In den vergangenen Wochen haben wir über den deutlichen Anstieg des Handelsdefizits gesprochen – ausgelöst durch höhere Importe, mit denen Unternehmen möglichen Zöllen zuvorkommen wollten. Bislang spiegelten sich die Folgen dieses Verhaltens vor allem in Verbraucher- und Unternehmensumfragen sowie im Handelsdefizit selbst wider.
Das änderte sich am Dienstag: Die neuesten Daten aus der ISM-Umfrage für das verarbeitende Gewerbe zeigen, dass die Auftragseingänge auf den niedrigsten Stand seit mehr als zwei Jahren gefallen sind. Gleichzeitig stiegen die Lagerbestände auf ein Drei-Jahres-Hoch. Die Hersteller haben schlichtweg deutlich mehr eingelagert, als durch Kundenbestellungen eigentlich nötig gewesen wäre.
Unsere Abbildung macht das deutlich: Die Unternehmen bereiten sich sichtbar auf mögliche Zollfolgen vor. Das Verhältnis der ISM Auftragseingänge im verarbeitenden Gewerbe zu den Lagerbeständen liegt fast auf dem niedrigsten Niveau der letzten 75 Jahre – ein Bereich, der historisch oft mit einer bevorstehenden Rezession in Verbindung gebracht wird.
Wie geht es jetzt weiter? Solange die Zölle nicht im Detail geregelt sind, ist das schwer vorherzusagen – und es könnte sich noch Monate hinziehen. Was wir aber sehen: Viele Hersteller haben sich übermäßig mit bestimmten Waren eingedeckt. Gleichzeitig dürfte die Nachfrage in nächster Zeit eher verhalten bleiben, da sich die Endverbraucher noch mit den Auswirkungen der Zölle arrangieren müssen. Wir rechnen deshalb damit, dass die Lager hoch bleiben und die Auftragseingänge vorerst niedrig ausfallen.
Infolge der vollen Lager werden viele Hersteller in den kommenden Monaten wohl weniger importieren als sonst. Auch wenn dabei eine gewisse Unsicherheit bleibt, dürfte dieser Effekt unterm Strich zu einem Anstieg des BIP führen – und die aktuellen Schwächen, die durch das Handelsungleichgewicht infolge der Zölle entstanden sind, zumindest teilweise ausgleichen.
S&P 500 Update
Gestern haben wir das mögliche Kaufungleichgewicht bei institutionellen CTAs thematisiert – ebenso wie die Hürden für eine nachhaltige Erholung angesichts der aktuell übergeordneten Widerstandsniveaus. Nach Börsenschluss veröffentlichte das Weiße Haus seine endgültigen Zollpläne, die heute im Fokus der Märkte stehen. Aus technischer Sicht ändert sich durch diese Ankündigung allerdings wenig: Der Aufwärtstrend bleibt vermutlich begrenzt, da viele Anleger, die während der jüngsten Verkaufswelle investiert blieben, nun eher nach Ausstiegsmöglichkeiten suchen.
Mit der nun bestehenden Klarheit rund um die Zölle wird der nächste Impuls an den Märkten davon abhängen, wie stark deren erwartete Auswirkungen auf die Unternehmensgewinne eingeschätzt werden. Trotz bestehender Abwärtsrisiken könnte es – angesichts der aktuell überverkauften Marktlage und der extrem negativen Stimmung – zu einer Erholung kommen. Diese Gegenbewegung hätte das Potenzial, deutlich auszufallen, die Kurse näher an ihre gleitenden Wochendurchschnitte zu bringen und die allgemeine Marktstimmung spürbar aufzuhellen.
Allerdings: Angesichts zunehmend schwächerer Konjunkturdaten bleibt das Risiko bestehen, dass eine solche Erholung in den Sommermonaten erneut in Verkaufsdruck mündet – vor allem, wenn sich zeigt, dass die Märkte auf Grundlage sinkender Gewinnschätzungen nach einem tragfähigeren Boden suchen.
