Von Robert Zach
Investing.com - Der Goldpreis erwischte einen außerordentlich guten Start ins neue Jahr. Allerdings gab er erst kürzlich einen Teil seiner ursprünglichen Gewinne wieder ab und das, obwohl einige Experten angesichts des Coronavirus-Crashs an den Weltbörsen und den daraus resultierenden Firmenpleiten schon die Finanzkrise 2.0 ausrufen. Wie die niederländische Großbank ABN Amro jedoch feststellte, legte der Goldpreis in den letzten großen Krisen um maximal 10 Prozent zu, je nach Performance des US-Dollars.
Im Zuge der globalen Finanzkrise waren die Goldpreise aufgrund des starken Dollar-Anstiegs erheblich gefallen, wie die Edelmetallexpertin Georgette Boele in einer Notiz schrieb. In ihrem aktuellen Basisszenario erwartet sie genau deshalb auch einen schwächeren Goldpreis in den kommenden Monaten.
Gold wird häufig als sicherer Hafen in turbulenten Börsenzeiten angesehen. Einige Analysten behaupten, dass ein Vermögenswert sicher sei, wenn er sich in Zeiten von Stress an den Märkten besser entwickelt als andere Assets. Der Goldpreis konnte in den letzten Tagen aber trotz der massiven Verluste an den Aktienmärkten nicht mehr deutlich im Wert zulegen. Ganz anders sieht es da beim japanischen Yen und den US-Staatsanleihen (NASDAQ:TLT) aus, die von Investoren als sicherer Hafen angesteuert wurden. Der US-Dollar zeigte indes eine eher gemischte Performance.
In den vergangenen Krisen seien die Goldpreise zunächst um maximal 10 Prozent gestiegen, wie ABN Amro skizzierte. In dieser Zeit habe sich der US-Dollar abgeschwächt, aber die Verluste hielten sich in Grenzen. In der letzten Krise, der globalen Finanzkrise, verloren die Goldpreise überraschenderweise um mehr als 20 Prozent, bevor sie sich moderat erholten. Gleichzeitig ist der US-Dollar auf breiter Front gestiegen. Grund dafür sei eine Liquiditätsklemme gewesen.
In ihrem Basisszenario erwartet ABN Amro, dass sich das Weltwirtschaftswachstum deutlich abkühlen wird. Gleichzeitig erwarten sie Zinssenkungen durch die Fed im Umfang von 100 Basispunkte bis Ende April. Zudem könnte die US-Notenbank ihre quantitative Lockerung wieder aufnehmen. Die EZB dürfte indes die Zinsen um 10 Basispunkte senken und ihr Anleihekaufprogramm auf 40 Milliarden Euro pro Monat aufstocken. Dies spiegle sich aber bereits in den Preisen an den Terminmärkten wider, so Boele. Hinzu dürften die internationalen Finanzmärkte im ersten und größtenteils auch im zweiten Quartal im Risk-Off-Modus bleiben. Der wohl wichtigste Aspekt, der für einen fallenden Goldpreis spräche, sei aber ein mögliches Comeback des US-Dollars in den kommenden Wochen und Monaten angesichts der Flucht der Investoren in die Sicherheit, glaubt die Edelmetallexpertin.
"Nimmt man diese Faktoren zusammen, erwarten wir in den kommenden Monaten eine Schwäche bei den Edelmetallen", sagte sie, schließlich sei 1) ein schwächeres Wachstum grundsätzlich negativ für Edelmetalle, wie Gold, Silber, Platin und Palladium.
Zweitens dürfte das Comeback des US-Dollars wohl zu einem schwächeren Goldpreis führen, glaubt Boele. Ein stärkerer Dollar belastet tendenziell den Goldpreis, da das Edelmetall ausserhalb des Dollarraums teurer wird. Einige werden jetzt sagen, dass sowohl Gold als auch der Dollar im letzten Jahr zulegten. Das ist auch richtig, aber "der Dollar hat im vergangenen Jahr aufgrund der relativen Attraktivität von US-Vermögenswerten (zyklisch) gut performt, und die US-Wirtschaft war relativ widerstandsfähig. Die Lockerung der Geldpolitik (durch die Fed) und die negativen Renditen in der Eurozone, der Schweiz und Japan waren jedoch die entscheidenden Kräfte für die höheren Goldpreise im vergangenen Jahr", so Boele, und nicht die Performance des Greenbacks.
Drittens dürfte eine Lockerung der Geldpolitik durch die Fed und der EZB bereits weitgehend eingepreist sein. Sollten die Zentralbanken wie erwartet handeln, dürfte sich dieser Effekt als neutral für Goldpreis erweisen, behauptete sie. Sollten die Notenbanker weltweit eine aggressivere Form der quantitativen Lockerung durchführen, wäre das positiv für Gold.
Als vierten und letzten Grund führte Boele die extrem hohe Long-Positionierung der Gold-Spekulanten ins Feld, die einen Bremsklotz für das Edelmetall darstelle. "Die Anleger hoffen immer noch, dass die Panik am Markt den Goldpreis deutlich nach oben treiben wird. Wir stehen dieser These skeptisch gegenüber. Das Verhalten von Gold in unsicheren Zeiten ist nicht sonderlich konstant, wie die letzten Wochen gezeigt haben, und Long-Gold ist immer noch ein überfüllter Trade", erklärte sie.
ABN Amro sieht den Goldpreis im März auf bis zu 1.550 Dollar fallen, bevor er sich im Laufe des Jahres wieder auf 1.600 Dollar erholen dürfte.
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