Parallel zum kontinuierlichen Anstieg der Anleiherenditen in jüngster Zeit zeichnen sich bei den Investitionsströmen der Fonds zwei sehr unterschiedliche Entwicklungen ab. Wir haben uns bereits ausführlich mit dem jüngsten Anstieg der Anleiherenditen im Zusammenhang mit Wirtschaftswachstum, Ereignisrisiken und Rezessionen befasst. Hier einige Auszüge aus früheren Artikeln:
"Zinsen und Erwartungen hinsichtlich potenzieller zukünftiger Auswirkungen müssen an den aktuellen Wert des investierten Kapitals angepasst werden.
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Aktienanleger erwarten, dass mit zunehmendem Wirtschaftswachstum und Inflationsdruck der Wert ihres investierten Kapitals steigt, um die höheren Kosten auszugleichen.
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Anleiheinvestoren haben eine feste Rendite. Ihre Rendite ist also an die Erwartungen für die Zukunft gebunden. Andernfalls würde ihr Kapital durch Inflation und entgangene Opportunitätskosten geschmälert.
Daher ist der langfristige Zusammenhang zwischen Zinsen, Inflation und Wirtschaftswachstum nicht überraschend.
"Dieser Chart ist recht unübersichtlich, weswegen der folgende Chart einen zusammengesetzten Index aus Inflation und Wirtschaftswachstum im Vergleich zur Rendite der 10-jährigen Treasury Note zeigt."
Natürlich widerspricht diese Analyse den Ansichten von Ray Dalio, Bill Ackman, Bill Gross und anderen, die auf weiter steigende Zinsen setzen. Hier spielt das Timing eine entscheidende Rolle. Noch wichtiger ist, dass Investoren den Unterschied zwischen kurzfristigen, marktgetriebenen Argumenten und der langfristigen wirtschaftlichen Dynamik, die die Zinssätze bestimmt, begreifen.
Diese Argumentationsstränge sind die Grundlage für unsere Diskussion in diesem Artikel.
Händler halten große Short-Positionen in Treasuries
In den letzten zwei Jahren sind die Renditen von US-Staatsanleihen vor allem aufgrund von zwei Faktoren gestiegen. Am kurzen Ende der Zinsstrukturkurve werden die 1-Monats- bis 2-Jahres-Treasuries stark von der Geldpolitik der Fed beeinflusst. Wie man sieht, besteht eine sehr starke Korrelation zwischen dem Leitzins und der Rendite 2-jähriger Treasuries.
Das lange Ende der Renditekurve, also 10-jährige und länger laufende US-Staatsanleihen, wird jedoch, wie oben gezeigt, fast ausschließlich von den Erwartungen hinsichtlich Wirtschaftswachstum, Inflation und Löhnen bestimmt. Der Zusammenhang ist auffällig stark.
"Wie erwartet haben das höhere Wirtschaftswachstum und die Inflation die Renditen von Anleihen mit längeren Laufzeiten in die Höhe getrieben. Bei einer Korrelation von fast 85 % zwischen den Zinssätzen und einem zusammengesetzten BIP/Inflationsindex sollten die Anleger mit sinkenden Zinssätzen rechnen, wenn das Wirtschaftswachstum und die Inflation nachlassen".
"Natürlich gibt es Zeiten, in denen die Zinssätze von den zugrunde liegenden wirtschaftlichen Fundamentaldaten abweichen können und dies auch tun. Wir befinden uns in einer solchen Phase, in der die Meinung vorherrscht, dass die Zinsen steigen müssen."
Wie bereits erwähnt, gibt das Commitment of Traders (COT) (ein Bericht der Commodity Futures Trading Commission, die als Regulierungsstelle für die US-Rohstoffbörsen fungiert) einen Einblick in die Aktivitäten der großen Fondsmanager, Hedgefonds und Rohstoffhändler. Die Renditen von Anleihen werden ausschließlich durch Veränderungen des Preises im Verhältnis zum Kupon bestimmt, so dass die Renditeunterschiede kurzfristig durch marktbedingte Transaktionen beeinflusst werden können.
Der jüngste COT-Report zeigt derzeit eine Rekordzahl an Short-Positionen in Treasuries. Dieser "Verkaufsdruck" hat die Anleihekurse nach unten und die Renditen nach oben gedrückt (siehe Grafik unten). Eine ähnliche Episode erlebten wir während des "Taper Tantrum" im Jahr 2018.
