Wenn einige regionale Banken ihr Zinsrisiko und das Risiko des Einlagenabflusses so schlecht gemanagt haben, dass ihnen innerhalb weniger Stunden die Luft ausging - wie können wir dann sicher sein, dass andere Banken nicht vor ähnlichen Problemen stehen?
Da ich bei einer europäischen Bank ein großes Anlageportfolio verwaltet habe und im Management der Finanzabteilung saß, werde ich versuchen, meine praktischen Erfahrungen einzubringen.
Banken kaufen Anleihen vor allem aus zwei Gründen: um Kupons abzuschöpfen und zur Regulierung.
Wenn Sie Einlagen anziehen und auf der Aktivseite nichts tun, häufen Sie Reserven bei ihrer heimischen Zentralbank an.
Aber Banken wollen Geld verdienen, und Anleihen werfen in der Regel mehr Rendite ab als Zentralbankreserven (siehe Grafik unten).
Zählt man die Vorschriften (Liquiditätsdeckungsquote ) zusammen, die große Banken dazu zwingen, ~20 % ihrer Bilanz in liquiden Aktiva (sprich: Anleihen) zu halten, so ergibt sich folgendes Bild: Die Banken verfügen über riesige Anlageportfolios, mit denen sie Kupons abschöpfen und die Vorschriften erfüllen.
Wie gehen die Banken beim Risikomanagement solch gigantischer Portfolios vor?
- Eine umsichtige Bank sichert den Großteil, wenn nicht sogar das gesamte Zinsrisiko aus dem Wertpapierportfolio mit Swaps ab.
- Die Bank kauft Anleihen (erhält einen festen Zinssatz) und geht Swaptransaktionen ein (und zahlt einen festen Zinssatz) als Absicherung.
- Die Banken verdienen an der (Kredit-)Spanne zwischen den Anleiherenditen und den Swap-Renditen, und das war es schon im Wesentlichen.
Doch jetzt kommt der Clou: die Rechnungslegung.
Swaps sind Derivate, und ihre standardmäßige buchhalterische Behandlung besteht darin, dass sie direkt in die Gewinn- und Verlustrechnung der Bank eingehen und somit eine gewisse unmittelbare Volatilität in den Finanzergebnissen der Bank verursachen.
Das gefällt den Banken überhaupt nicht.
Deshalb lässt die Aufsichtsbehörde das so genannte Hedge-Accounting zu: Wenn Sie Anleihen kaufen und sie in der Kategorie "Available-for-Sale"/Zum Verkauf gehalten (AFS) ausweisen und Swaps zur Absicherung des Zinsrisikos verwenden, entfällt die gesamte Volatilität der GuV.
Die geringe Volatilität der Inkongruenzen zwischen Anleihen und Swaps geht in die Kapitalposition der Bank ein.
Ganz einfach, kein Drama: geringe Volatilität, da die Risiken abgesichert sind, und freundliche buchhalterische Behandlung (keine GuV-Volatilität).
Aber was passiert, wenn man stattdessen Anleihen in Held-To-Maturity (HTM)/Halten bis zur Fälligkeit bucht?
In den USA sind die Rechnungslegungsvorschriften so gestaltet, dass die Absicherung des Zinsrisikos bei HTM-Anleihen mit hohen Kosten verbunden ist.
Swaps zur Absicherung von HTM-Anleihen werden buchhalterisch nicht so vorteilhaft behandelt und belasten daher die Gewinn- und Verlustrechnung der Bank - Anleihen hingegen nicht, was zu einer für die Banken äußerst unangenehmen Asymmetrie und Gewinn- und Verlustrechnung führt.
Das Ergebnis ist, dass die US-Banken ihr Zinsrisiko bei HTM-Anleihen NICHT absichern.
Das ist wichtig, weil die auf diesen HTM-Anleihen aufgelaufenen Verluste sehr hoch sein können.
Die HTM-Anleiheverluste von Charles Schwab (NYSE:SCHW) sind fast doppelt so hoch (!) wie die Kapitalposition des Unternehmens, und selbst bei systemrelevanten Banken wie der Bank of America (NYSE:BAC) könnten diese Verluste die Hälfte ihres Kapitals aufzehren!
Gibt es also auch für große US-Banken die Gefahr einer Pleite?
Es wird spannend.
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Dieser Artikel wurde ursprünglich in The Macro Compass veröffentlicht. Schließen Sie sich dieser interessanten Community von Makro-Investoren, Asset-Allocators und Hedge-Fonds an - finden Sie über diesen Link heraus, welches Abo am besten zu Ihnen passt .