Tesla (NASDAQ:TSLA) CEO Elon Musk betätigt sich in jüngster Zeit häufiger als Volkswirt. Vor einigen Wochen äußerte er seine Besorgnis über eine Konjunkturflaute. Nun sieht Musk die Inflation im Rückwärtsgang. Der Grund: Die Rohstoffpreise des Autobauers tendieren nach unten.
Mit seiner Auffassung ist der streitbare Pionier nicht allein. Eine Reihe von Gründen sprechen dafür, dass die Rohstoffpreise zunächst nicht weiter steigen. Der wichtigste Grund ist China.
Wie Musk kürzlich auf Twitter (NYSE:TWTR) mitteilte, erwartet er eine nach unten tendierende Inflation. Seiner Feststellung zufolge fallen mehr der durch Tesla benötigten Rohstoffe im Preis, als dass es Preissteigerungen gibt. Musk geht deshalb davon aus, dass die Inflation gegen Ende des Jahres zurückgehen wird.
Bloomberg: Erste Zeichen für Überangebot auf dem Rohstoffmarkt
Auch der Bloomberg Autor David Fickling merkte kürzlich an, dass es erste Anzeichen für Überangebot auf dem Rohstoffmarkt gebe.
- Die Preise für Chicagoer Weizen Futures seien in den letzten zwei Monaten um fast ein Drittel gefallen.
- Der Preis für Palmöl sei im selben Zeitraum um 40 % zurückgegangen.
- Zucker notierte zuletzt auf dem niedrigsten Preis seit einem Jahr.
Auch im Energiebereich sieht Fickling Anzeichen einer Entspannung. Die Benzinvorräte in den USA steigen aktuell – und zwar zu einem Zeitpunkt im Jahr, an dem hier normalerweise ein Rückgang zu beobachten ist.
Hohe Lagerbestände macht der Experte denn auch als wichtigsten Indikator für eine Atempause an den Rohstoffmärkten aus. So seien die in Chinas Häfen lagernden Bestände an Eisenerz zuletzt deutlich gestiegen – bis über den saisonalen Fünfjahresdurchschnitt hinaus. Auch die chinesischen Kohlebestände lagen zuletzt auf dem höchsten Stand seit 2016.
Fickling merkt allerdings auch an, dass die Überschüsse des vergangenen Jahrzehnts noch in weiter Ferne liegen und die Bestände der meisten Rohstoffe immer noch deutlich niedriger sind als im langfristigen Durchschnitt. Die jüngsten Änderungen sind den Analysten zufolge jedoch ein Signal für eine mögliche Trendwende.
Chinas Wirtschaftsmodell stottert: Geraten Rohstoffe unter Druck?
Einer der wesentlichen globalen Nachfrager nach zahlreichen Rohstoffen ist China. Asiens führende Volkswirtschaft hat mehrere Jahrzehnte rasanten Wachstums hinter sich. Doch dieses Wachstum gerät ins Stottern.
Entscheidungen der Staatsregierung – etwa zum Vorgehen gegen missliebige Milliardäre –, eine im internationalen Vergleich ausgesprochen rigorose Coronapolitik und eine handfeste Krise auf dem Immobilienmarkt setzen jedoch auch Chinas Wachstumsmaschine unter Druck.
So brachen die Energieimporte laut einem Bloomberg Bericht im Juni deutlich ein. Im ersten Halbjahr gab es einen Rückgang bei den Importen von Rohöl, Gas, Kohle, Eisenerz und Palmöl. Lediglich Kupfer wurde stärker nachgefragt.
Das chinesische Wirtschaftswachstum dürfte in diesem Jahr im Bereich von 3,9 % liegen – und damit nicht einmal halb so hoch wie im Jahr zuvor. Dies wirkt sich auf die Ölimporte aus. Derzeit ist wahrscheinlich, dass es in diesem Gesamtjahr einen Rückgang gibt. Abgesehen vom Coronajahr 2021 gab es das seit 2005 nicht mehr.
Auch bei Gas und Kohle wird ein Rückgang erwartet. So soll die importierte Gasmenge um 5,5 % auf 158 Milliarden m³ sinken. Besonders betroffen ist die Nachfrage nach Flüssigerdgas, die um bis zu 15 % zurückgehen könnte.
Rückläufige Importe bei Öl, Gas, Kohle und Eisenerz
Der Rückgang der Kohleimporte ist allerdings nicht nur auf die schwächere Wirtschaft zurückzuführen. China hat den heimischen Abbau von Kohle deutlich gesteigert und gleichzeitig Preisobergrenzen eingeführt. Aufgrund der hohen Weltmarktpreise sind Importe deshalb unrentabel. Nicht zuletzt deshalb werden die chinesischen Kohleimporte dieses Jahr laut der China Coal Transportation and Distribution Association um 22 % auf 250 Millionen t sinken.
Auch auf anderen Rohstoffmärkten fällt die chinesische Nachfrage schwach aus – etwa bei Eisenerz. Nach einem Rückgang im Jahr 2021 liegen die Importe im Juni 2022 rund 4 % unter denen des Vorjahres.
Dies ist zum Teil auf politische Entscheidungen zurückzuführen. Die Regierung hatte Stahlwerken eine Produktionsdrosselung auferlegt um die CO2-Emissionen einzudämmen. Auch wenn langfristige Infrastrukturausgaben die Nachfrage nach Eisenerz wieder steigen lassen dürften, wirkt kurzfristig der Nachfragerückgang aus dem schwächelnden Immobilienmarkt dämpfend.
Die Kupferimporte dagegen stiegen – möglicherweise auch, weil Händler Arbitragemöglichkeiten im Handel zwischen Shanghai und London ausnutzen.
Die schwächere chinesische Wirtschaft fällt mit einer (bislang technischen) Rezession in den USA und einer vielen Risiken ausgesetzten Konjunktur der Eurozone zusammen. Allein schon deshalb spricht vieles dafür, dass Musk Recht behält und die Rohstoffpreise ihren Höhenflug zunächst beenden – und damit auch die Inflation zumindest temporär zurückgeht.