Seit im 16. Jahrhundert die ersten Zuckerrohrableger von den Spaniern in die Karibik gebracht wurden, hat die Pflanze und der aus ihr produzierte Zucker Kuba geprägt. Doch inzwischen muss die Zuckerindustrie dort ums Überleben kämpfen. Während das Land in den 1980er Jahren noch regelmäßig mehr als sieben Millionen Tonnen produzierte, waren es in der letzten Saison nur noch 480 000 Tonnen. Für dieses Jahr fallen die Prognosen sogar noch schlechter aus, steuert Kuba doch auf die schlechteste Zuckerernte seit mehr als 100 Jahren zu, weshalb nicht mehr Zucker exportiert werden soll, als im Land selbst konsumiert wird. Doch was hat die Ernte, die jedes Jahr von November bis Mai stattfindet, so drastisch reduziert?
Schlechte Erntebedingungen
In dieser Saison haben die Landwirte mit besonders schlechten Erntebedingungen zu kämpfen. Es standen ihnen keine oder nicht genügend Unkrautvernichtungsmittel zur Verfügung, sodass durch vermehrten Unkrautwuchs die Zuckerrohrpflanzen nicht nur verdrängt wurden, sondern auch die Erntemaschinen bei ihrer Arbeit behindert werden – sofern sie diese überhaupt ausführen können. Denn seit Wochen herrscht in Kuba eine Benzin- und Diesel-Knappheit, wodurch viele für die Ernte relevante Maschinen gar nicht erst oder nur bedingt zum Einsatz kommen können.
Raffinerien werden geschlossen
Durch die geringen Erntemengen müssen mehr und mehr Zuckerraffinerien geschlossen werden. Diese werden größtenteils noch mit veralteter Technik betrieben, die im besten Falle regelmäßig am Laufen gehalten werden muss. Die Maschinen sind darauf ausgelegt, zwölf Tage am Stück durchzuarbeiten und anschließend zwölf Stunden lang zur Wartung abgeschaltet zu werden, doch dieser Rhythmus kann nur mit ausreichend Nachschub an Zuckerrohr aufrechterhalten werden. Immer wieder mussten die Maschinen außerplanmäßig abgeschaltet werden, weil zu wenig Zuckerrohr geliefert wurde, was zu Schäden in der Mechanik geführt hat. Und diese zu reparieren, ist teuer. Der Staat hat daher veranlasst, dass viele Raffinerien ihre Arbeit einstellen, damit einige wenige von den übrigen Maschinen-Ersatzteilen und den verbleibenden Zuckerrohrlieferungen profitieren können. Während also in der letzten Erntezeit noch 36 Raffinerien in Betrieb waren, sind es laut der kubanischen Regierung in diesem Jahr nur noch 23.
Sanktionen…
Die Gründe für die Probleme der kubanischen (Zucker-)Industrie liegen in den wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen der letzten rund 60 Jahre. Es begann 1960 mit der Entscheidung des damaligen nordamerikanischen Präsidenten Dwight Eisenhower, die Zuckerquoten abzuschaffen, die Kuba bis dahin in den Vereinigten Staaten einen sicheren Markt garantiert hatten. Der Grund: Die kubanische Regierung hatte Besitz im Wert von rund $1 Milliarde von nordamerikanischen Einwohnern und Unternehmen beschlagnahmt. Dieser Entschluss entwickelte sich schließlich zu einem Embargo, einer Handelssperre, welche die Wirtschaft Kubas noch bis heute beeinflusst. Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion im Jahr 1991 verschwand dann ein Hauptabnehmer von kubanischem Zucker und seit den 1990ern fiel der weltweite Zuckerpreis immer weiter, was den damaligen kubanischen Präsidenten Fidel Castro 2002 dazu bewog, immer mehr Zucker-Mühlen schließen zu lassen.
… über Sanktionen
2021 belegte dann auch Donald Trump, der damalige Präsident der Vereinigten Staaten, Kuba mit harten Sanktionen, da er das Land als „Sponsor von Terrorismus“ ansah. Diese Sanktionen wurden von seinem Nachfolger Joe Biden zwar später abgemildert, allerdings nicht vollständig aufgehoben und kosten Kuba Experten zufolge jedes Jahr Milliarden von Dollar aus Einkünften von Devisengeschäften. Und während in den letzten Jahren mit Sicherheit auch die Coronapandemie ihren Beitrag geleistet hat, dürfte in diesem Jahr vor allem der Ausschluss von Hartwährungseinnahmen aus Zuckerexporten Kuba stark einschränken und den Import wichtiger Güter erschweren.
Diese Entwicklungen haben dazu beigetragen, dass sich die kubanische Zuckerindustrie mit immer größeren Schwierigkeiten konfrontiert sieht. So sank die jährliche Zuckerproduktion schließlich in den letzten sechs Jahren von 1.5 Millionen Tonnen auf 0.5 Millionen Tonnen. Inzwischen ist das früher auch als „weißes Gold“ bezeichnete Produkt in Kuba so streng rationiert, dass es zur begehrten Ware auf dem Schwarzmarkt geworden ist.
Im Rahmen unseres Agrarprodukte-Pakets verfolgen wir täglich die Preisentwicklungen am Zuckermarkt und analysieren diese, um fundierte Prognosen zu erstellen. Dabei können die enthaltenen Werte (Kaffee, Mais, Weizen und Zucker) entweder einzeln oder als Gesamtpaket gebucht werden.
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