Die Volksrepublik gab am vergangenen Freitag die Einführung von Exportgenehmigungen für Graphitprodukte bekannt. China ist der weltweit größte Graphitproduzent. Das Land raffiniert mehr als 90 % des Graphits auf dem Weltmarkt. Graphit wird in Anoden von Elektrofahrzeugbatterien eingesetzt.
Nach Gallium und Germanium jetzt auch Graphit
Nachdem im Sommer Lizenzen für den Export von Gallium und Germanium eingeführt worden waren, kommt der Schritt nicht aus heiterem Himmel. Dennoch hatte der Rest der Welt offenbar nicht mit Maßnahmen dieser Art gerechnet.
Kien Huynh, Chief Commercial Officer bei Alkemy Capital Investments etwa, kommentierte, der "mutige und unerwartete Schritt Chinas" komme überraschend und viel früher, als irgendjemand prognostiziert hätte.
Die Einführung von Exportgenehmigungen ist auch im Kontext der zunehmenden Restriktionen anderer Volkswirtschaften gegen China zu sehen. Die US-Regierung etwa hat chinesischen Unternehmen den Zugang zu Halbleitern erheblich erschwert. In der EU wird die Einführung von Zöllen auf chinesische Elektroautos diskutiert.
Rückblickend ist der Zeitpunkt der Bekanntgabe aus chinesischer Sicht deshalb nachvollziehbar. Am Freitag diskutierte US-Präsident Joe Biden in Washington mit EU Vertretern über kritische Mineralien. Angestrebt wird eine Art Freihandelsabkommen nur für diesen Bereich, wie er auch zwischen den USA und Japan besteht.
Die Exportbeschränkungen für Graphit sind mehr als nur eine Formalie. Verwaltungstechnisch ähneln die Maßnahmen den Beschränkungen für Gallium und Germanium, die seit dem 1. August gelten. Die Metalle sind außerhalb Chinas seitdem weniger gut verfügbar, die Preise deutlich gestiegen. Engpässe gibt es jedoch nicht.
Das chinesische Handelsministerium stufte die Graphit-Exportbeschränkungen als "förderlich für die Gewährleistung der Sicherheit und Stabilität der globalen Liefer- und Industriekette und förderlich für einen besseren Schutz der nationalen Sicherheit und Interessen" ein. Die Beschränkungen zielten nicht auf ein bestimmtes Land ab. Die Hauptabnehmer der chinesischen Graphit-Exporte sind allerdings mit Japan, den USA, Indien und Südkorea Staaten, zu denen sich Peking in Konkurrenz sieht.
Synthetisches Graphit und Flockengraphit betroffen
Wie genau sehen die Exportbeschränkungen aus? Ab dem 1. Dezember müssen Exporteure für zwei Arten am Markt gebräuchlichen Graphits Genehmigungen beantragen. Es handelt sich zum einen um synthetisches Graphitmaterial mit hoher Reinheit, hoher Härte und hoher Intensität, zum anderen um natürliches Flockengraphit und daraus bestehende Produkte.
Im Ausland wurden die Maßnahmen jedenfalls mit Besorgnis aufgenommen. Das südkoreanische Handelsministerium hielt bereits am Freitag ein Treffen mit Batterie- und Materialherstellern ab um mögliche Reaktionen auf die Exportbeschränkungen zu besprechen. "Die südkoreanische Regierung wird eng kommunizieren, um Produktionsunterbrechungen im Lithium-Ionen-Batteriesektor zu vermeiden", sagte der südkoreanische Industrieminister Ahn Duk-geun.
Produktionsunterbrechungen lassen sich wahrscheinlich vermeiden, Kostensteigerungen dagegen nicht. Kang Dong -jin, Analyst bei Hyundai (KS:005380) Motor Securities verweist auf die starke Abhängigkeit südkoreanischer Unternehmen von chinesischem Graphit. Unternehmen müssten nun nach Alternativen etwa in den USA oder Australien suchen – und damit wohl höhere Kosten in Kauf nehmen.
Allerdings sind die USA von dem Schritt selbst stark betroffen. Die Alliance for Automotive Innovation, die Unternehmen der Automobilzulieferkette vertritt, schätzt den chinesischen Anteil des in den USA verbrauchten Graphits auf ein Drittel.
Japan will in China zunächst operative Details der neuen Exportbeschränkungen in Erfahrung bringen und prüfen, ob die neuen Restriktionen gegen WTO-Regeln verstoßen. In diesem Fall will das Land "geeignete Schritte" unternehmen.
Der Westen könnte mehr Graphit produzieren
Langfristig erfolgversprechender dürfte die Fokussierung auf westliche Produktion von Graphit sein. Das regt auch die US-Bergbauindustrie an. Rich Nolan, Leiter der Handelsgruppe der National Mining Association kommentierte, es sei überfällig, dass die USA auf die eigenen Bodenschätze zurückgriffen und die "sicheren, verantwortungsvollen Lieferketten für Mineralien aufbauen, die wir so dringend brauchen".
Ähnlich äußerte sich John DeMaio von der Graphex Group. Chinas Schritt sei als potentieller Katalysator zu verstehen, der die Dringlichkeit einer Verbesserung der Graphitversorgung in den USA hervorhebe. Graphex will bis Ende 2024 eine Graphitverarbeitungsanlage in Warren im US-Bundesstaat Michigan eröffnen und der Autoindustrie mindestens 10.000 t des Materials jährlich zur Verfügung stellen.
Synthetisches Graphit könnte der Westen in prinzipiell beliebiger Menge herstellen. Es resultiert aus einem Nebenprodukt des Ölraffinerieprozesses. Fraglich ist, zu welchen Kosten die Produktion im Westen möglich sein wird. Die synthetische Variante gilt jedenfalls als entscheidend. Benchmark Mineral Intelligence etwa schätzt, dass synthetisches Graphit bis 2025 fast zwei Drittel des Anodenmarktes für Elektrofahrzeugbatterien abdecken könnte.
Es gibt jedoch Stimmen in der Automobilindustrie, die einen anderen Weg vorschlagen. Rob Anstey, CEO des US Startups GDI etwa rät von einem Wettrennen um natürliches Graphit mit China ab. "China ist bei Graphit um Jahrzehnte voraus und es ist zu spät, noch aufzuholen". Stattdessen geht es darum, die nächste Leistungsstufe von Lithium-Ionen- und Elektrofahrzeugen zu erreichen." GDI entwickelt Anoden aus 100 % Silizium.
Jedes Elektrofahrzeug benötigt im Durchschnitt 50 bis 100 kg Graphit in seiner Batterie.