Eine Reihe fundamentaler Gegenwinde und potenzieller Rückenwinde sorgen für eine wilde Fahrt bei der Nordseesorte Brent.
Russlands Präsident Wladimir Putin will den Krieg gegen die Ukraine fortsetzen. Das bestätigte er am Mittwoch, nachdem er erklärt hatte, die Friedensgespräche befänden sich in einer "Sackgasse". Der Krieg wird voraussichtlich zu weiteren Sanktionen gegen Russland, den zweitgrößten Erdölexporteur der Welt nach Saudi-Arabien, führen und damit weitere Versorgungsstörungen nach sich ziehen.
Gestern kündigte der weltgrößte unabhängige Ölhändler Vitol Group an, dass er "beabsichtigt, den Handel mit Rohöl und Produkten aus Russland bis zum Ende dieses Jahres vollständig einzustellen".
Die Eskalation der COVID-Fälle in China belastet ebenfalls den Ölmarkt, immerhin ist das asiatische Land der größte Ölimporteur der Welt, und die Pandemie-Lockdowns dämpfen die Ölnachfrage.
Auf der anderen Seite der Gleichung hat sich Irans oberster Führer Ayatollah Ali Khamenei vor dem Hintergrund wachsender Sorgen um die Ölversorgung optimistisch zu den laufenden Atomverhandlungen geäußert. Das bringt den Ölproduzenten im Nahen Osten möglicherweise in eine bessere Verhandlungsposition. Im Falle einer Einigung würden die iranischen Ölexporte wieder aufgenommen werden.
Aufgrund der Aussicht auf ein knapperes Ölangebot verteuerte sich Brent-Rohöl am Dienstag dennoch um 6,26 %. Grund dafür ist die stärkere Korrelation zwischen dem aus der europäischen Nordsee stammenden Rohstoff und den Ereignissen in Russland.
Die jüngste Ölpreisvolatilität war bei Brent ausgeprägter als bei WTI. Zwischen dem Tiefstand vom 1. März und dem Höchststand vom 7. März verteuerte sich Brent um 42 %, während WTI "nur" um 40 % zulegte.
Auf dem Weg vom Hoch am 7. März bis zum Tief am 16. März büßte WTI 28 % gegenüber 30 % für Brent ein. Vom Tiefststand am 16. März bis zum Höchststand am 24. März gewann WTI 24 % und Brent 27 %.
Nur während der letzten Bewegung, also vom Höchststand am 24. März bis zum Tiefststand am 7. April, gingen beide mit rund 20 % in etwa gleich stark zurück. Auch die charttechnische Ausgangslage der beiden Ölsorten unterscheidet sich.
Während WTI derzeit ein symmetrisches Dreieck ausbildet, könnte man das Muster bei Brent eher als ein absteigendes Dreieck beschreiben und einzeichnen. Doch selbst wenn ein Händler glaubt, dass ein symmetrisches Dreieck die Angebots- und Nachfragebedingungen für Brent besser widerspiegelt, so ist der Preis noch nicht so tief in das Dreieck eingetaucht, wie es bei WTI der Fall ist.
Auf Wochenbasis gestaltet sich das Chartbild sogar noch düsterer.
Der RSI weist eine negative Divergenz auf, was auf eine Abwärtsbewegung hindeutet. Und der MACD bereitet sich offenbar auf ein bärisches Cross vor, was ein Verkaufssignal erzeugen würde.
Trading-Strategien
Konservative Trader sollten abwarten, bis das Dreieck - ganz gleich, wie sie es interpretieren - mit einem klaren Breakout nach unten und einer Gegenbewegung an den Widerstand vervollständigt wird.
Moderate Trader würden auf denselben Ausbruch nach unten und eine Gegenbewegung warten, um näher am Widerstand des Musterbodens einzusteigen, aber nicht unbedingt für eine zusätzliche Trendbestätigung.
Aggressive Trader könnten sofort short gehen, wenn der Preis das Top des Dreiecks und die absteigende Trendlinie erneut testen sollte. Ein schlüssiger Handelsplan, an den man sich konsequent hält, entscheidet hier über Gewinn und Verlust. Im Folgenden finden Sie ein einfaches Beispiel für einen Handelsplan. Eine individuelle Strategie, die auf das eigene Budget, das Timing und das Temperament zugeschnitten ist, führt zu deutlich besseren Ergebnissen.
Handelsbeispiel - Aggressive Short-Position
- Einstieg: 106 Dollar
- Stopp-Loss: 108 Dollar
- Risiko: 2 Dollar
- Ziel: 98 Dollar
- Reward: 8 Dollar
- Risk-Reward-Ratio: 1:4