Auch wenn der Bruch der aktuellen Trendlinie und die Annäherung der gleitenden Durchschnitte kurzfristig eher als negatives Signal gewertet werden, heißt das nicht automatisch, dass ein aggressiver Bärenmarkt vor der Tür steht. Solche negativen Überschneidungen haben wir in der Vergangenheit schon mehrfach gesehen. Der entscheidende Unterschied zwischen Bewegungen, die in einen größeren Bärenmarktzyklus mündeten, und solchen, die sich letztlich nur als normale Korrektur herausstellten, lag meist darin, ob parallel eine Rezession stattfand oder es zu einem kreditbezogenen Ereignis kam.
Aktuell sehen wir keine klaren Anzeichen für die Entstehung eines echten Bärenmarktes. Deshalb sollten mögliche Erholungen eher genutzt werden, um Risiken im Portfolio neu zu gewichten – ohne dabei in übermäßigen Pessimismus zu verfallen, was die weitere Entwicklung oder die eigene Positionierung betrifft.
Nach dem heutigen Handelstag wird sich zeigen, wie die Märkte auf die neuen Zölle reagieren. Erst dann lässt sich auch aus technischer Sicht besser beurteilen, welche nächsten Schritte sinnvoll sind.
Das Problem mit 50-USD-Ölpreisen
Die Dallas Fed führt vierteljährlich eine Umfrage unter Energieproduzenten durch. In der Ausgabe für das erste Quartal 2025 wurden gezielt Fragen zu den kostendeckenden Preisen für Rohöl der Sorte WTI gestellt.
Eine zentrale Frage lautete: Welcher Ölpreis ist notwendig, um den laufenden Betrieb bestehender Bohrungen wirtschaftlich aufrechtzuerhalten? Die Antworten – sowohl im Schaubild als auch im begleitenden Zitat – liefern interessante Einblicke.
Im Durchschnitt lag der genannte Preis bei rund 41 USD pro Barrel – ein leichter Anstieg gegenüber dem Vorjahr (39 USD). Regional variieren die Schwellenwerte, die zur Deckung der Betriebskosten erforderlich sind, zwischen 26 und 45 USD pro Barrel. Die gute Nachricht: Nahezu alle Befragten gaben an, dass sie bei den aktuellen Marktpreisen in der Lage sind, ihre bestehenden Ölquellen kostendeckend zu betreiben.
Eine zweite Frage bezog sich auf den Ölpreis, der notwendig ist, um neue Bohrungen wirtschaftlich zu rechtfertigen. Die durchschnittliche Antwort lag bei 65 USD pro Barrel – ein leichter Anstieg gegenüber dem Vorjahr, als der Wert noch bei 64 USD lag.
Das nachfolgende Schaubild zeigt die durchschnittliche Preisspanne, die von den Befragten genannt wurde: Sie reicht von 61 bis 70 USD pro Barrel.
Welche Folgen hätte es also, wenn Donald Trump – wie angekündigt – die Ölpreise auf 50 USD pro Barrel drücken würde? Die Antworten aus der Umfrage zeichnen ein klares Bild der möglichen Auswirkungen:
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„Es kann keine ’Energiedominanz der USA’ geben und gleichzeitig einen Ölpreis von 50 USD pro Barrel – diese beiden Vorstellungen widersprechen sich grundlegend.“
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„Bei einem Preis von 50 USD pro Barrel würde die US-Ölproduktion unmittelbar und wahrscheinlich deutlich zurückgehen – um mindestens eine Million Barrel pro Tag innerhalb weniger Quartale.“
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„Das politische Chaos in Washington ist eine Katastrophe für die Rohstoffmärkte.“
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„‚Drill, baby, drill‘ ist nicht mehr als ein Mythos – ein populistischer Slogan ohne Substanz.“
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„In über 40 Jahren in dieser Branche habe ich noch nie so viel Unsicherheit über die Zukunft unseres Geschäfts gespürt.“
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„Die geopolitischen Spannungen weltweit und die unklaren wirtschaftlichen Folgen der aktuellen Zollpolitik sprechen dafür, Investitionen deutlich zurückzufahren.“