem Bereich verhandelt habe. "Das Rollenverständnis war dann doch zu unterschiedlich, deshalb wurden die Gespräche abgebrochen", sagte er. Volkswagen werde verhindern, "dass wir als Hersteller zum reinen Zulieferer von Hardware werden".
Im Abgasskandal, der Volkswagen vor einem Jahr in eine tiefe Krise gestürzt hatte, sieht Müller das Unternehmen auf einem guten Weg. "Als ich hier anfing, waren wir vor allem Getriebene angesichts der Dimension des Ganzen, die ja erst nach und nach deutlich wurde", sagte Müller, der im September 2015 nach dem Rücktritt seines Vorgängers Martin Winterkorn an die Konzernspitze gerückt war.
"Jetzt bekommen wir immer mehr das Heft des Handelns wieder in die Hand, können neben Krisenmanagement wichtige Themen für das Unternehmen vorantreiben", fügte er hinzu. Volkswagen habe lange unter einer zentralistischen Konzernstruktur gelitten, die dazu geführt habe, "dass wir zu obrigkeitshörig waren". Das wolle er ändern: "Wir müssen mutiger, schneller und schlanker werden."
VW hatte auf Druck der US-Behörden zugegeben, weltweit in rund elf Millionen Diesel-Fahrzeuge unterschiedlicher Marken des Konzerns eine illegale Software eingebaut zu haben. Das Programm reduziert den Ausstoß von schädlichen Stickoxiden bei standardisierten Tests.
In den USA hat sich VW zur Wiedergutmachung bereit erklärt, 14,7 Milliarden Dollar (rund 13,3 Milliarden Euro) zu zahlen. Die zivilrechtliche Einigung mit den US-Behörden deckt allerdings nur Teilaspekte der Affäre ab. Außerdem drohen dem Konzern strafrechtliche Konsequenzen. Vergangene Woche klagte die US-Justiz erstmals einen VW-Ingenieur an, der an der Entwicklung der Software beteiligt gewesen sein soll. Der Ingenieur bekannte sich schuldig und will mit den US-Behörden bei den weiteren Ermittlungen zusammenarbeiten.