Vor knapp einem Jahr verkündete Saudi-Arabien den Börsengang seiner staatlichen Ölgesellschaft Saudi Aramco. Die Nachricht sendete Schockwellen durch die gesamte Öl- und Gasindustrie, verfügt doch Saudi-Arabien über die größten Ölreserven der Welt.
Seine staatliche Ölgesellschaft Aramco ist möglicherweise das wertvollste Unternehmen der Welt. Darüber hinaus ist Saudi-Arabien das mit Abstand mächtigste und einflussreichste Mitglied der OPEC. Anteile selbst für einen kleinen Teil von Aramco zum Verkauf anzubieten wäre beispiellos. Es wäre in der Tat so beispiellos, dass einige Analysten davon ausgehen, dass die Saudis am Ende das Ganze abblasen werden.
Ein Jahr nach der Bekanntgabe scheint es jedoch so, dass diese Börseneinführung tatsächlich stattfinden wird. Es folgen ein Überblick über den Fortschritt des Aramco-IPs und Wissenswertes für die Anleger.
Zeitplan: 2. und 3. Quartal 2018
Aussagen des aktuellen CEO von Aramco Amin Nasser soll die Börseneinführung im zweiten oder dritten Quartal 2018 erfolgen. Dies hängt allerdings davon ab, ob Aramco bis dahin die finanzielle Neustrukturierung abschließen kann, die internationale Standards erfordern. Unter anderem muss die Ölgesellschaft seine Steuerstruktur ändern. Angaben von Nasser zufolge entrichtet Aramco gegenwärtig eine 20-prozentige Nutzungsgebühr an die Regierung. Dazu kommt die Einkommenssteuer in Höhe von 85 Prozent. Der Steuersatz muss gesenkt und weiter an die für andere börsennotierte Ölgesellschaften üblichen Sätze angepasst werden.
Märkte: Tadawul (Aktienbörse von Saudi-Arabien) und andere
Aramco erwägt eine Notierung an mehreren Märkten – es werden drei oder vier in Betracht gezogen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird einer davon die saudische Börse Tadawul werden. Die Börse von New York wird höchstwahrscheinlich nicht in Frage kommen, da US-amerikanische Regulierungen die Offenlegung ausführlicher Angaben über die Ölreserven von Ölgesellschaften fordern. Diese Informationen behalten die Saudis aber gerne für sich. Vize-Kronprinz Mohammed ibn Salman signalisierte ebenfalls, dass Saudi Aramco nicht an der NYSE notieren wird. In der engeren Auswahl stehen London, Tokio und Hongkong. Daneben besteht die Möglichkeit, die Aktien von Aramco weltweit über Fonds anzubieten, die in den saudischen Markt investieren.
Banken: JP Morgan Chase & Co. und andere
Aktuell wird Aramco von JP Morgan (NYSE:JPM) und Michael Klein, einem ehemaligen Citigroup-Investmentbanker, der inzwischen eine eigene Firma leitet, beraten. Die beiden sollen die Ölfirma für den Börsengang in finanzielle Bestform bringen. In dieser Woche lud Aramco weitere Banken dazu ein, sich für Beraterrollen bei dem Börsengang zu empfehlen, darunter (bislang): Goldman Sachs (NYSE:GS) und HSBC (DE:HSBA). Das Unternehmen sucht aber auch nach Geldgebern. Morgan Stanley (NYSE:MS) und Credit Suisse (SIX:CSGN) sollen Gerüchten zufolge Interesse haben. Boutique-Firmen Evercore Partners Inc (NYSE:EVR) und Moelis & Co (NYSE:MC) gehören ebenfalls zur engeren Auswahl der Finanzberater für die IPO.
Bewertung: 100 Mrd. US-Dollar für 5 Prozent des Unternehmens
Aramco plant, beim Börsengang rund Anteile an 5 Prozent des Unternehmens anbieten. Damit beliefe sich der Gesamtwert der Firma auf rund 2 Billionen US-Dollar. Und es wäre der größte Börsengang der Geschichte.
Einige Analysten gehen davon aus, dass die Entscheidung Saudi-Arabiens, die Ölreserven des Landes beim Börsengang auszuklammern den Wert von Aramco erheblich mindern wird. CEO Amin Nasser erklärte, dass die Regierung des Landes der eigentliche Eigentümer aller Ölreserven Saudi-Arabiens ist (Aramco hält das exklusive Recht an der kommerziellen Ausbeutung dieser Reserven) und dass Informationen über die Reserve als eine Angelegenheit der nationalen Sicherheit eingestuft werden. Saudi-Arabien will die Informationen zu Größe, Zustand und Standort dieser Reserven nämlich nicht von unabhängigen Parteien überprüfen lassen.
Doch selbst ohne die Ölreserven von Saudi-Arabien in der Notierung des Unternehmens sind die umfangreichen vor-, zwischen- und nachgelagerten Industrien von Aramco, seine F&E und zahlreiche Beteiligungen in unterschiedlichen Sektoren beträchtlich genug sein, um eine Gesamtbewertung in Billionenhöhe zu rechtfertigen.
Analyse von Ellen R. Wald, Ph.D. aus dem Englischen übersetzt.