Angesichts der relativen Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft gegenüber stark erhöhter Nominalzinsen und anhaltend hoher Inflation haben die meisten großen Zentralbanken ihre Schätzungen für den langfristig neutralen Realzins um etwa 0,5 Prozentpunkte nach oben revidiert. Dies deutet unserer Ansicht nach darauf hin, dass sich die Zinssenkungen der EZB letztlich in Grenzen halten werden, mit drei Zinssenkungen um 25 Basispunkte in diesem Jahr, beginnend nächste Woche, wodurch die Zinsen bis Juni auf 2,0 % sinken werden. Es besteht jedoch das Risiko, dass sich die Konjunkturschwäche auf andere Teile der Eurozone ausweitet (z.B. Italien, Mittel- und Osteuropa), so dass die EZB aggressiver reagieren und die Zinsen auf ein akkommodierendes Niveau senken könnte. Die EZB könnte eher zu aggressiven Zinssenkungen neigen, um eine zu niedrige Inflation zu vermeiden und die Notwendigkeit unkonventioneller geldpolitischer Maßnahmen zu umgehen.
Schwächeres Lohnwachstum deutet auf begrenzte hausgemachte Inflation hin
Der vorausschauende Lohnindikator der EZB deutet auf eine deutliche Verlangsamung auf ein Niveau vor dem Inflationsanstieg nach der Pandemie hin. Tatsächlich könnte ein Lohnwachstum auf dem Niveau vor 2020 dazu führen, dass die Inflation wieder unter das Ziel fällt. Die Aussicht auf einen Handelskrieg mit den der USA, dessen negative Auswirkungen auf die Stimmung und der begrenzte Spielraum für Vergeltungsmaßnahmen deuten darauf hin, dass die Inflation im Euroraum durch Zölle nur in begrenztem Maße nach oben getrieben wird. Deutlichere Anzeichen für ein Nachlassen der hausgemachten Inflation schaffen Raum für weitere Zinssenkungen der EZB. Allerdings sind die Energiepreise Anfang 2025 aufgrund relativ niedriger Lagerbestände und des kälteren Winterwetters gestiegen. Dies wird die Inflation im Laufe des Jahres automatisch nach oben treiben, so dass die Inflationsrate über 2 % bleiben dürfte.