Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,1735 (06:26 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,1726 im fernöstlichen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 105.70. In der Folge notiert EUR-JPY bei 124,02. EUR-CHF oszilliert bei 1,0773.
Heute früh sind Großteile der Risikofreude, die gestern weitgehend den Markt bestimmten verflogen. Der asymmetrische Blick der Märkte auf die Realität konnte zumindest temporär nicht aufrecht erhalten werden. Die Hoffnungswerte auf ein zügig verabschiedetes US-Hilfspaket zerstoben mit der Ankündigung Trumps, die Gespräche mit den Demokraten vor der Wahl nicht fortzusetzen.
Trump will nach seiner Wiederwahl ein großes Konjunkturpaket für den "kleinen Mann, die kleine Frau und kleine Unternehmen" schnüren. Was passiert, wenn die Wahl angefochten würde? Sowohl Demokraten als auch Republikaner sind nicht Willens bei knappen Ergebnissen Wahlniederlagen anzuerkennen. Ergibt sich dann politische Handlungsfähigkeit und politische Umsetzbarkeit? Das Risikocluster nimmt hinsichtlich quantitativer Gesichtspunkte der US-Ökonomie zu.
Die qualitativen Gesichtspunkte verschlechtern sich weiter, aber das tangiert Finanzmärkte und Medien bezüglich der USA bisher nicht. Das könnte sich jedoch ändern, denn die Daten aus den USA sind strukturell prekär wie nie oder selten.
Das Handelsbilanzdefizit markierte den höchsten Wert seit 2006. Wir haben darauf hingewiesen, dass die US-Sanktions- und Zollpolitik die Möglichkeiten der US-Unternehmen und des US-Standorts einschränken. Die Entwicklung der letzten Monate liefert dafür implizite Belege. Die Staatsverschuldung erreichte per 3. Oktober 2020 mit 27.051,1 Mrd. USD einen neuen Höchstwert. Damit liegt die Neuverschuldung im laufenden Jahr bei circa 19,2% der US-Wirtschaftsleistung. Keine andere bedeutende Wirtschaftsnation liefert dramatischere Daten!
Diese Daten vertragen sich bei sachlicher Analyse nicht ansatzweise mit dem Status der Leitwährung dieser Welt, aber wer will in Washington, London oder Berlin Sachlichkeit? Ergo nehme ich das zurück, denn es entspricht nicht dem Narrativ, das in den politischen und wirtschaftlichen Eliten, die die Narrative der Märkte und Medien bestimmen, entwickelt wurde. Schauen Sie weiter stoisch weg, kaufen sie USD, verkaufen Sie Gold und Silber … (Achtung: Stilmittel Ironie! Keine Empfehlung!)
Auch belasteten die Einlassungen vom Chef der Federal Reserve Powell. Er warnte, dass die Erholung der US-Konjunktur schleppend verlaufen würde. Die US-Wirtschaft sei weiter anfällig für markante Rückschläge. Sofern das Virus nicht eingedämmt würde, könne die US-Wirtschaft in eine Abwärtsspirale geraten. Sowohl Unternehmen als auch private Haushalte bedürften größerer Unterstützung. So ist es, es gibt keine ausreichenden selbsttragenden Kräfte in der US-Wirtschaft (anders China, Eurozone)!
An der Corona-Front mehren sich kritische Stimmen und Entwicklungen. Weltärztepräsident Montgomery warnt vor Engpässen in der medizinischen Versorgung in Corona-Krise. Fakt ist, dass beispielsweise im UK die höchste Intensivbettenbelegung mit Corona-Patienten seit Juni vorliegt. In Deutschland hat sich die Inanspruchnahme von Niveaus bei 220 auf 449 erhöht. Die Lage in Deutschland ist jedoch bisher unproblematisch. In der Folge dieser globalen Entwicklungen drohen zunehmend regionale und möglicherweise verstärkte nationale Einschränkungen mit negativen Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft.
Fazit: Die genannten Risiken sind nicht ansatzweise am Aktienmarkt diskontiert.
Ein "must read" Kommentar von Alex Lo
Bisweilen macht es Sinn, sich aus der europäischen und westlichen Ecke herauszubewegen, um unvoreingenommener bewerten zu können.
Diesbezüglich werfe ich gerne einen Blick auf die South China Morning Post, die inhaltlich westlichem Gedankengut gegenüber sehr aufgeschlossen ist, immer aber auch eine regionale Perspektive lebt und definitiv nicht zum "Fan-Club" Chinas gehört.
Alex Lo ist seit 2012 Kommentator für die South China Morning Post und weist eine 25-jährige Historie als Journalist in Hongkong und Toronto vor.
In dem nachfolgenden Artikel (englisch) liefert er in meinen Augen ein grandioses Werk. Die historischen Bezüge zu Max Weber bis hin zu den Kreuzzügen im Kontext mit den Themen Staatsform und Erfolg bei Pandemie und Ökonomie sind ein "must read" mit dem Ziel des "able to understand" und des "even more able to cooperate".
Auch Kritik am Westen findet sich hinsichtlich der Auswahl der Stimmen, die öffentliche Meinung bei uns prägen dürfen oder prägen sollen.
Dieses Thema kann ich aus persönlichen Erfahrungen voll unterschreiben. Vor diesem Hintergrund bedanke ich mich an dieser Stelle ausdrücklich für die Loyalität der TV-Sender NTV und Welt TV in den letzten 23 Jahren. Merci voller Demut und von Herzen!
Link: https://www.scmp.com/comment/opinion/article/3104274/why-do-some-western-critics-inevitably-get-china-wrong
Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:
Eurozone: Erste erkennbare konjunkturelle Fissuren
Der von IHS/Markit ermittelte Einkaufsmanagerindex für den Konsumsektor sank per Berichtsmonat September von zuvor 47,8 auf 47,5 Zähler. Die deutsche Industrieproduktion sank per Berichtsmonat August unerwartet im Monatsvergleich um 0,2% (Prognose +1.5%) nach zuvor +1,4% (revidiert von +1,2%). Im Jahresvergleich kam es zu einem Rückgang um 10,0% nach zuvor 9,80%.
USA: US-Sanktions- und Zollpolitik belasten Handelsbilanz?
Die US-Handelsbilanz reüssierte mit einem Defizit per Berichtsmonat August in Höhe von 67,1 Mrd. USD (Prognose -66,1 Mrd. USD) nach zuvor -63,4 Mrd. USD (revidiert von -63,6 Mrd. USD). Damit ergab sich das höchste Defizit seit August 2006.
Japan: Leichter Rückgang der Reserven
Die Devisenreserven stellten sich per September auf 1.389,8 nach zuvor 1.398,5 Mrd. USD.
Australien: Dienstleistungsindexbricht weg
Per Berichtsmonat September brach der Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor von zuvor 42,5 auf 36,2 Punkte ein.
Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in dem Währungspaar EUR-USD impliziert. Ein Überwinden der Widerstandszone bei 1.1850 - 80 eröffnet neues Aufwärtspotential.
Bleiben Sie gesund, viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Solvecon Invest GmbH
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