Laut Bank of America (NYSE:BAC) halten institutionelle Fondsmanager aktuell so wenig Cash wie nie zuvor, weil sie verstärkt in Aktien investieren. Die Bank of America deutet dies als Warnsignal: In der Vergangenheit folgten auf solche Tiefstände bei den Barmittelquoten oft Kursrückgänge. Hinzu kommt, dass 36 % der Fondsmanager, die in der Analyse berücksichtigt wurden, Aktien übergewichtet haben – also eindeutig auf steigende Kurse setzen.
In einem Bloomberg-Artikel zu den Bank-of-America-Ergebnissen wird das Ganze noch konkreter: „Seit 2011, jedes Mal, wenn das BofA-Verkaufssignal ausgelöst wurde, brachte der MSCI All-Country World Index Anlegern in den darauffolgenden vier Wochen Verluste von durchschnittlich 2,4 % ein.“ Eine solche Zahl klingt natürlich erst einmal beunruhigend. Doch ein Rückgang um 2–3 % ist am Aktienmarkt keine Seltenheit und fällt eher in die Kategorie „kleinere Schwankung“.
Entscheidend ist außerdem der Zeitpunkt. Niemand weiß, ob diese Entwicklung nicht noch mehrere Monate weitergeht: Wenn Fondsmanager heute ihre Barreserven drastisch verkleinern, kann dieser Trend theoretisch noch eine ganze Weile anhalten. Wir wissen eben nicht, wann die Mehrheit aller Marktteilnehmer plötzlich in eine defensivere Haltung wechselt und Gewinne realisiert.
Markt-Update
In der zurückliegenden Woche gab es bereits Anzeichen, dass der Markt zunächst auf der Stelle treten könnte – zumindest bis zur Sitzung der Fed in dieser Woche. Wir beobachteten vielerorts, dass die Kurse versuchten, nach oben auszubrechen, aber zügig auf Verkäufer trafen. Gleichzeitig wechselte Geld von gut gelaufenen in weniger beachtete Bereiche. So entstand eine gewisse Marktkonsolidierung, die zwar nicht außergewöhnlich ist, aber natürlich für erhöhte Vorsicht sorgt. Die gute Nachricht: Solche Phasen ebnen oft den Weg für eine mögliche „Santa-Claus-Rally“ gegen Jahresende.
Letzte Woche setzte sich dieser Prozess zunächst gemächlich fort, bis die Märkte am Mittwoch – nach dem Fed-Entscheid – spürbar reagierten. Zwar senkte die Notenbank wie erwartet die Zinsen, doch gleichzeitig hob sie den Ausblick für das Zinsniveau im Jahr 2025 um einen halben Prozentpunkt an. Diese Botschaft erwischte viele Akteure kalt. Denn wenn die Fed restriktiver bleibt als gedacht, könnte das die Argumentation unterlaufen, dass die derzeitigen (teils sehr hohen) Bewertungen durch eine bald lockerere Geldpolitik gerechtfertigt wären.
Der Markt interpretiert diesen Schritt so, dass die Fed nicht mehr damit rechnet, die Inflation schon 2025 auf das anvisierte 2 %-Ziel zu senken. Vor wenigen Monaten war die US-Notenbank diesbezüglich noch deutlich optimistischer. Dass sie nun länger an höheren Zinsen festhält, kann kurzfristig für Druck an den Märkten sorgen – gerade in den risikoreicheren Segmenten. Trotzdem glauben wir, dass sich die Wachstumsdynamik im In- und Ausland abschwächen wird, was der Fed spätestens in der ersten Jahreshälfte 2025 eine Kehrtwende hin zu einem vorsichtigeren („dovishen“) Kurs erleichtern könnte.
Am Freitag kamen dann weitere Turbulenzen hinzu, als wiederholt von einem drohenden Government Shutdown die Rede war. Bereits im Oktober 2023 haben wir darauf hingewiesen, dass solche Shutdowns in aller Regel nur kurzfristige Verunsicherungen auslösen. Das liegt daran, dass alle wesentlichen Pflichtausgaben – wie Sozialversicherung, Zinszahlungen auf Staatsanleihen und andere Transferleistungen – weiterlaufen. Nur die diskretionären Posten, beispielsweise Gehälter bestimmter Behördenmitarbeiter oder Nationalparks, sind davon tatsächlich betroffen. Somit entsteht rasch ein Kompromiss- oder Notfallbudget, das die Regierung handlungsfähig hält.
