Über die letzten Monate hat sich der Ölmarkt zu einem der dynamischsten Märkte der Finanzlandschaft entwickelt. Dabei schafften es die Ölwerte Brent und WTI auf sehr markante Hochs, die seit Jahren nicht mehr erreicht wurden. Einzig im Juli 2008 lagen die Preise über den zuletzt ausgebauten Hochs. Seit diesen Allzeithochs sind die Märkte trotz phasenweiser Anstiege nach unten gewandert und mündeten im Frühjahr 2020 in Tiefs, welche die Endpunkte der korrektiven Wellen markieren. Danach folgten eben die umfangreichen und stringenten Anstiege der Kurse.
Die massiven Einbrüche der Ölpreise in 2020 wurden damit in Verbindung gebracht, dass die Weltwirtschaft durch die weitreichenden Einschränkungsmaßnahmen im Rahmen der Corona-Pandemie zu einem globalen Rückgang in der Nachfrage geführt haben sollen. Dies ist ein nachvollziehbares Argument, denn wer zu Hause hocken muss, kann nicht rausgehen und mit dem Auto rumfahren. Weil das Auto aus Sicht der Allgemeinheit die augenscheinlichste Verbindung zum Ölmarkt ist, wurde diese Argumentation auch so akzeptiert.
Nun sind wir aber nicht ganz aus der Pandemie raus, da viele Nationen noch einige restriktive Maßnahmen fortführen. Auch Deutschland verabschiedete sich erst kürzlich, jedoch nicht gänzlich, von den Beschränkungen. Die Ölpreise sind jedoch auf deutlich höheren Ebenen unterwegs. Die Pandemie wurde dann als Erklärung von der Ukraine-Krise abgelöst, was mit einer Reihe von markanten Anstiegen der Ölwerte korrelierte. Angebotsknappheit machte sich breit, da Russland als Öl exportierendes Land bekannt ist. Allerdings fördert Russland „nur“ 12% des globalen Öl-Outputs. Die Preise stiegen aber um weitaus mehr als diese 12%. Noch immer ist die Krise nicht überwunden und die Kurse nahmen nach dem Höhepunkt drastisch ab.
Während all diese Entwicklungen stattfanden, blieb die OPEC standhaft und änderte nichts an der moderaten Steigerung der Fördermengen, welche ja in der Anfangszeit der Pandemie stark nach unten angepasst wurden. Aktuell sagen die Zahlen International Energy Agency aus, dass der Ölmarkt ein tägliches Produktionsdefizit von 700 000 barrel per day (also Fässer pro Tag) aufweist. Aus der OPEC-Ecke gibt es hier aber keine Signale, dass sich die Produktion in naher Zukunft erhöhen wird. Japan, die USA, Deutschland und andere Staaten haben in den letzten Tagen mehrfach Bitten in Richtung der OPEC geschickt, die Produktion anzukurbeln und besonders die Golf-Staaten erwähnt, die den potenziellen Produktionsausfall russischen Öl auffangen sollen.
Jetzt muss man aber sehen, dass die Top-Förderer keine Wohlfahrtsvereine sind, sondern ebenso nationale Verpflichtungen haben. Die Förderstrategie der Staaten hängt stark mit nationalen Zielen zusammen. Nur weil die Welt Angst vor Ölknappheit hat, können andere Staaten nicht beginnen, den Markt mit ihrer wertvollen Ressource zu fluten. Zwar möchten die Golf-Staaten immer unabhängiger von dem schwarzen Gold werden, sind aber an Berechnungen gebunden, die eben solche externen Schocks nicht vollends abdecken. Dort ist die Überlegung, dass man die Reserven dieser nicht erneuerbaren Energiequelle nicht einfach ausschöpfen möchte – erst recht nicht, um internationale Bedürfnisse zu befriedigen.
Wir können uns also darauf einstellen, dass die OPEC hartnäckig bleibt und ihre strategische Rolle durch das Öl ausweitet. Erleichterung gibt uns allerdings der Ausblick unserer Analyse, in der wir den Markt aktuell in eine größere Korrektur reinlaufen sehen, die hier für Entspannung sorgen sollte. Dass das Angebot auf lange Sicht aber tatsächlich knapp wird und zu massiven Preisanstiegen führt, sehen wir aber trotzdem. Allerdings mit dem Unterschied, dass die Knappheit nicht durch Pandemien, Kriege oder Kartellstrategien bedingt ist, sondern einfach, weil die Ressource, einmal verbrannt, nicht erneuerbar ist.
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