Wenn etwas "zerbricht", werden die Händler von Staatsanleihen, die starke Short-Positionen fahren, diese spekulativen Positionen zwangsläufig eindecken müssen. Im Jahr 2018 wurde die Auflösung dieser spekulativen Short-Positionen auf Anleihen durch ein massives "Reverse Repo"-Programm der US-Notenbank ausgelöst, die mit dieser Intervention die Hedgefonds retten wollte.
TheStreet.com kommentierte das kürzlich so:
"Es ist klar, dass die Zinsen das Schiff antreiben, aber dieses Schiff könnte vor einer großen Wende stehen. Vielleicht kommt es diesmal anders, aber wir bezweifeln es. Es ist recht wahrscheinlich, dass übertrieben bearishe Trades auf 10-jährige Treasuries aufgelöst werden müssen. Ein massives Eindecken der Leerverkäufe könnte die Renditen problemlos wieder in den Bereich von 2 % drücken."
Natürlich könnte man zu dem Schluss kommen, dass niemand Treasuries kauft, während die Zinsen steigen und spekulative Händler sie leerverkaufen.
Das entspricht aber nicht den Tatsachen.
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Man muss genau darauf achten, was bei den Fonds passiert, während Spekulanten die Renditen kurzfristig in die Höhe treiben. Zwei Faktoren signalisieren hier, dass die steigenden Renditen nicht auf einen Mangel an Käufern zurückzuführen sind. Der erste ist der US-Dollar-Index.
Im vergangenen Jahr gab es erhebliche Bedenken hinsichtlich eines möglichen Zusammenbruchs des US-Dollars, da eine "Entdollarisierung" den Verlust seines Status als Reservewährung zur Folge hätte. Michael Lebowitz und ich kamen in unseren damaligen Erörterungen zu dem Schluss, dass genau das nicht passieren wird. Einige Auszüge aus unseren Artikeln:
“Ausländische Staaten akkumulieren Dollar und geben sie im Handel aus. Sie halten zusätzliche US-Dollar, um ihre Wirtschaft zu steuern und finanzielle Schocks abzufedern. Diese als Überschussreserven bezeichneten Dollarbestände werden hauptsächlich in US-Vermögenswerte investiert - von Bankeinlagen über US-Staatsanleihen bis hin zu einer Vielzahl anderer Finanzwerte. Als die Weltwirtschaft expandierte und der Handel zunahm, wurden zusätzliche US-Dollar benötigt. Infolgedessen stiegen die Dollarreserven weiter an und wurden der US-Wirtschaft als Kredite zur Verfügung gestellt."
Dieses Szenario für den USD wird sich in absehbarer Zeit nicht ändern. Nach Angaben des IWF lauten fast 60 % der weltweiten Devisenreserven auf US-Dollar. Zwar ist der Prozentsatz in den letzten zehn Jahren um rund 10 % gesunken, doch ist er immer noch dreimal so hoch wie die nächstgrößere Reserve, der Euro, der etwa 20 % der weltweiten Reserven ausmacht. Für diejenigen, die Angst vor China haben: Die chinesische Währung, der Renminbi(Yuan), macht gerade mal 2,5 % aller Währungsreserven aus.
Da die US-Wirtschaft robuster ist als die anderer Länder und die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen deutlich höher ist, überrascht es nicht, dass die ausländischen Überschussreserven nun in den US-Dollar fließen.
Wenn Reserven in den USD fließen, wandern diese Dollar in US-Treasuries. Das ist der Grund, warum die Zuflüsse in US-Staatsanleihen trotz der Rekord-Short-Position im Trading-Segment weiter zunehmen. Wie man sieht, ist das Volumen der Zuflüsse in Fonds das höchste seit dem wirtschaftlichen Stillstand des Jahres 2020.
Bei anhaltend hohen Zinsen haben sich die Anleger längerfristigen Fonds zugewandt. Morning Star stellt fest
"Langfristige Rentenfonds waren im vergangenen Jahr mit Zuflüssen von 46,4 Mrd. USD die beliebteste Kategorie steuerpflichtiger Anleihen."
Für die Investoren ist der derzeitige Anstieg der Renditen zweifellos beunruhigend. Der Renditeanstieg, der von zahlreichen Medienberichten über den "Tod des Dollars" und "Schulden und Defizite" begleitet wurde, hat sicherlich die Angst vor steigenden Renditen geschürt.
Wenn wir aber "dem Geld folgen", sagt uns die Botschaft der Geldflüsse etwas ganz anderes.