Wichtig ist hier zu erwähnen, dass diese Pflichtausgaben auch während eines Government Shutdowns voll gedeckt sind. Soziale Sicherungssysteme funktionieren weiter, und ein Zahlungsausfall auf US-Staatsschulden ist extrem unwahrscheinlich. Politische Rhetorik mag zwar dramatischer klingen, am Ende aber bleibt das Gesamtbild relativ gelassen.
Die Börse reagiert inzwischen weniger empfindlich auf solche politischen „Showdowns“. Grund dafür ist die Erfahrung, dass sich der Staat meist in letzter Minute doch auf eine Übergangslösung (die sogenannte „Continuing Resolution“) einigt, um die Haushaltsfinanzierung sicherzustellen. Und am Ende war genau das auch diesmal der Fall. Langfristig sorgt das zwar für wachsende Staatsausgaben, weil jede Zwischenlösung oft rund 8 % höhere Ausgaben mit sich bringt. Doch für den Aktienmarkt selbst sind diese Episoden bisher eher Randphänomene, die sich in überschaubaren Schwankungen niederschlagen.
Natürlich kann so ein politisches Hin und Her die Kurse trotzdem kurzfristig belasten. Aber die Auswirkung ist meist moderat und schnell vorbei. Anlegerinnen und Anleger lassen sich oft kurzzeitig aus der Ruhe bringen, ziehen Geld aus dem Markt ab oder drücken Kurse durch Verkäufe. Sobald aber klar wird, dass die wesentlichen Staatsfunktionen weiterlaufen, berappelt sich der Markt in der Regel. Gerade wer mittel- oder langfristig denkt, hat also kaum Anlass, deswegen seine Strategie drastisch zu ändern.
Aktuell zeigt der S&P 500 ein kurzfristiges MACD-Verkaufssignal. So ein Signal kann ein Hinweis sein, dass etwas auf die Kurse drückt – diesmal ist es eine Mischung aus der Fed-Nachricht und den Shutdown-Sorgen. Allerdings wirken solche Ereignisse oft als Auslöser für ohnehin vorhandenen Verkaufsdruck. Spannend wird jetzt, dass viele Indikatoren schon im überverkauften Bereich liegen, was eine kurzfristige Gegenbewegung begünstigen könnte. Das spricht dafür, dass wir in den kommenden Tagen doch noch eine gewisse „Jahresendrally“ sehen könnten. Gleichzeitig sollte man nicht vergessen, dass die Signalstärke hoch genug ist, um eventuelle Anstiege zu begrenzen.
Wir bleiben also vorsichtig optimistisch, was den Rest des Jahres angeht. Die Möglichkeit für erneute Schwankungen besteht allerdings durchaus. Niemand sollte sich zu sehr in die Karten schauen lassen, und es kann sinnvoll sein, bestehende Gewinne abzusichern, statt sich in riskante Trades zu stürzen. Für alle, die 2023 bereits gut gelaufen sind, darf der Fokus jetzt auch auf Kapitalerhalt und etwas Gelassenheit liegen. Das heißt nicht, dass nichts mehr geht – man sollte nur genau hinschauen, an welchen Stellen sich ein Engagement lohnt.
Ausblick
Die nächsten Tage dürften insgesamt ruhig verlaufen. In puncto Konjunkturdaten erwarten wir heute die Dezember-Zahlen zum Verbrauchervertrauen des Conference Board. Die Prognosen reichen von leichten bis moderaten Anstiegen – also eher unspektakulär. Morgen folgen Daten zu den Auftragseingängen langlebiger Wirtschaftsgüter und den Verkäufen neuer Immobilien für November. Am Freitag erhalten wir Zahlen zu Lagerbeständen im Einzel- und Großhandel sowie den S&P/Case-Shiller-Hauspreisindex, diesmal für Oktober. Nichts davon wird voraussichtlich große Marktturbulenzen auslösen, doch ein Auge darauf zu haben, kann nicht schaden.
Da viele Portfolioverwalter ihre Barbestände bereits heruntergefahren haben, um ihre Performance im Vergleich zu ihren Benchmarks zu verbessern, sind größere Veränderungen vor dem Jahreswechsel eher unwahrscheinlich. Dazu kommt, dass sich viele Händler über die Feiertage in Urlaub befinden, was die Handelsvolumina zusätzlich verringert. So kann selbst eine kleine Meldung in einer illiquiden Phase zu kurzzeitigen Kurssprüngen führen, die sich im Januar wieder relativieren. Auch die US-Börsen (ETR:SXR4) haben eingeschränkte Handelszeiten: Am Heiligabend (24. Dezember) schließen sie bereits um 13:00 Uhr Ortszeit, und am ersten Weihnachtstag (25. Dezember) bleiben sie geschlossen. Mit größeren Bewegungen ist daher bis Jahresende nur begrenzt zu rechnen.