Gestern blieb der Handelstag ruhig. Grund dafür war der Unabhängigkeitstags (Independence Day), an dem die US-Börsen gestern feiertagsbedingt ganz geschlossen blieben. Ohne Impulse aus den USA kam auch der DAX nicht in Bewegung. So können wir uns der Frage widmen, wieso der deutsche Leitindex seit dem 22. Mai bzw. 15. Juni mehr als 1.000 Punkte eingebüßt hat. Die Auswirkungen der Fed-Leitzinsanhebungen und des Handelskrieges haben wir dazu bereits besprochen. Jedoch lässt sich noch ein anderes Phänomen finden, welches einen Einfluss auf die Kurse hat: Die Saisonalität!
(Quelle: www.stockstreet.de/saisonale-charts)
In der Grafik ist zu sehen, dass der Juni seit 1960 der Monat ist, in dem der DAX am zweithäufigsten Verluste erleidet (rote Balken). Zudem steht der Juni bei der durchschnittlichen Monatsperformance mit einem Minus von 0,11 % auf dem drittletzten Platz. Allein diese Tatsache könnte schon als Erklärung für die jüngste Kursschwäche im DAX fungieren, ohne auch nur einen Blick auf das Weltgeschehen zu werfen.
Doch dazu kommt noch der 4-Jahres-Präsidentschaftszyklus, auf den ich zu Jahresbeginn bereits eingegangen war (siehe Börse-Intern vom 9. Januar – „2018 wird ein schwieriges Jahr für Aktien“). Laut diesem wird auch der DAX eine schwache Performance liefern. Denn der durchschnittliche Kursverlauf in US-Zwischenwahljahren lässt den DAX am Jahresende unter dem Stand vom Jahresbeginn enden.
So zeichnet sich auch in Zwischenwahljahren im Zeitraum von Ende Mai bis Ende Juni eine deutliche Schwäche im DAX ab (rotes Rechteck im Chart). Und in diesem Jahr sehen wir tatsächlich auch eine Korrektur seit Ende Mai (22.05.) mit einer kurzen Erholung zwischendurch (31.05. - 15.06.). Diese habe ich bis dato als ABC-Korrektur bezeichnet (siehe rotes Rechteck bzw. grüne Buchstaben im folgenden Chart).
Doch natürlich bewegt sich der DAX nicht immer entlang seines durchschnittlichen Verlaufes. Schließlich kam es schon zu Jahresbeginn zu deutlichen fallenden Kursen und nicht nur zu einer Seitwärtsbewegung. Dann begann die typische Kurserholung im März erst im April und diese blieb auch unterdurchschnittlich schwach. Nichtsdestotrotz kann man klare Parallelen sehen - insbesondere in den roten Rechtecken. Die Tendenz des DAX zeigt eindeutig nach unten (rot gestrichelter Pfeil), so wie es in einem Zwischenwahljahr üblich ist.
Entsprechend muss man auch damit rechnen, dass es bis zum Herbst schwierig bleiben wird. Dies passt wiederum zu dem vorgestellten Szenario, laut dem die US-Indizes in den kommenden Tagen bzw. Wochen bis an das untere Ende ihrer Seitwärtsspannen fallen werden.
Fazit
Es stellt sich also am Ende die Frage, ob es vielleicht nicht so sehr der Handelsstreit ist, der die Kurse belastet, sondern dieses Thema einfach nur gut zu dem völlig normalen, saisonalen Kursverlauf des DAX passt. Dabei steht außer Frage, dass ein Zusammenhang zwischen dem Handelskonflikt und der Gefahr für die Wirtschaft und damit auch für die Aktienkurse beseht. Der Handelskonflikt und das Medientheater um neue Zölle relativiert sich jedoch vor dem Hintergrund des saisonalen Kursverlauf noch etwas mehr, als ich es zuvor bereits beschrieben hatte.
Somit kann ich mich am Ende nur wiederholen: Die Aktienmärkte stecken immer noch in ihren Trends und die Konsolidierungen nach den starken Kursanstiegen sind völlig normal. Dies gilt genauso für die kurzfristigen Kursgewinne im April und Mai (DAX) bzw. Mai und Juni (US-Indizes) als auch übergeordnet für die vorangegangenen Gewinne bis Ende Januar. An diesen Entwicklungen konnte der Handelskonflikt bislang nichts ändern. Dafür ist er als fundamentaler Faktor sehr gut im aktuellen charttechnischen Bild nutzbar. Das Gleiche trifft auch auf die Geldpolitik zu. Beide drücken die Kurse und fördern damit die sowieso (über)fällige Kurskorrektur an den Aktienmärkten.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Ihr
Sven Weisenhaus