Das Original des Artikels erschien zuerst auf NorthmanTrader.com unter dem Titel 'Party like 1999' von Sven Henrich. Der vollständige Artikel, mit allen Charts und Tweets, steht ausschließlich auf der Desktop-Version von Investing.com zur Verfügung.
Hat man die Fed in jene Art von Vermögenspreisinflation manövriert, die tatsächlich die Ursache der nächsten Rezession sein wird? Und ist eine Rezession nun unumgänglich, weil mittlerweile alle das Rezessionsrisiko beiseite geschoben haben? Das ist womöglich der ultimative Widerspruch, aber ich kann Ihnen garantieren, dass es sich dabei nicht nur um einen theoretischen Gedankengang handelt, sondern dass er tatsächlich auf einem historischen Präzedenzfall beruht, und dieser Präzedenzfall geht auf das Jahr 1999 zurück.
2019 stand ganz im Zeichen der Abwendung einer globalen Rezession, und die Zentralbanken sind bei dem Versuch, diese mit erneuten Liquiditätsspritzen zu verhindern, vollends Amok gelaufen. Systemausfall. In Wirklichkeit hat ein Systemausfall Konsequenzen und ironischerweise sind es vielleicht die Zentralbanken, die die Saat der Zerstörung gesät haben.
Vergessen Sie nicht, dass der ursprüngliche Plan der Fed als Reaktion auf den Druck der Märkte darin bestand, die Zinssätze zu senken und das QT zu stoppen, aber dann wurden sie zu regelmäßigen Interventionen am Repo-Markt und zur Ausweitung ihrer Bilanz gezwungen.
Als Folge davon sind die Märkte in die Höhe geschnellt und nun möglicherweise über das Ziel hinausgeschossen. Fern ab der Gewinnentwicklung und den übergeordneten Fundamentaldaten. Und indem sie die Vermögenspreise zu stark in die Höhe schrauben, schaffen sie die Voraussetzungen für den Turnaround, der die Rezession auslöst. Die Fed weiß, dass die Wirtschaft und die Vermögenspreise heutzutage sehr eng miteinander verflochten sind, daher auch die vielen Interventionsprogramme.
Aber die regelmäßigen Interventionen am Repo-Markt wurden ihnen quasi aufgedrängt, und als Ergebnis entstand die massive Rallye im Schlussquartal:
Lassen Sie alle bisherigen Aktivitäten weg, die noch eine wechselseitige Preisfindung mit sich brachten, und zurück bleibt dieses Chartbild:
Und das ist im Wesentlichen genau das, was 1999 passiert ist:
Diese 2 Wochencharts sind praktisch identisch. Gleiche Struktur, gleicher Hintergrund, gleiches Ergebnis.
Das ist das Argument, das ich gestern Abend auf CNBC Fast Money vorgebracht habe. Ich habe versucht, alles in eine realistische Perspektive zu setzen:
Börsenparty wie 1999: Ein Spiel mit dem Feuer
Alan Greenspan hatte die Märkte in Erwartung der Jahrtausendwende mit zusätzlicher Liquidität geflutet. Und zwar mit einer Menge. Und man beachte, dass die heutigen Schlagzeilen so ziemlich die gleichen sind wie damals.
Hier aus dem Wired Magazin von 1999:
"DER BÖRSENMARKT steigt einfach weiter und Federal Reserve Chef Alan Greenspan stellt der Wirtschaft eine gewaltige Menge Geld zur Verfügung. Greenspan hat in den Wochen vor dem Jahresende die größte Expansion der Geldmenge in der Geschichte der Fed veranlasst. An der Wall Street war die Aktion der Fed explosiv, denn Geld, das dank der Fed ungehindert aus dem Hahn fließt, macht die Bullenmärkte noch fetter.
Die Geldmenge M3, die Definition der Fed für Geld, das Devisen, Reiseschecks, Bankeinlagen und Geldmarktfonds umfasst, ist in den letzten 13 Wochen um sage und schreibe 194 Milliarden US-Dollar gestiegen - der größte Anstieg aller Zeiten. Die Geldmenge stieg mit einer Jahresrate von 15%. Das liegt deutlich über der von der Fed angestrebten Steigerungsrate von nur 5%.
Erst vor einer Woche stieg die Geldmenge M3 um stolze 36 Milliarden Dollar. Das deutet darauf hin, dass die Zentralbank sich gegen mögliche Störungen im Rahmen der Kalenderumstellungen von 1999 auf 2000 absichert, so Analysten."
