Anfang der Woche waren die Ölpreise der beiden wichtigsten Sorten Brent als auch WTI gefallen, aber seither haben sie sich wieder kräftig erholt.
Seit Juni haben sich beide Benchmarks in einem engen Bereich gehalten - um 40 USD pro Barrel - während sie gelegentlich um 5% höher oder niedriger notierten und sich dann wieder stabilisierten. Derzeit sieht es so aus, als ob beide Sorten rund um die 40-Dollar-Marke festgenagelt sind.
Gibt es Anzeichen dafür, dass der Ölpreis aus dieser viermonatigen Range ausbrechen könnte? Hier sind fünf Schlüsselfaktoren, die Händler diese Woche, nächste Woche und in der ferneren Zukunft im Auge behalten sollten.
1. US-Konjunkturpaket
Die Aussicht auf eine Einigung zu einem weiteren US-Konjunkturpaket hält die Finanzmärkte seit Wochen auf einem Achterbahnkurs. Mit wenig Bewegung zwischen Demokraten und Republikanern in Richtung einer Einigung twitterte Präsident Donald Trump am Dienstag, dass er die Verhandlungsführer aufgefordert hat, die Gespräche einzustellen bis die Wahl vorüber ist.
Die Wahrnehmung ist, dass ein Konjunkturpaket der Wirtschaft helfen wird, aber das Potenzial für eine Belebung der Ölnachfrage ist in Wirklichkeit ziemlich gering. Selbst eine Rettungsaktion für die Luftfahrtindustrie dürfte den Treibstoffverbrauch nicht erheblich steigern, da die Menschen immer noch Angst vor dem Reisen haben. Aufgrund der Corona-Sperren sind die Möglichkeiten für Freizeit und Unterhaltung begrenzt und Fahrten zur Arbeit bleiben eingeschränkt.
Der Präsident sagt, er ist offen einzelne Konjunkturmaßnahmen (im Gegensatz zu einem umfassenden Programm) zu verhandeln, woraufhin die Anleger am Aktienmarkt am Mittwoch wieder etwas an Optimismus zurückgewannen. Dennoch sollten Ölhändler nicht damit rechnen, dass Stimulusgelder die Ölnachfrage nachhaltig ankurbeln werden.
Ölmarktbeobachter nicht davon ausgehen, dass wirtschaftliche Impulse eine erhöhte Ölnachfrage bedeuten. Jedoch ist es natürlich am Ende die Ölnachfrage, die den Ölmarkt nachhaltig bewegen wird.
2. Hurrikan Delta
Der Sturm schwächte sich leicht ab, als er die mexikanische Halbinsel Yucatan überquerte, aber es wird erwartet, dass er sich verstärkt, wenn er sich der Küste von Louisiana nähert. Es ist möglich, dass der Hurrikan am Freitag in derselben Region voller Ölraffinerien entlang der Küste von Texas-Louisiana an Land geht, die Ende August vom Hurrikan Laura heimgesucht wurde.
Phillips 66 (NYSE:PSX) hat den Neustart der Raffinerie in Lake Charles, Louisiana, aufgrund des Hurrikans Delta verschoben. Die Raffinerie, die 260.000 bpd Öl verarbeitet, wurde vor dem Hurrikan Laura geschlossen und ist aufgrund der Schäden durch den Hurrikan noch nicht wieder in Betrieb gegangen. Dies senkt die Ölnachfrage in den USA aber nur geringfügig
Ölfirmen begannen mit der Evakuierung ihrer Offshore-Bohrinseln und dem Verschieben dynamischer Bohrinseln weg des Hurrikans Anfang dieser Woche. Gemäß dem Bureau of Safety and Environmental Enforcement (BSEE), waren etwa 80,5% der Ölproduktion im Golf von Mexiko - fast 1,5 Millionen bpd - bereits am Mittwoch stillgelegt. Händler sollten damit rechnen, dass sich diese Schließungen in den EIA-Produktionszahlen der nächsten Woche und möglicherweise auch in den Zahlen der folgenden Woche widerspiegeln, abhängig vom Verlauf und der Schwere des Hurrikans.
3. Norwegens Ölarbeiter streiken
Streikende Arbeiter haben die Schließung von sechs norwegischen Öl- und Gasfeldern erzwungen, da sie höhere Löhne fordern. Etwa 8% der gesamten Ölproduktion des Landes - 330.000 bpd - sind derzeit betroffen.
