Es wird nicht erwartet, dass der Fed-Offenmarktausschuss (Federal Open Market Committee, FOMC) nach seiner zweitägigen Sitzung in dieser Woche Änderungen an der Geldpolitik bekanntgeben oder gar konkrete Richtlinien darüber ausgeben wird, ab wann er seine Käufe von Wertpapieren auslaufen lassen wird, um dann die Zinsen anzuheben.
Wirtschaftswissenschaftler erwarten von den Fed-Mitgliedern, dass sie ihre Sicht auf das Wirtschaftswachstum bestätigen und den Anlegern wie in den letzten Monaten versichern, dass sie die geldpolitischen Anreize erst dann aufgeben werden, wenn sich die Beschäftigungssituation erheblich verbessert hat, was auch strukturelle Korrekturen am Arbeitsmarkt umfasst. Die Inflation, so das Mantra, sei kein Problem.
Larry Lindsey, der in den 1990er Jahren der Direktor des Nationalen Wirtschaftsrats unter Präsident George W. Bush und Gouverneur der Fed war, glaubt, dass die Fed das Inflationsrisiko unterschätzt. Die Nachfrage wird durch massive Staatsausgaben befeuert, die im nächsten Jahr vor den Zwischenwahlen zum Kongress wahrscheinlich nicht zurückgehen werden, während das Angebot zunehmend durch Engpässe eingeschränkt ist.
Darüber hinaus umfasst dieser Mangel seiner Ansicht nach qualifizierte Arbeitskräfte. Fed-Vertreter wollen vielleicht die Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt verbessern, aber sie können den ungelernten Arbeitskräften nicht die Ausbildung geben, die sie brauchen, um das zu leisten, was die Unternehmen brauchen. Dies bedeutet, dass Unternehmen höhere Löhne anbieten müssen, um die gewünschten Arbeitskräfte einzustellen und dem Bestreben der Fed nach maximaler Beschäftigung auf breiter Front könnte somit die Inflation einen Strich durch die Rechnung machen.
Lindsey, der an der Harvard University in Wirtschaftswissenschaften promoviert hat, geht davon aus, dass die Rendite der amerikanischen 10-Jahresanleihe - ein Maß für die Inflationsangst der Anleger - bis Ende des Jahres mindestens 3% betragen wird - ungefähr doppelt so viel wie jetzt.
So etwas bekommen wir von Fed-Chef Jerome Powell sicherlich nicht zu hören, wenn er am Mittwoch mit den Medien spricht. Er wird über die Vorteile fiskalischer Anreize, das Vorhandensein von Abwärtsrisiken, die Notwendigkeit maximaler Beschäftigung und das Engagement der Fed sprechen, den Kurs zu halten, selbst wenn die Inflation ansteigt.
Die Bank of Canada hat letzte Woche beschlossen, ihre wöchentlichen Anleihekäufe um 1 Mrd. CAD auf 3 Mrd. CAD zu reduzieren und darauf hingewiesen, dass die Wirtschaft bis zur zweiten Hälfte des nächsten Jahres möglicherweise eine Zinserhöhung benötigt. Einige Analysten betrachteten den Schritt der kanadischen Zentralbank als Ausreißer, andere glauben jedoch, dass dieser eine Vorschau darauf sein könnte, wozu alle großen Zentralbanken gezwungen sein werden.
Die kanadische Zentralbank hat ein einfaches Mandat, die Inflation auf 2% zu begrenzen, aber die BoC prognostiziert jetzt eine Teuerung von 2,4% bis zum vierten Quartal 2023.
Die Europäische Zentralbank hingegen erhöhte ihre Anleihekäufe im März auf 74 Mrd. Euro, von 60 Mrd. bzw. 53 Mrd. Euro in den ersten beiden Monaten des Jahres. EZB-Präsidentin Christine Lagarde sagte, die Zentralbank der Eurozone werde die höhere Kaufrate beibehalten, um die lahmende europäische Wirtschaft zu unterstützen. Bis März nächsten Jahres sind 1,85 Billionen Euro für den Kauf von Vermögenswerten vorgesehen.
Die USA werden am Donnerstag eine vorläufige Schätzung für das BIP-Wachstum im ersten Quartal bekannt geben. Im Durchschnitt sagen die Prognosen eine Expansion um 6,5% voraus, nach 4,3% im Vorquartal. Die Ökonomen von ING (AS:INGA) meinen jedoch, die Wachstumsrate könnte auf Jahresbasis 7% übersteigen und in den verbleibenden Quartalen dieses Jahres zweistellig werden. Sie sehen auch eine Inflationsrate von fast 4% im Mai.
Wenn sie auch nur annähernd richtig liegen, könnte diese Art von Daten die Fed dazu zwingen, stärker darüber nachzudenken, ihre Wertpapierkäufe zu reduzieren und ihre Prognose für Zinserhöhungen vorzuziehen. Und die Fed hat auf die harte Tour gelernt, dass sie den Anlegern ihre Absichten rechtzeitig mitteilen muss. Da die nächste FOMC-Sitzung für Mitte Juni angesetzt ist, könnte das geldpolitische Treffen in dieser Woche das letzte vor dem großen Sturm sein.
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