Letzte Woche stimmte die OPEC+ einer Kürzung der Fördermengen um 2 Millionen Barrel pro Tag für November und Dezember zu. Die jetzt beschlossene Menge der Kürzung fällt tatsächlich leicht höher aus, als im Vorfeld des Treffens verlautbart wurde. Die getroffene Entscheidung hatte unmittelbare Auswirkungen auf die Ölpreise. Allerdings ergeben sich auch einige wichtige marktseitige, politische und geopolitische Auswirkungen auf die Ölpreise, die Händler in den kommenden Monaten im Auge behalten sollten.
Was die erste Marktreaktion zeigt
Die Ölpreise reagierten umgehend und äußerst heftig auf die Meldung von Anfang Oktober. Ende letzter Woche erlebten sowohl die Referenzsorte WTI als auch die Sorte Brent starke Preisausschläge nach oben. WTI stieg von 80 USD pro Barrel auf fast 93 USD pro Barrel. Die Nordseesorte Brent verteuerte sich von 85 USD je Barrel auf fast 98 USD je Barrel. Der Markt konnte diese Kursgewinne Anfang dieser Woche jedoch nicht halten, da viele Händler eine globale Rezession und steigende Corona-Zahlen in China befürchten. Beide Faktoren könnten sich negativ auf die Rohölnachfrage auswirken, weshalb der Preis für ein Barrel der Sorte WTI auf 87 USD zurückfiel. Auch Brent-Öl verbilligte sich bis zum Börsenschluss am Mittwoch wieder auf 92 USD.
Die Marktreaktion in dieser Woche zeigt, dass die Sorgen der OPEC+ über eine Abschwächung der globalen Nachfrage nicht unbegründet sind.
Wie sich der Schritt der OPEC+ auf den Markt auswirken wird
Wie ich bereits letzte Woche in meiner Kolumne geschrieben habe, produzieren viele OPEC+-Mitglieder weit unter den ihnen zugewiesenen Quoten. Daher werden viele Länder ihre Fördermengen nicht wirklich kürzen. Der Deal beinhaltet keine zusätzlichen Kürzungen von Produzenten wie Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und dem Irak, die auf oder in der Nähe ihrer Quoten produzieren. Damit wird die tatsächliche Ölmenge, die ab November dem Markt nicht mehr zur Verfügung stehen wird, deutlich unter 2 Mio. Barrel pro Tag liegen. Der saudische Ölminister Abdulaziz bin Salman glaubt, dass die tatsächliche Förderkürzung zwischen 1 Million und 1,1 Millionen Barrel Öl pro Tag liegen wird.
Dies hängt jedoch davon ab, ob die Produzenten ihre Verpflichtungen einhalten. Schon jetzt sieht es so aus, als würde der Irak seine Produktion nicht in voller Höhe kürzen. Einem Bericht des Wall Street Journal zufolge äußern irakische Politiker bereits ihre Besorgnis über die Kürzung. Der Spitzenkandidat für das Amt des nächsten irakischen Premierministers hat öffentlich erklärt, dass der Irak es sich nicht leisten könne, die Ölförderung zu drosseln. Er beabsichtige daher, die OPEC zu bitten, „den Anteil des Irak an der Gesamtförderobergrenze der OPEC zu überdenken“. Dem Bericht zufolge wird diese Einschätzung von anderen irakischen Vertretern geteilt. Laut S&P Global produzierte der Irak im September 4,5 Millionen Barrel pro Tag, was knapp unter seiner Quote von 4,66 Millionen Barrel pro Tag lag. Daher müsste der Irak seine Produktion ab November um 220.000 Barrel pro Tag kürzen. In der Vergangenheit hat der Irak seine Quoten oft übererfüllt. Es ist daher wahrscheinlich, dass der Irak einige Anstrengungen unternehmen wird, seine Produktion zu drosseln. Allerdings dürfte die Drosselung der Fördermenge wesentlich geringer ausfallen, als es seine Förderquote eigentlich verlangen würde. Händler sollten daher bedenken, dass die Einhaltung der Drosselung wahrscheinlich nicht zu 100 % umgesetzt wird.
Wie sich die Reaktion der USA auf die OPEC+-Entscheidung auf den Markt auswirken könnte
Berichten zufolge haben US-Politiker Saudi-Arabien und andere Produzenten im Nahen Osten unter Druck gesetzt, die Produktionsquoten nicht zu kürzen. Allerdings schienen die US-Bemühungen auf wenig Gegenliebe zu stoßen. US-Präsident Biden hat der OPEC+, insbesondere Saudi-Arabien, nun „Konsequenzen“ für die Entscheidung angedroht. Bisher blieb allerdings unklar, wie diese aussehen könnten und ob sie für den Ölmarkt von Bedeutung sein werden. Ein Thema, das diskutiert wird, ist die Wiederbelebung der NOPEC-Gesetzgebung. Bei Verabschiedung würde es dem Generalstaatsanwalt ermöglicht, OPEC-Produzenten wegen wettbewerbswidriger Praktiken zu verklagen. Dies könnte den globalen Ölmarkt stören und möglicherweise die Ölpreise erhöhen. Allerdings gilt dieser Schritt als höchst unwahrscheinlich. Andere mögliche Reaktionen werden sich wahrscheinlich nicht auf den Ölmarkt auswirken.