Das Fraser Institut hat nachgerechnet: 338 neue Minen sind weltweit erforderlich, um die wachsende Nachfrage nach Batteriemetallen zu decken und die aktuellen Ziele verschiedener Regierungen zur Elektrifizierung des Straßenverkehrs zu erreichen.
Kenneth Green, Senior Fellow am Fraser Institute und Autor einer neuen Studie zur Metallnachfrage im Zusammenhang mit Elektroautos, sieht das Erreichen dieser Ziele als gefährdet an. "Der schiere Umfang des Bergbaus, der zur Erfüllung der EV-Vorschriften erforderlich ist, wirft ernsthafte Fragen zu den von den Regierungen vorgegebenen Zeitplänen auf".
Denn die Zeit wird knapp. In der EU sollen ab 2035 nur noch Fahrzeuge zugelassen werden, die als CO2-frei gelten. Auch in Kanada sollen bis dahin nur noch emissionsfreie Autos auf die Straßen gelangen – also Elektro- oder Wasserstoff-Brennstoffzellenfahrzeuge. In den USA soll der Anteil dieser Fahrzeuge bis 2030 auf 50 % steigen.
Zahl der Minen in Nordamerika müsste sich mehr als verdoppeln
Die Studie des Fraser Institutes berechnet aus den Zielen verschiedener Regierungen die daraus resultierende Nachfrage nach Metallen. Dabei geht die Analyse für ein typisches Elektroauto von etwa 40 Kilogramm Nickel, 50 Kilogramm Kupfer und 10 Kilogramm Lithium aus.
Der Bericht sieht zwei Möglichkeiten: Entweder sinkt die benötigte Menge an Metallen durch technischen Fortschritt – oder das Angebot muss drastisch und schnell ausgebaut werden. "Sofern es keine bahnbrechenden Entwicklungen in der Batterietechnologie gibt, wird diese massive und schnelle Ausweitung der Produktion batterieelektrischer Fahrzeuge eine entsprechend massive und schnelle Ausweitung des Abbaus und der Raffinierung der Metalle und Seltene Erdenelemente erfordern, die für die Technologie batterieelektrischer Fahrzeuge von entscheidender Bedeutung sind".
Was das konkret bedeutet, zeigt ein Blick auf die aktuellen Kapazitäten des Bergbaus. Laut Internationaler Energieagentur (IEA) benötigt die Welt ausgehend von den aktuell gültigen politischen Beschlüssen 50 neue Lithiumminen, 60 neue Nickelminen und 17 neue Kobaltminen. Laut Fraser Institute werden für die in der Kathodenproduktion benötigten Materialien 50 weitere neue Minen benötigt. Anodenmaterialien benötigen 40 neue Minen, Batteriezellen 90 und Elektrofahrzeuge selbst 81 neue Minen.
Die Rohstoffe können reichen – die Zeit nicht
Insgesamt ist die Lücke damit so groß wie die Produktion von 388 neuen Minen. Zum Vergleich: 2021 gab es in den USA und Kanada zusammen lediglich 340 Minen. Innerhalb kurzer Zeit wäre also mehr als eine Verdopplung notwendig. Dabei weist auch der Bericht auf den Umstand hin, dass die Entwicklung einer neuen Mine von der Entdeckung über die Genehmigung bis zur Produktion in der Regel etwa 15 Jahre dauert.
Die Zeit scheint eher knapp zu werden als die Rohstoffe an sich. In jüngster Vergangenheit wurden mehrere riesige Lagerstätten entdeckt, deren Ausbeutung allerdings noch auf sich warten lassen dürfte. So wurden in einem Vulkankrater im Grenzbereich der Bundesstaaten Oregon und Nevada offensichtlich Tonsteine mit einem Lithiumgehalt von 20-40 Mio. entdeckt. Die Lagerstätte könnte damit die Vorkommen Boliviens – mit 23 Mio. t die bislang größten nationalen Reserven der Welt – übertreffen.
In Schweden wurden zu Beginn des Jahres große Vorkommen an Seltenen Erden entdeckt. Norwegen vermeldete vor seiner Küste große Mengen Seltene Erden, Kupfer und Kobalt. Diese Liste ließe sich noch länger fortsetzen: Die Entdeckung neuer Lagerstätten scheint nicht das Problem zu sein.
Sind die Preissignale noch zu schwach?
Das Problem besteht vielmehr in einer immer noch zu geringen Aktivität im Bergbau. Diese lässt sich auch auf die Preisentwicklung vieler Metalle zurückzuführen, die nicht zu dem Szenario eines gravierenden und dauerhaften Nachfrageüberhangs zu passen scheinen.
So hat der Preis für Lithium in diesem Jahr (von hohem Niveau aus) um rund 75 % nachgegeben. Auch die Preise für Nickel und Kobalt sind zuletzt deutlich gesunken. Der Kupferpreis notiert rund ein Viertel unter seinen Hochs. Dies liegt auch daran, dass die aktuelle Nachfrage nach Elektrofahrzeugen schwächer ausfällt als prognostiziert.