Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.0070 (05:51 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 0,9953 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 146,18. In der Folge notiert EUR-JPY bei 147,22. EUR-CHF oszilliert bei 0,9932.
Finanzmärkte: Börsenampel dreht auf "gelb"
Die DAX-Börsenampel dreht auf "Gelb", nachdem der DAX auf Tagesschlussbasis das Niveau von 13.100 Punkten überbieten konnte. Was sind die Hintergründe? Die Gasversorgungslage ist besser als vor Monaten unterstellt. Die Gaspreise als auch andere Rohstoffpreise kommen zurück. Zinserhöhungserwartungen sinken ansatzweise. Kapitalmarktrenditen stehen unter Druck. 10 jährige Bunds rentieren mit 2,14%, 10 jährige US-Treasuries mit 4,02%. Gestern erhöhte die Bank of Canada nur um 0,50% (Prognose 0,75%). Mit Spannung erwarten wir vor diesem Hintergrund die EZB-Ratssitzung (0,75% favorisiert). Erhöhte Risikofreude belastet den USD, er steht unter Druck.
Krise erreicht langsam den Arbeitsmarkt
Die Bereitschaft der Unternehmen in Deutschland zu Neueinstellungen ist angesichts der drohenden Rezession so schlecht wie seit anderthalb Jahren nicht mehr. Das Beschäftigungsbarometer des IFO-Instituts fiel per Oktober um 1,7 auf 97,7 Punkte. Damit wurde der niedrigste Wert seit April 2021 markiert. Seinerzeit belastete die Corona-Pandemie die Konjunktur stark.
Kommentar: Arbeitsmarktdaten sind nachlaufende Wirtschaftsindikatoren. Die Umfrage belegt, dass es zu einem Stimmungswechsel kommt. Sollten sich die durch unsere Politik bedingten massiven Verschlechterungen der Terms of Trade für Deutschland und Europa fortsetzen, dann wird der Arbeitsmarkt geschliffen.
Die Ankündigung von BASF (ETR:BASFN), den deutschen Standort zu verschlanken, sollte in den Ohren klingen, denn der Standort ist durch die erhöhten Belastungen insbesondere im Energiesektor nicht mehr konkurrenzfähig. Derartige Maßnahmen wirkten nicht nur auf BASF selbst, sondern auf die Zulieferer, die Dienstleister und den ganzen irtschaftsraum wegen geringerer verfügbarer Einkommen. Auch der Staat hätte geringere Einnahmen.
Wollen wir in Deutschland bei vollem politischen Bewusstsein wirklich eine Negativspirale für dieses Land und Europa lostreten? Keiner kann sagen, dass man das alles nicht wissen konnte. Es gibt genügend Fachleute, die diese Zusammenhänge über die letzten Monate thematisierten.
IW Köln zum Dilemma der EZB
Die EZB kann die Inflation mit steigenden Zinsen nur in begrenztem Umfang bekämpfen. Gegen einen großen Teil der aktuellen Inflation sei die Geldpolitik machtlos.
Für die Kalkulation der Inflationsrate diene ein Warenkorb, der zu 51,9% aus zumeist von der Angebotsseite beeinflussten Gütern bestimmt sei. Deren Preissteigerungen seien auf gestiegene Energie- und Rohstoffkosten und unterbrochene Lieferketten zurückzuführen. Gegen diese Bestimmungsfaktoren der Inflation hätte es die Geldpolitik schwer.
Kommentar: Gegen von außen wirkende Inflationskräfte haben Zentralbanken keine potenten Mittel. Da deckt sich die Studie des IW mit unseren Einlassungen zu diesem Themenkomplex. Dieser Sektor mit 51,9% Anteil des Warenkorbs ist der primäre Inflationstreiber. Die Außenpolitik hätte hier sehr viel mehr "Leverage" als eine Zentralbank.
Zusätzlich sei der Warenkorb zu 56,9% von nicht-handelbaren Gütern bestimmt. Dazu zählten Wohnungsmieten, die mit 21% den Verbraucherpreisindex beeinflussen. Dort ergab sich ein Anstieg um lediglich 1,6% wegen des hohen Anteils an Bestandsmieten. Mieten seien kein Inflationstreiber. Ergo wirkten sich Zinserhöhungen hier kaum oder nicht entlastend aus.
Kommentar: Das ist auf kurze Sicht so. Zudem gibt es gesetzliche Eingriffe bezüglich Mieterhöhungen. Entsprechend hinkt das Thema Miete bezüglich Inflation hinterher.