Der Streik dauert länger als erwartet und die Behörden sagen: "Es ist keine Lösung in Sicht". Obwohl wir nicht wissen, wann der Streik enden wird, können wir davon ausgehen, dass die Förderung wieder aufgenommen wird, sobald er beendet ist.
4. Libysche Produktion & Exporte wieder aufgenommen
Libysches Öl kehrt endlich wieder auf den Markt zurück, nachdem der Bürgerkrieg seit Januar 2020 eine Totalschließung der Ölquellen und Häfen erzwungen hatte. Die Fördermenge erreichte diese Woche 300.000 bpd und glich damit den Angebotsrückgang durch den Streik in Norwegen aus.
Händler sollten jedoch noch nicht damit rechnen, dass die libysche Ölproduktion ihre volle Kapazität erreicht, da die nationale Ölgesellschaft fordert, dass alle "Rebellen" aus den Räumlichkeiten bestimmter Felder entfernt werden, bevor die Produktion an diesen Orten wieder aufgenommen werden kann. Dennoch wird bereits jetzt wieder exportiert. Ein von Royal Dutch Shell (NYSE:RDSa) gecharterter Supertanker sollte am 3. Oktober Öl in einem libyschen Hafen laden.
Die OPEC hatte von dem Ausfall der libyschen Ölförderung profitiert und jetzt muss sich die OPEC mit ihrer Wiederaufnahme befassen. Dennoch wird die libysche Ölproduktion nicht in den Zahlen zur Einhaltung im September vorkommen, die der JMMC nächste Woche prüfen wird, aber Libyen dürfte ins Spiel kommen, wenn die OPEC ihre Oktober-Compliance-Daten auswertet.
5. OPEC+ Drama?
Die OPEC und die OPEC+ werden ihre nächsten Ministertreffen am 30. November und 1. Dezember abhalten. Es ist möglich, dass die erweiterte Gruppe zunehmend auf Uneinigkeit mit Nicht-OPEC-Mitgliedern stoßen wird.
Im März letzten Jahres weigerte sich Russland, der von Saudi-Arabien gewünschten Kürzung zu folgen, was zu einer saudischen Reaktion und letztendlich zu einer Zeit sehr niedriger Ölpreise führte. Jetzt kommt Dissens aus dem Südsudan, der seine OPEC+ Quote neu verhandeln will.
Das afrikanische Land produzierte erst 140.000 bpd, als es 2016 der OPEC+ beitrat, will aber die Produktion jetzt auf 350.000 bpd erhöhen. Es hat zwischen Mai und August um durchschnittlich 46.000 bpd über seiner Quote produziert.
Typischerweise waren kleinere Erzeugerländer in der OPEC benachteiligt, da größere Erzeuger mehr Macht haben. Der Südsudan ist nicht groß oder mächtig genug, um das gesamte Abkommen zu Fall zu bringen.
Die OPEC+ wird die afrikanische Nation unter Druck setzen, ihre Überproduktion von 46.000 bpd einzudämmen, und die Ziele des Südsudan, die Produktion weiter zu steigern, nicht unterstützen. Der Südsudan muss sich zwischen dem Verbleib im Kartell und dem entscheiden, was seine Führung für die Wirtschaft und die Ölindustrie des Landes am besten hält.
Natürlich kann der Südsudan die Gruppe einfach verlassen. Aber sie suchen möglicherweise tatsächlich nach etwas anderem als einer Produktionserhöhung.
Beispielsweise kann das Land bei anderen Gruppenmitgliedern Finanzmittel und / oder Fachwissen einholen, um die Ölindustrie wiederzubeleben und in den kommenden Jahren eine höhere Produktion zu erzielen. In diesem Fall versucht der Südsudan möglicherweise, seine Überproduktion von 46.000 bpd zu nutzen, um mit OPEC+ -Spielern zu verhandeln, denen die vollständige Einhaltung für künftige Vorteile am Herzen liegt.
Daher sollten Händler diese Meldungen nicht als Zeichen für Probleme beim OPEC+-Abkommens ansehen. Trotzdem sollten sie das Thema in den nächsten zwei Monaten im Auge behalten.