Straßburg, 07. Okt (Reuters) - Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Europäer vor einem Rückfall in nationale Antworten bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise gewarnt. "Es ist eine Bewährungsprobe historischen Ausmaßes", sagte sie am Mittwoch vor dem Europäischen Parlament in Straßburg. Nur mit einem gemeinsamen Vorgehen könnten die EU-Staaten die Außengrenzen der Europäischen Union sichern und die Verteilung der Flüchtlinge regeln. "Abschottung und Abgrenzung im Zeitalter des Internets sind eine Illusion", sagte Merkel. Zugleich betonte sie, dass die Europäer angesichts der Größe der Herausforderung durch den Zustrom von Flüchtlingen radikal umdenken müssten. "Wir müssen unsere Außen- und Entwicklungspolitik deutlich stärker darauf ausrichten, Konflikte zu lösen und Fluchtursachen zu bekämpfen", sagte sie. Dafür seien erheblich mehr Geld, schnellere Entscheidungen in der EU und neue Regeln nötig. "Wir können uns von den globalen Ereignissen nicht entkoppeln."
"Seien wir ehrlich, das Dublin-Verfahren in seiner jetzigen Form ist obsolet", sagte die Kanzlerin mit Blick auf das Verfahren, wonach Asylsuchende in dem Land ein Asylverfahren durchlaufen sollen, in dem sie erstmals EU-Boden betreten. Sie wolle sich für ein neues Verfahren einsetzen, das fair und solidarisch sei, sagte Merkel. Flüchtlinge dürften nicht als anonyme Masse gesehen werden, sondern müssten auch als Einzelschicksale wahrgenommen werden. "Deshalb ist es wichtig, dass humanitäre Mindeststandards eingehalten werden", sagte Merkel. "Das sind wir ihnen, den Flüchtlingen, und uns schuldig."