Dieser Artikel erschien zuerst auf GoldGeldWelt
Goldman Sachs (NYSE:GS) und BlackRock (NYSE:BLK) sind sich uneins über die Eignung des 60/40-Portfolios. Die klassische Portfoliostrategie wird seit mehr als 200 Jahren beobachtet und durch zahllose private und institutionelle Anleger eingesetzt. Im letzten Jahr bescherte sie Anlegern aber ein sehr enttäuschendes Ergebnis.
Das 60/40 Portfolio ist ein sehr klassischer Ansatz in der Vermögensverwaltung. 60 % des Portfolios werden in (amerikanische) Aktien und 40 % in (wiederum amerikanisch) Anleihen mit zehnjähriger Laufzeit investiert.
Die Performance dieses Portfolios wird seit dem Jahr 1800 beobachtet. Dies erfolgt teils durch Rückrechnungen, bei denen etwa Vorläufer der heutigen zehnjährigen Staatsanleihen verwendet werden.
2022 verlor das 60/40 Portfolio 17,66 %, wie das Wall Street Journal berechnet hat. Was bedeutet dies für die Zukunft der Strategie? Der Vermögensverwalter BlackRock und Goldman Sachs vertreten hier sehr unterschiedliche Ansichten.
BlackRock: 60/40 Portfolio ist veraltet
BlackRock verwies laut Wall Street Journal darauf, dass das letzte Jahr dem 60/40 Portfolio die nominell schlimmsten Verluste seit der Finanzkrise 2008/09 eingebracht habe. Real – d. h. inflationsbereinigt – sei es sogar der schlimmste Verlust seit der Weltwirtschaftskrise. Die Struktur des Portfolios sei veraltet.
Goldman Sachs sieht dies anders. Laut der Investmentbank ist gehören große Verluste hin und wieder zum Wesen der Strategie. Der Ansatz bleibe eine plausible, erfolgversprechende Herangehensweise.
Was spricht für das 60/40 Portfolio?
Für das 60/40 Portfolio – das je nach Ausrichtung auch als 50/50 oder 70/30 Portfolio bezeichnet wird – spricht seine einfache Struktur. Es ist nicht schwierig, das Portfolio nachzubilden – auch nicht für Privatanleger.
Außerdem enthält dieser Ansatz eine ausgewogene Mischung aus der Partizipation an wirtschaftlichem Wachstum durch Aktien und stetigen Erträgen durch Anleihen. In einer Rezession – wenn die Aktien fallen – fallen normalerweise auch die Anleiherenditen, was die Kurse der Anleihen die Höhe treibt. Dadurch ergibt sich ein Stück weit Stabilität.
2022 kam es vor allem aufgrund der recht abrupt eingeleiteten Zinswende zu Verlusten bei Aktien UND Anleihen. Steigende Zinsen bedeuten sinkende Anleihekurse. Die Aktienmärkte hatten neben der Zinswende mit vielen weiteren Rückschlägen wie dem Kriegsausbruch in der Ukraine, Lieferkettenschwierigkeiten, hohen Energiepreisen etc. zu kämpfen. Der erwünschte Ausgleichsmechanismus hat im letzten Jahr nicht funktioniert: Obwohl die Aktien nachgaben, stiegen die Anleihekurse nicht.
Sharmin Mossavar-Rahmani, Leiter der Investment Strategy Group in der Investmentabteilung von Goldman Sachs und Chief Investment Officer of Wealth Management konstatierte, dass parallele Verluste am Aktien- und Anleihemarkt sowohl in der Vergangenheit zu beobachten waren als auch in der Zukunft passieren würden. Der Fall tritt jedoch selten auf. Goldman Sachs zufolge haben sowohl Aktien als auch Anleihen über einen Zwölfmonatszeitraum seit 1926 nur in 2 % der Fälle Verluste erlitten.
Langfristig anderes Zinsumfeld?
Vivek Paul, Head of Portfolio Research beim BlackRock Investment Institute glaubt jedoch, dass sich die grundlegende Struktur der Märkte derzeit ändere. 1981 lagen die Renditen zehnjähriger US Anleihen bei 15,8 %. Danach setzt ein vier Jahrzehnte währender Abwärtstrend bis auf ein Niveau von 0,5 % an. Über vier Dekaden konnten Anleihebesitzer immer wieder Kursgewinne verzeichnen.
Aktuell liegt das Renditeniveau bei 3,5 %. Dass es erneut über Jahrzehnte absinken wird, erscheint schon deshalb unwahrscheinlich. Und es gibt noch einen Grund: Die Verbindung zwischen Aktien- und Anleihemarkt scheint zu einem alten Muster zurückgekehrt zu sein, bei dem höhere Anleiherenditen schlecht für die Aktienkurse sind – et vice versa.
Der Grund: Anleger achten weniger auf das Wirtschaftswachstum und stärker auf die Inflation. Dies könnte BlackRocks Argumentation zufolge aufgrund von Globalisierung, demographischer Entwicklung und den hohen Ausgaben zur Bekämpfung des Klimawandels anhalten.
Seit 1980 jedenfalls konnten einer Analyse von J.P. Morgan zufolge jedenfalls 35 von 42 Jahren mit einem positiven Ertrag abgeschlossen werden. Meistens folgte auf ein Jahr mit einem negativen Ertrag ein Jahr mit einem positiven Ertrag. Nur nach der Jahrtausendwende gab es in jüngerer Zeit drei Jahre mit negativen Erträgen.