Andere Zeit, andere Themen, dasselbe Prinzip. Im Jahr 1999 antizipierte die Fed Probleme mit dem Jahr 2000 und überschwemmte den Markt mit Liquidität. Im Jahr 2019 flutet die Fed die Märkte erneut mit Liquidität, um sich mit den Problemen der Übernachtfinanzierung zu befassen. Es gibt aber noch einen weiteren gemeinsamen Nenner: Beide Ereignisse folgten auf zwanzigprozentige Korrekturen (1998 & 2018) und in beiden Fällen reagierte die Fed mit einer Zinssenkung um 75 Basispunkten, und in beiden Zeiträumen pumpte die Fed massiv Liquidität ins System, um auf externe Probleme zu reagieren. Und in beiden Fällen begannen sich die Märkte weit von der Realwirtschaft zu entkoppeln. Was ist das für eine Gemeinsamkeit?
Liquidität ist Liquidität.
Und was macht die Fed jetzt? Sie fügt Unmengen an Liquidität hinzu, um sich gegen den Anstieg der Übernachtzinsen zu versichern. Die Ähnlichkeit ist verblüffend, aber vielleicht noch beängstigender ist die Tatsache, in welchem Tempo und Umfang dies geschieht.
Nichts von all dem ist normal. Es ist historisch, es ist überdimensional und es hat sich seinen Weg in die Aktienmärkte gebahnt. Die Fed lässt eine Vermögensblase platzen.
Und wie schon im Jahr 2000, befinden wir uns erneut hier:
Gut gemacht.
Ich bekomme immer wieder zu hören, dass die internationalen Umsätze heute viel höher sind als im Jahr 2000, daher wäre eine höhere Bewertung doch gerechtfertigt. Ich glaube das nicht. Tut mir leid. Diese Kennzahl ist in den letzten Jahren nicht gerade hilfreich gewesen. Während sie im Vergleich zu 2000 ein wenig gestiegen ist, hier ein Chart bis 2014:
Und das ist in den Jahren danach passiert:
"Im Jahr 2018 ist der Anteil der Auslandsumsätze des S&P 500 gesunken, nachdem dieser im letzten Jahr leicht angestiegen und in den beiden Vorjahren zurückgegangen war. Die Gesamtrate für 2018 betrug 42,90%, nach 43,62% im Jahr 2017 und 43,16% im Jahr 2016. Der jüngste Höchstwert lag 2014 bei 47,82% und der jüngste Tiefstwert bei 41,84% im Jahr 2003."
2014 war der Höhepunkt und seitdem ist diese Kennzahl sogar rückläufig. Fazit: 150% Marktkapitalisierung im Verhältnis zum BIP ist extrem teuer und völlig losgelöst von der Wirtschaftsgröße.
Und darin liegt die Saat der Zerstörung. Ohne eine Wachstumsbeschleunigung, die diese Bewertungen rechtfertigt, besteht ein massives Rückfallrisiko, und angesichts des Ausmaßes des Rückfalls, bei dem die Märkte und die Wirtschaft so eng miteinander verflochten sind und die Zentralbanken bereits ihre Munition verschossen haben, wird es nicht ausreichen, das, was kommen wird, zu stoppen.
Greenspan konnte es nicht verhindern, bis er die Zinsen um 500 Basispunkte senkte.
Bernanke konnte es nicht stoppen, bis er die Zinsen um über 500 Basispunkte gesenkt hat.
Powell hat kaum 200 Basispunkte zur Verfügung.
Alle ignorieren jetzt die Versteilung der Zinskurven. WARUM? Es ging immer um die Versteilung, nicht um die Inversion. Es ist die Versteilung nach der Inversion, die ein Problem darstellt, und diese Kurven werden nun immer steiler:
Wie lange haben wir noch Zeit? 6 Monate bis zur Rezession? 12 Monate? 18 Monate?
Wem werden Sie glauben? Finanzchefs, die Firmen leiten, oder der Fed, die noch nie eine Rezession kommen sah:
Diese Rallye ist künstlich aufgeblasen liquiditätsgesteuert, und es gibt Anzeichen dafür, dass es sich um eine Begleiterscheinung des Repo-Krisenmanagements der Fed handelt. Sie können diese Liquidität jetzt nicht reduzieren, weil sonst die Märkte auseinander fallen.
Beachten Sie aber, dass das, was kommen könnte, nicht mit einem offenkundigen, großen Crash angekündigt wird. Ja, der Nasdaq ist im Jahr 2000 abgestürzt, aber andere Indizes haben sich tatsächlich eine Zeit lang gut gehalten.
