Der 3-Billionen-Dollar-Irrtum: Die dunkle Seite der Target-Date-Fonds

Veröffentlicht am 06.11.2023, 06:26
Aktualisiert 09.07.2023, 12:31

Morningstar schätzt, dass 2022 fast 3 Billionen USD in Target-Date-Fonds investiert sind. Morningstar schreibt dazu:

Target-Date-Strategien sind nach wie vor das bevorzugte Instrument für Anlegerinnen und Anleger, die für ihren Ruhestand sparen.

Ob Sparer, die in Zielfonds investieren, es wissen oder nicht (und wir vermuten, dass die meisten es nicht wissen): Sie legen ihr Vermögen unüberlegt an. Die Aufteilung zwischen Aktien und Anleihen in diesen Fonds wird nicht von Risiko und Rendite bestimmt, sondern ausschließlich vom Kalender.

Für das Management der so genannten Target-Fonds ist keinerlei Investmenterfahrung erforderlich, dennoch kassieren die Fonds- und ETF-Manager in diesem Segment jährlich hunderte Millionen Dollar an Managementgebühren.

Das volatile Marktumfeld macht deutlich, warum Zielfonds unsinnig sind.

Was sind Target-Date-Fonds?

  • Barrons schätzt, dass rund 42 % aller Altersvorsorgegelder in Target-Date-Fonds angelegt sind.
  • Laut Investopedia haben mehr als 75 % der Anleger in solche Fonds investiert.
  • Nach Angaben des Arbeitsministeriums wählen sie 70 % der Arbeitgeber als Standardanlage

Target-Date-Fonds sind passive Investmentfonds, die von einfachen Algorithmen gesteuert werden. Dabei lässt das Wort Algorithmus ihren Anlageprozess komplizierter erscheinen, als er ist.

Die Fonds mit den am weitesten in der Zukunft liegenden Zieldaten sind fast vollständig in Aktien und nur geringfügig in Bonds investiert.

Jahr für Jahr werden die Gelder allmählich langsam von Aktien in Bonds umgeschichtet. Die Aktien- und Anleiheziele für die Fonds basieren ausschließlich auf dem Zieldatum.

Die nachstehende Darstellung, die mit Genehmigung von Vanguard, dem weltweit größten Verwalter von Target-Date-Fonds, erstellt wurde, zeigt den gleitenden Pfad der vom Alter abhängigen Aufteilung der Anlagen.

Vanguard - Pfad der gleitenden Umschichtung

Die Zusammensetzung der Fonds nach Aktien und Anleihen wird durch die Zeit und nicht durch traditionelle Anlagekriterien wie Risikopotenzial, Rendite und Bewertung bestimmt.

Sind erwartete Renditen für Sie interessant?

Anleger in Target-Date-Fonds müssen grundsätzlich davon ausgehen, dass sich Aktien langfristig besser entwickeln als Bonds. Das ist zwar oft richtig, aber für kurz- und mittelfristige Zeiträume nicht selbstverständlich.

Außerdem werden bei einer solchen längerfristigen Herangehensweise unglaubliche kurz- bis mittelfristige Chancen bei Aktien und Anleihen verpasst. Dementsprechend tätigen Anleger in Zielterminfonds bisweilen Fehlinvestitionen, die möglicherweise nicht mit ihren Anlagezielen übereinstimmen.

Um diese inhärent mängelbehafteten Anlagestrategien besser einschätzen zu können, stellen wir zwei Fragen. In beiden Fragen bitten wir Sie, Ihre Reserven für den Ruhestand in die Wertpapiere A und B aufzuteilen.

  • Frage 1:

Wertpapier A hat eine erwartete zehnjährige annualisierte Gesamtrendite von 6,00 % mit einer wahrscheinlichen Renditespanne zwischen 0 % und 12 %. Wertpapier B hat eine garantierte jährliche Rendite von 0,75 %.

  • Frage 2:

Wertpapier A hat eine erwartete zehnjährige annualisierte Rendite von 2,50 % mit einer wahrscheinlichen Renditespanne zwischen 7,00 % und -4,50 %. Wertpapier B hat eine garantierte jährliche Rendite von 5,00 %.

Wenn Sie in Frage 1 mit A und in Frage 2 mit B geantwortet haben, sind für Sie erwartete Renditen und Risikowahrscheinlichkeiten wichtig.

Frage 1 basiert auf Daten vom März 2020, als die Aktienbewertungen erheblich gesunken waren und die Anleiherenditen zu den niedrigsten in der Geschichte der USA gehörten.

Frage 2 bezieht sich auf das derzeitige Investitionsumfeld für Aktien und Anleihen.

