Auch in der Woche nach Ostern setzte sich die Pause bzw. Konsolidierung an den Märkten fort. Der DAX konnte lediglich am Mittwoch glänzen, indem er wieder das obere Ende seiner (im folgenden Chart dunkelblauen) Seitwärtsrange ansteuerte (schwarzer Pfeil).
Grund für die neuerlichen Kursgewinne war eine Rede von Janet Yellen, welche die Chefin der US-Notenbank Federal Reserve am Dienstagabend (MEZ) in New York hielt. An den Börsen wurden die Aussagen dahingehend interpretiert, dass sich Yellen eher zögerlich im Hinblick auf eine weitere Zinsanhebung zeigte. Und niedrige Zinsen sowie höhere Liquidität sind nach wie vor Kurstreiber.
Zinsanhebung im April und Juni weniger wahrscheinlich
Eine US-Leitzinserhöhung im April wird am Terminmarkt nun nur noch mit einer Wahrscheinlichkeit von 7 Prozent erwartet. Am Dienstag hatte dieser Wert vor der Rede noch 12 Prozentpunkte betragen. Die Wahrscheinlichkeit eines Juni-Zinsschrittes wird nur noch mit einer Wahrscheinlichkeit von 31 nach zuvor 38 Prozent eingepreist.
Eine Bloomberg-Umfrage kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Demnach sehen Devisen-Händler die Wahrscheinlichkeit für eine Leitzinserhöhung im April bei null. Für den Juni rechnen nur noch 28 Prozent der Befragten mit einer Zinsanhebung.
US-Notenbank will stärkeren US-Dollar vermeiden
Eine weitere Folge von Yellens Rede und deren Interpretation durch die Finanzmärkte: Der US-Dollar tendierte schwächer, so dass der EUR/USD-Wechselkurs deutlich zulegte (grüner Pfeil im folgenden Chart). Unterstützt wurde diese Tendenz von Äußerungen Yellens, die konkret den Dollar betrafen: Aus ihrer Sicht dürfe er nicht stärker aufwerten, weil ansonsten die Inflation gebremst und die Exporte sowie die Entwicklung im verarbeitenden Gewerbe der USA belastet würden.
Mit Blick auf den Chart ist es der US-Notenbank längst gelungen, eine weitere Aufwertung der eigenen Währung zu verhindern. Seit dem Erreichen des Tiefs bei 1,046 US-Dollar am 13.03.2015 befindet sich der Kurs in einer Seitwärtsphase zwischen 1,05 und 1,15 US-Dollar (blaues Rechteck im Chart). Und dies, obwohl viele Marktexperten angesichts steigender Zinsen in den USA und einer immer expansiver werdenden Geldpolitik im Euroraum längst die Parität ausgerufen hatten, also einen EUR/USD-Wechselkurs von 1,00.
Euro-Stärke wird zur relativen DAX-Schwäche
Dass der Euro jüngst wieder das obere Ende der Range bei 1,15 US-Dollar anpeilt, könnte auch der Grund dafür sein, warum der DAX nach dem Hoch am Mittwoch wieder deutlich zurückkam und zum Ende der Woche sogar kurzzeitig aus der Seitwärtsrange (dunkles Rechteck im DAX-Chart oben) herausfiel. Und der starke Euro ist auch der Grund dafür, dass der DAX damit zu den US-Indizes eine klare relative Schwäche aufweist. Während die US-Indizes längst auf neue Trendhochs ausgebrochen sind, befindet sich der DAX noch in einer Seitwärtstendenz.
(Chart erstellt mit Ariva.de)
In diesem Chart zeigt sich, dass die US-Indizes Dow Jones (rot) und S&P500 (grün) kontinuierlich zulegen konnten, während der DAX (blau) insbesondere seit dem 14. März nicht mehr vom Fleck kommt.
Wenige Tage zuvor, am 10. März, beschloss die EZB ihre jüngsten geldpolitischen Maßnahmen. Anschließend legte der Euro zu und dieser Anstieg belastete den DAX. Denn die deutsche Wirtschaft ist exportlastig. Ein starker Euro bremst daher das heimische Wachstum. Dies wird in den Aktienkursen bzw. im DAX eingepreist.
Flaggenformationen in den Aktienindizes
Besonders eindrucksvoll zeigt sich die relative DAX-Schwäche in den (folgenden) längerfristigen Charts. Während in den US-Indizes die potentiellen Top-Formationen in Form von „Rounding-Tops“ durch den jüngsten Anstieg unwahrscheinlich geworden sind und die Kurse hier am oberen Ende einer alternativen Flaggenformation stehen, ist der DAX noch weit entfernt von dem oberen Ende seiner möglichen Flagge.
Und daher ist wohl auch die Euro-Stärke der Grund, warum der DAX mit seinem Hoch am Mittwoch knapp unter dem vorangegangenen Hoch blieb (oberer roter Pfeil im folgenden Chart) und wir es damit bereits mit einem tieferen Hoch zu tun hatten.
Am Freitag folgte dann ein tieferes Tief (unterer roter Pfeil), als sich der DAX mit einer großen Abwärtslücke bereits an das untere Ende der vierwöchigen Seitwärtsrange (siehe dunkelblaues Rechteck im DAX-Chart oben) bewegte. Die Seitwärtsrange stand damit schon enorm unter Druck, während die leicht aufwärtsgerichtete Flagge (grün) mit der Abwärtslücke bereits nach unten aufgelöst wurde. Die Gefahr eines bärischen Ausbruchs im DAX war daher akut. Und im weiteren Verlauf wurde dann auch zumindest kurzzeitig die vierwöchige Seitwärtsrange nach unten verlassen.
Bärischer Ausbruch im DAX droht
Sollten auch die US-Indizes bald Schwäche zeigen und der Euro zeitgleich stark bleiben, dann ist es so gut wie sicher, dass der DAX seine Seitwärtsrange nachhaltig nach unten auflösen wird. Und angesichts der charttechnischen Situation der US-Indizes erscheint uns dieses bärische Szenario aktuell als das wahrscheinliche.
Fazit
Es könnte also neben den US-Indizes auch vom Euro abhängen, in welche Richtung der DAX aus seiner Seitwärtsphase ausbricht. Sollte der Wechselkurs erneut im Bereich der 1,15er Marke scheitern und wieder Richtung 1,05 US-Dollar laufen, dürfte das den DAX leicht stützen. Eine anhaltende Euro-Stärke hingegen dürfte den Index weiter belasten.
Dazu gilt nach wie vor die Aussage: Sollte der DAX wieder steigen und dann möglichst dynamisch auf über 10.100 Punkte ausbrechen, wird es bullischer. Rutscht der Index hingegen in der laufenden Abwärtstrendbewegung unter 9.700 Zähler, wird es bärischer.
(Quelle: Geldanlage-Brief vom 03.04.2016)
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Sven Weisenhaus