Hier ist der S&P 500 im Jahr 2000:
Spike und Drop, dann viel Chop und handelsübliche Aktion über einige Monate hinweg. Erst gegen Ende des Jahres wurde die Sache brenzlig. Am Ende des Jahres kam die Rezession, und dann begann erst der wahre Spaß:
Die Fed wollte eine Rezession mit einer vermeintlichen Mid-Cycle-Strategie verhindern, aber dann kam die Repo-Krise und zwang sie, die Asset-Blase zu verschlimmern. Diese Blase stellt nun eine echte Gefahr für die fragile Weltwirtschaft dar. Der nächste größere Ausverkauf könnte bevorstehen. Schließlich hat der Anleihemarkt die jüngste Rallye bei Dow Jones, S&P 500, Nasdaq, DAX noch nicht bestätigt.
Die Bank-Aktien mögen sich zwar erholt haben, aber die Zehnjahresrendite schmachtet in einer Bärenflagge:
Und der TLT (NASDAQ:TLT) hält eine beträchtliche Bullenflagge aufrecht, die auf niedrigere Zinsen hindeutet und damit die Wahrscheinlichkeit eines Deflationsszenario erhöht:
Was diese Charts andeuten, ist das Risiko einer weiteren Verlangsamung der Wirtschaft, nicht die Möglichkeit einer Bodenbildung, und alle Anzeichen einer Verbesserung könnten sich als vorübergehend erweisen.
Ein Sektor, der dies zu bestätigen scheint, ist der Transportsektor. In einer Welt, in der jeder sagt, dass es diesmal anders ist, wird ein weiterer Frühindikator einfach ausgeblendet. Marktkapitalisierung auf 150% des BIP? Diesmal ist es anders. Die Zinskurve wird steiler nach der Inversion? Diesmal ist es anders. Der Transportsektor hängt dem breiten Markt hinterher? Diesmal ist es anders.
Wirklich? Hoffentlich, denn diese Signale sind sehr ausgeprägt. Beachten Sie, wie der Transportsektor zusammen mit den Zinskurven während den letzten starken Korrekturen an den Aktienmärkten markante Warnsignale ausgesandt haben:
2000:
2007:
2019:
In Anbetracht all des Aufpumpen und Lockern und Drucken hatten die Transporte jede Gelegenheit der Welt, neue Rekordhochs zu erreichen und auszubrechen, aber sie haben es nicht getan:
Vielleicht wird sich das ändern. Immerhin signalisiert das Skript von 2000 weitere Rallyes und neue Rekordhochs, aber auch eine erhöhte Volatilität und schnelle Schnapp-Korrekturen vom Typ 5%-10%, die man vielleicht zunächst kaufen kann. Im Jahr 2000 erlebten die Märkte im März ihr vorübergehend letztes Rekordhochs und fielen dann stark ab. Warum? Weil das Jahr 2000 vorbei war und die Fed die Liquidität reduzierte und die Blase platzen ließ.
Diese Fed hat die Märkte nun von einer immer höheren Liquidität abhängig gemacht. Am 31. Dezember und 2. Januar sollen 150 Milliarden Dollar in Repo-Fazilitäten die Märkte ruhig stellen. Seit Oktober ist die Fed gezwungen, ihre Liquiditätsspritzen weiter zu erhöhen, um die Turbulenzen zu begrenzen. Die Märkte haben gezeigt, dass sie sich mit immer höheren Liquiditätsspritzen erholen können. Was sie noch beweisen müssen, ist, dass sie ohne sie die jüngsten Gewinne erzielen oder aufrechterhalten können. Das Drehbuch von 1999 legt nahe, dass sie das nicht können, und die Anleger sollten sich wohl bewusst sein, dass sie auf einem künstlichen Konstrukt sitzen, das nicht nur hoffnungslos von der Realwirtschaft abgekoppelt ist, sondern auf immer größere Liquiditätsspritzen angewiesen ist, um das Momentum aufrechtzuerhalten. Die Investoren feiern wie 1999, aber sie merken vielleicht nicht, dass sie es tun. Jede größere Korrektur von hier aus wird angesichts des Ausmaßes der Übertreibung wahrscheinlich wieder auf die Märkte und die Wirtschaft zurückkommen. Diese Botschaft ist in den Charts, in den Daten und im Fußabdruck der Geschichte zu finden.