Die Fragen 1 und 2 stehen für die jüngsten Extreme der Renditeerwartungen bei Aktien und Anleihen. Noch wichtiger ist, dass sie mit Zeiträumen übereinstimmen, in denen die prozentuale Aufteilung der Zielfonds in Aktien und Anleihen für einen großen Teil der Anleger in Zielfonds wahrscheinlich nicht richtig war.

Was gilt heute?

Gehen wir näher auf Frage 2 ein, um den aktuellen Risiko-Rendite-Rahmen für Aktien und Anleihen besser zu verstehen. Um Frage 2 zu wiederholen:

Wertpapier A (Aktien) hat eine erwartete zehnjährige annualisierte Rendite von 2,50 % mit einer wahrscheinlichen Renditespanne zwischen 7,00 % und -4,50 %. Wertpapier B (Anleihen) hat eine garantierte jährliche Rendite von 5,00 %.

Sollte ein Zielfonds für das Jahr 2025 stark in Anleihen investiert sein, während ein Fonds für das Jahr 2055 im derzeitigen Umfeld fast ausschließlich in Aktien investiert sein sollte?

Die Antwort ist nicht schwierig, wenn man die nachstehende Abbildung betrachtet. Sie zeigt alle monatlichen CAPE 10-Aktienbewertungen und die folgende Zehnjahresrendite, (einschließlich Dividenden).

Die grüne Linie zeigt die aktuelle Rendite der 10-jährigen Treasuries (4,90 %), die blaue Linie zeigt die Rendite von Investment-Grade-Unternehmensanleihen (6,45 %).

Das aktuelle CAPE (mit Sternchen) liegt bei etwas über 30. Der gelbe Kasten hebt alle Fälle hervor, in denen das CAPE 30 oder höher war.

S&P CAPE-Renditen

Die erwartete jährliche Gesamtrendite von Aktien liegt in den nächsten zehn Jahren bei 2,35 % und damit deutlich unter der Rendite von Anleihen. Von allen Fällen, in denen das CAPE über 30 lag, folgte nur in wenigen Fällen ein Zehnjahreszeitraum, in dem die Aktienrenditen die Renditen der Staatsanleihen schlugen. Die Zahl schrumpft auf eins, wenn Aktien mit Investment-Grade-Unternehmensanleihen verglichen werden.

Vertiefen wir die Analyse und konzentrieren uns auf die maximalen Verluste, wenn das CAPE über 30 liegt. Die folgende Abbidlung zeigt den prozentualen Spitzenwert des Rückgangs ab dem Monat, in dem die einzelnen CAPE-Bewertungen den Wert von 30 überschritten haben. Man sieht, dass Sie durch eine Umschichtung in Anleihen in einem Umfeld wie dem heutigen Bargeld schützen und von niedrigeren Aktienkursen profitieren.

S&P 500-CAPE-Renditen und Drawdowns

Zehn-Jahres-Prognosen bedeuten nicht gleich zehnjähriges Investieren

Die Wahrscheinlichkeit, dass Anleihen in den nächsten zehn Jahren bessere Renditen erzielen als Aktien, ist deutlich höher. Allerdings - und das ist ein wichtiger Punkt - ändern sich die Marktbedingungen rasant. Schon in einem Jahr könnten wir uns mitten in einer Rezession befinden, mit Anleiherenditen von 2 % und Aktienbewertungen, die fast normal sind. In diesem Fall sollten Gewinne aus Rentenpapieren mitgenommen werden, und eine Umschichtung zurück in Aktien wäre wahrscheinlich angebracht.

Target-Date-Fonds werden die einseitigen Renditewahrscheinlichkeiten nicht ausgleichen. Target-Date-Fonds sind blind für Risiko und Rendite. Sie können daher nicht im besten Interesse ihrer Anleger handeln.

Fazit

Im aktuellen Umfeld sollten 25- bis 75-Jährige mehr in Anleihen als in Aktien investiert sein. In der Terminologie der Target-Date-Fonds sollten sich die Fonds in den Jahren 2025 und 2050 sehr viel ähnlicher sein als sie es heute sind. Der Vanguard Target (NYSE:TGT) Retirement 2050 Fund hält weniger als 10% Anleihen und 90% Aktien. Der Vanguard Target Retirement 2025 Fund (NASDAQ: VTTVX) besteht zu etwa 45% aus Anleihen und zu 55% aus Aktien.

Diese Prozentsätze werden von einer blinden Formel diktiert und nicht von grundlegenden Regeln des Finanzmanagements.

Langfristiges Investieren bedeutet Nachdenken. Investieren ohne Risiko und Chance ist töricht.

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