Ölpreis: Der Handelskrieg ist real - Schreckgespenst Iran? Vielleicht, vielleicht auch nicht ...

Veröffentlicht am 14.05.2019, 09:16

Die Ölbullen schütteln immer noch den Kopf, wie das alles passieren konnte. Ein paar Stunden schien die Welt ihnen zu gehören, als Berichte von Angriffen auf Tanker Saudi-Arabiens und der VAE im Persischen Golf die Ölpreise wie eine Rakete hochgehen ließen. Dann in einer fast identischen Bewegung, ging es im New Yorker Handel in die andere Richtung, als Chinas Gegenmaßnahmen gegen die neuen US-Zölle den Tag zurück an die Bären gehen ließen.

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Während die bemerkenswerten Wendungen und Auslöser hinter ihnen immer noch von den Händlern studiert werden, um zu sehen, ob die ganze Aktivität vom Montag gerechtfertigt war, sind nun drei Dinge klar geworden

1. Der Handelskrieg wird so wichtig wie Schieferöl

Der amerikanisch-chinesische Handelskrieg—und seine möglichen Folgen für die Weltwirtschaft und damit auch die Energienachfrage—sind zu einem genauso gewichtigen Faktor am Ölmarkt geworden, wie die Verknappung des Rohölangebots durch die OPEC und unfreiwillige Ausfälle durch andere Länder.

Das ist besonders wahr, nachdem China am Montag der Warnung von US-Präsident Donald Trump getrotzt hatte, die Aktion der USA nicht mit gleicher Münze zu beantworten und höhere Abgaben auf eine Reihe von amerikanischen Waren verhängt hat, zu denen auch Tiefkühlgemüse und verflüssigte Erdgas gehören.

Beide Länder erheben jetzt Zollsätze von bis zu 25% auf die Produkte des jeweils anderen, als die Vereinigten Staaten chinesische Waren im Wert von mehr als 500 Mrd USD belasten, während China 60 Mrd USD an Importe aus den USA aufs Korn nimmt.

Nach Spekulationen, dass ein Handelsabkommen in Wochen oder sogar Tagen stehen könnte, scheint es jetzt so auszusehen, als seien die Trump-Administration und die Regierung des chinesischen Staatschefs Xi Jinping voneinander weiter entfernt, als sie es vor einem Jahr waren, auch wenn die US-Unterhändler darauf bestehen, dass die bilateralen Gespräche immer noch Fortschritte machen und dass sie zuversichtlich sind, eine Lösung aushandeln zu können.

2. Nicht genügend Belege, um den Iran zum Schurken des Ölmarkts zu machen

Die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten werden bessere Beweise bringen müssen, um den Iran die Rolle des Bösewichts zuzuteilen, der bereit ist den Ölhandel der Welt zu zerstören, als Rache gegen die Sanktionen, die Teherans eigenes Öl vom Weltmarkt fern hält.

Während die Iraner durchaus schuldig sind, ihre eigene Negativpropaganda der der Amerikaner, Saudis und Emiratis hinzufügten, indem sie sich darüber ausließen, was sie in der Seestraße von Hormus tun könnten, gibt es keine Belege—zumindest keine öffentlichen—dass bei den Angriffen am Sonntag auf saudische Tankschiffe ihre Hand im Spiel war, trotz der allgemeinen Verdächtigungen, dass die Islamische Republik bei den sogenannten “Sabotagen” eine Rolle gespielt hat.

Zwei saudische Öltanker scheinen am Sonntag bei dem Vorfall vor der Küste vor den Vereinigten Arabischen Emiraten erheblichen Schaden erlitten zu haben. Davon unabhängig berichtete auch das Außenministerium der VAE von einem Angriff auf vier Handelsschiffe, der ebenfalls am Sonntag stattgefunden haben soll. All diese kamen, nachdem die Vereinigten Staaten letzte Woche einen Flugzeugträger, Bomber und Abwehrraketen in die Region entsandten, was sie mit den erhöhten Spannungen mit dem Iran begründeten.

Die Rohölpreise schossen am Montag auf die Berichte von den Anschlägen gegen die Tanker hin, anfänglich um fast 3% hoch. Als aber niemand die Verantwortung übernahm—und keine Details bekanntwurden, mit denen die Schuldigen hätten identifiziert werden können—brachte der Markt die Geschichte schnell hinter sich, als die Aufmerksamkeit auf den Aktienmarkt überging, der auf die Meldungen von höheren Zöllen Chinas gegen auf amerikanische Importgüter in den Sinkflug übergegangen war.

Und Teheran reagierte besonnen auf die Krise, als es eine unabhängige Untersuchung forderte.

Einen Tag zuvor hatte Reuters berichtet, dass der Iran mindestens 1,5 Mio Fass am Tag (barrels per day, bpd) exportieren will—das Dreifache der Menge, die für Mai unter den US-Sanktionen erwartet wird—als Bedingung dafür, seine Verpflichtungen unter dem 2015er Nuklearabkommen mit den Westmächten einzuhalten, den US-Präsident Trump nicht anerkennen will.

John Kilduff, Partner beim New Yorker Energiehedgefonds Again Capital, sagte:

“Es wird schwer werden, sie zu den Bösewichtern des Ölmarkts zu stempeln, wenn ihre Reaktion so untypisch besonnen und ruhig ausgefallen ist.”

3. Preise vor neuer Phase von Volatilität

Die Ölpreise könnten in eine neue Phase der Volatilität in 2019 eintreten und eine der dauerhafteren Rallyes vom ersten Quartal beenden.

Das liegt daran, dass dem saisonalen Verbrauchsanstieg im Sommer ein weiteres Anschwellen der US-Ölförderung folgen könnte und in der zweiten Jahreshälfte dann auch höhere Lagerbestände.

Der Preisumschwung vom Montag sah die Futures auf West Texas Intermediate um bis zu 2,66 USD das Fass zwischen dem Tageshoch und dem -tief bewegen.

Es handelt sich um das zweite Mal in vierzehn Tagen, dass die US-Leitsorte für den Ölmarkt eine Volatilität von fast 3 USD das Fass an einem Handelstag durchlaufen ist, nachdem sie sich am 2. Mai um 2,73 USD das Fass bewegt hatte.

Die OPEC, die am Dienstag ihren Monatsbericht veröffentlichen wird, dürfte sich den Erwartungen nach, stark für eine Fortsetzung der Produktionsbeschränkungen aussprechen, als das dominante Kartellmitglied Saudi-Arabien sich nicht gewillt zeigt, das hohe Preisniveau wieder aufzugeben, für das es seit Winter so hart gearbeitet hat.

Sollte aber die globale Konjunktur sich in der zweiten Jahreshälfte z.B. durch das Andauern des amerikanisch-chinesischen Handelskriegs weiter verlangsamen, dann könnten Hedgefonds, die long im Öl investiert sind, Ärger bekommen, da die Nachfrage hinter den Erwartungen zurückbleiben könnte, obwohl es wahrscheinlich ist, dass die OPEC an ihren Produktionsbeschränkungen festhalten wird.

Portfolio-Manager haben schon in den letzten beiden Wochen Kontrakte auf insgesamt 42 Mio Fass Öl verkauft, nachdem sie in den vorangegangenen 15 Wochen seit dem 8. Januar im Umfang von 609 Mio Fass zugekauft hatten, stellte Reuters Ölmarktkolumnist John Kemp fest.

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