Und wieder bezeichnet jemand den neuen Inflationsplan der Federal Reserve als "gefährlich". Und diesmal ist es nicht Larry Summers. Jetzt sind es zwei britische Ökonomen.
Ihr Artikel für OMFIF über die aktuelle Politik der US-Zentralbank trug die Überschrift "Das gefährliche Experiment der Fed". Tim Congdon, ein bekennender Monetarist, ist der Vorsitzende des Institute of International Monetary Research an der Universität von Buckingham und Co-Autor Juan Castañeda arbeitet ebenfalls dort. Sie warnen davor, dass die "Explosion" des Geldmengenwachstums einen erheblichen Anstieg der Inflation befürchten lässt.
"Aber die meisten Ökonomen – an Universitäten und Forschungsabteilungen der Zentralbanken – ignorieren den Faktor Geld in ihren Inflationsanalysen", sagen die Autoren.
"Stattdessen greifen sie auf neukeynesianische Modelle zurück, in denen der Inflationstrend durch die Inflationserwartungen und Änderungen der Inflationsrate durch die Produktionslücke bestimmt werden."
Die Autoren führen diesen Ansatz auf einen Grundsatzartikel aus dem Jahr 1999 zurück, der von Richard Clarida mitverfasst wurde. Und genau dieser Ökonom von der Columbia University ist heute stellvertretender Vorsitzender der Fed. Dem neukeynesianischen Ansatz folgend, gehört Clarida zu denjenigen, die sich auf die gedämpften Inflationserwartungen verlassen, die sich in den Renditeunterschieden bei Anleihen und der Beschäftigung unterhalb des Höchststands vor der Pandemie ausdrücken, was auf eine negative Produktionslücke hindeutet.
Fed-Mantra: Inflation "vorübergehend", aber die Politiker und Ökonomen werden skeptisch
"Aber die Neukeynesianer haben Schwierigkeiten, den bereits eingetretenen Inflationsanstieg zu erklären, und glauben möglicherweise zu selbstgefällig, dass der Aufwärtsdruck auf die Preise bald nachlassen wird", sagen Congdon und Castañeda.
Der Vorsitzende der Fed, Jerome Powell, predigte dennoch letzte Woche das Mantra der Zentralbank in seiner Anhörung vor dem Unterausschuss des Repräsentantenhauses zur Coronavirus-Krise. Er bekräftigte die Haltung der Fed, dass die jüngst höheren Inflationswerte auf die gedrückten Preise vor einem Jahr und "vorübergehende Angebotseffekte" zurückzuführen seien.
Bei einer Befragung räumte Powell ein, dass "diese Effekte stärker waren, als wir erwartet hatten". Eine wachsende Zahl von Skeptikern fragt sich, was passiert, wenn die Inflation höher bleibt als erwartet.
"Unserer Einschätzung nach wird die US-Verbraucherpreisinflation noch mehrere Quartale zwischen 5 und 10% liegen", schreiben die britischen Monetaristen. "Außerdem muss die Fed die Ankäufe von Vermögenswerten einstellen und das jährliche Geldmengenwachstum auf 5% oder weniger dämpfen, um zu Inflationsraten von nahe 2% zurückzukehren."
Aber eine solche geldpolitische Straffung scheint nicht in Sicht. Trotz der Unabhängigkeit der Fed sind Powell und seine Kollegen im Offenmarktausschuss der Fed (Federal Open Market Committee, FOMC) eindeutig nicht immun gegen den Einfluss aus der Politik.
Carolyn Maloney, eine hochrangige Kongressabgeordnete für New York, hatte letzte Woche keine Hemmungen, der Fed einen Warnschuss vor den Bug zu setzen, nachdem der Dot-Plot der Wirtschaftsprognosen gezeigt hatte, dass die FOMC-Mitglieder jetzt frühere Zinserhöhungen für möglich halten.
"Die Fed sollte sehr vorsichtig sein, die Konjunktur zu bremsen", sagte Maloney, eine ehemalige Vorsitzende des Gemeinsamen Wirtschaftsausschusses des Kongresses, in einem Interview mit der Financial Times.
"Der wichtigste Punkt, den ich ansprechen möchte, ist, dass wir aus einer wirtschaftlichen Depression herauskommen. Das Allerletzte, was wir jetzt brauchen, ist, dass die Fed die Geldpolitik zu schnell strafft und uns gleich wieder in eine Rezession schickt."
Man könnte sich fragen, ob die Vorhersage einer Zinserhöhung für 2023 wirklich eine Straffung der Geldpolitik ist, aber die Politiker scheinen die Absicht zu haben, die Fed-Mitglieder bei der Stange zu halten, damit sie nicht von der vorherrschenden konventionellen Weisheit abweichen.
Der New Yorker Fed-Chef John Williams, der einzige Regionalbankchef, der im FOMC immer stimmberechtigt ist, versuchte letzte Woche, den Anlegern zu versichern, dass die Botschaft aus Washington gehört wurde.
"Es ist klar, dass sich die Wirtschaft rasant verbessert und die mittelfristigen Aussichten sehr gut sind", sagte Williams während einer virtuellen Veranstaltung für die Midsize Bank Coalition of America. "Aber die Daten und Rahmenbedingungen haben nicht derartige Fortschritte gemacht, dass das FOMC seine geldpolitische Haltung einer starken Unterstützung für die wirtschaftliche Erholung ändern könnte."
Aber ein Ökonom der New York University, der für seine düsteren Prognosen berühmt ist, Nouriel Roubini, ist weit weniger zuversichtlich. Die Verlagerung des Schwerpunkts der Fed auf Beschäftigung und soziale Gerechtigkeit, die eine höhere Inflationstoleranz mit sich bringt, werde ihre Hände binden, wenn sich der Preisdruck als viel anhaltender als erwartet herausstellt, sagt er.
"Wir werden im Laufe der Zeit eine hohe Inflation und eine Lohn-Preis-Spirale bekommen", sagte Roubini auf Yahoo Finance Live.
"Und die Fed kann nicht straffen, da es so viele Schulden im System gibt. Sollten sie vorschnell eine Straffung der Geldpolitik durchführen, bricht das System zusammen. Sie stecken also in einer Schuldenfalle."
Im Jahr 2006 warnte Roubini richtigerweise davor, dass ein Zusammenbruch der Immobilienpreise zu einer längeren Rezession führen würde, und auch in seiner Warnung im Februar 2020, dass die Märkte in Bezug auf das Coronavirus zu selbstgefällig seien, traf er eine Reihe zutreffender Vorhersagen.
Dieser Neukeynesianer steht am anderen Ende der Wirtschaftstheorie der britischen Monetaristen, teilt aber deren Befürchtung, dass die Inflation zurück ist und nicht so bald wieder verschwinden wird.