Höhere Zinsen würden stärker auf die Nachfrage nach Wohnraum, Möbeln, langlebigen Konsumgütern und nach Freizeit- und Kulturdienstleistungen wirken. Der Anteil dieser Güter beläuft sich auf 39,3% des Warenkorbs. Ihre Inflationsrate betrage aktuell 2,8%.
Kommentar: Bei Verlust der Kaufkraft der Einkommen der Bürger und Gefahren für den Arbeitsplatz (z.B. aktuell in und um Ludwigshafen wegen BASF Ankündigung) nimmt Nachfrage nach diesen Gütern zuerst ab. Das senkt den Preisdruck zunächst, die Betonung liegt auf zunächst.
Das IW hält eine restriktive Geldpolitik für wichtig. Es ginge darum, die Inflationserwartungen zu stabilisieren, um eine Lohn-Preis-Spirale zu verhindern, welche die sehr persistenten Inflationsraten für längere Zeit hoch halten könnte.
Kommentar: Ich stimme dem IW zu. Dabei geht es gerade hinsichtlich der Verankerung der Inflationserwartungen darum, das verlorene Vertrauen durch eine in der jüngeren Vergangenheit fehlgeleiteten Zentralbankpolitik wiederzugewinnen. Ich korrigiere den IW in einem Punkt. Es handelt sich um das Risiko der Preis-Lohn-Spirale, denn die erhöhten Preise sind der Anfangspunkt und der Anfangspunkt hängt zu großen Teilen an der Außenpolitik Deutschlands und der EU. Erkennbar ist das daran, dass die Länder, die sich dem Sanktionsmodus verschlossen haben, nicht unsere Preisprobleme haben, die für das EZB-Dilemma verantwortlich sind. Sie wollen Beispiele? Gerne!
Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:
Eurozone: Klartext zur Kreditvergabe - Frankreich setzt positive Akzente
Die Geldmenge M-3 nahm per September im Jahresvergleich um 6,3% (Prognose 6,1%) nach zuvor 6,1% zu. Die Kreditvergabe an private Haushalte stieg um 4,4% nach zuvor 4,5%, während die Kreditvergabe an Unternehmen um 8,9% nach zuvor 8,7% anzog. Letzteres war der höchste Anstieg seit Januar 2009. Wesentliche Hintergründe sind erhöhte Kredite zur Finanzierung des Umlaufvermögens wegen des schwachen Euros als auch in der Vergangenheit erhöhter Beschaffungskosten als auch das Ziehen von Kreditlinien, um die Liquidität zu gewährleisten. Alle Aspekte der Kreditausweitung der Unternehmen sind Ausdruck von gestiegenen Stresszuständen.
In Frankreich legte der Index des Verbrauchervertrauens per Oktober von zuvor 79 auf 82 Punkte zu. Die Prognose lag bei 77 Zählern. In Frankreich sank die Zahl der Arbeitslosen per September von zuvor 2,965 auf 2,906 Millionen. Das war die geringste Anzahl an Arbeitslosen seit April 2012.
Schweiz: Investoren zuversichtlicher
Der Index des "Investor Sentiments" legte per Berichtsmonat Oktober von zuvor -69,2 auf -53,1 Punkte zu und markierte den höchsten Indexwert seit März 2022 (-27,8).
USA: Negative Daten vom Immobilienmarkt
Der von der Mortgage Bankers Association (MBA) ermittelte Hypothekenmarktindex sank in der Berichtswoche per 21. Oktober von zuvor 204,6 auf 201,1 Punkte und markierte einen neuen Tiefstwert seit April 1997 (191,4). Der Absatz neuer Wohnimmobilien sank per September im Monatsvergleich um 10,9% (Prognose -13,9%) von zuvor 677.000 (revidiert von 685.000) auf 603.000 (Prognose 585.000).
Kanada: Bank of Canada weckt Zinshoffnungen
Die Zentralbank Kanadas erhöhte den Leitzins gestern von zuvor 3,25% auf 3,75%. Die Prognose lag bei 4,00%. Der kleinere Schritt weckte Hoffnungen auf auch kleinere Schritte seitens der US-Notenbank bei der kommenden Sitzung des Offenmarktausschusses der Fed.
China: Gewinnentwicklung weiter rückläufig
Die Gewinne der Industrieunternehmen sanken per Berichtsraum Januar bis September im Jahresvergleich um 2,3% nach zuvor -2,1% in der Periode Januar bis August.
Russland: Industrieproduktion schwach und deutlich schwächer als erwartet
Die Industrieproduktion sank per September im Jahresvergleich um 3,1% (Prognose -1,0%) nach zuvor -0,1%.
Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem EUR favorisiert. Ein Überschreiten des Widerstandsniveaus bei 1.0300 - 1.0330 neutralisiert den positiven Bias des USD.
Viel Erfolg
© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe
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