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Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) hat vorgestern die Markterwartungen weitestgehend erfüllt. So wurde verkündet, dass der Leitzins unverändert bleibt und die Anleihekäufe in der bisherigen Höhe fortgesetzt werden. An diesen Beschlüssen bestand im Vorfeld kaum ein Zweifel. Zudem räumte Fed-Chef Jerome Powell auf der Pressekonferenz ein, dass man über die Anleihekäufe diskutiert habe. Diese Änderung von einem „darüber nachdenken“ hin zu einem „darüber reden“ hatte der Markt auch erwartet. Im Statement des Federal Open Market Committee (FOMC) zu den geldpolitischen Beschlüssen gab es zudem nur kleine Änderungen. Dabei wurde der Text an zwei Stellen lediglich an die aktuellen Gegebenheiten angepasst.
Nun heißt es, dass Fortschritte bei den Impfungen die Auswirkungen der Krise im Bereich der öffentlichen Gesundheit auf die Wirtschaft wahrscheinlich weiter verringern werden, jedoch Risiken für die Wirtschaftsaussichten bestehen bleiben. Mit diesen Risiken hat die Fed aus meiner Sicht das Festhalten an den bisherigen Maßnahmen begründet.
An zweiter Stelle heißt es nun: „Da die Inflation dieses längerfristige Ziel dauerhaft unterschritten hat, wird der Ausschuss für einige Zeit eine Inflation von moderat über 2 Prozent anstreben, damit die Inflation im Zeitverlauf durchschnittlich 2 Prozent beträgt und die längerfristigen Inflationserwartungen bei 2 Prozent fest verankert bleiben.“ Am 28. April hieß es hier noch: „Da die Inflation dauerhaft unter diesem längerfristigen Ziel liegt, …“. Einige Experten sahen in dieser Änderung bereits einen Hinweis auf eine bald straffere Geldpolitik. Doch Ende April lag die jährliche Inflation zwar schon bei 2,6 % im März, die Kerninflation aber noch bei „nur“ 1,6 %. Inzwischen legten die Raten auf 5,0 % bzw. 3,8 % im Mai zu (siehe auch Börse-Intern vom 10. Juni).
Ich sehe es daher so, dass die Notenbank hier umformulieren musste, um das Statement an die neue Inflations-Realität anzupassen.
Einen klaren Hinweis darauf, dass die Fed den Fuß schneller vom Gaspedal nimmt als bislang suggeriert, gab es aber bei den sogenannten „dot plots“ (siehe folgende Grafik). Denn diese haben sich dahingehend verschoben, dass in 2023 nun statt einer Zinsanhebung bereits zwei um jeweils 0,25 Prozentpunkte gesehen werden. Hatten bisher 7 von 18 FOMC-Mitgliedern eine erste Zinserhöhung bereits vor Ende 2023 erwartet (siehe auch vorgestrige Börse-Intern), so sind es nun 13. Und 7 Mitglieder sehen schon im kommenden Jahr eine Zinsanhebung, nach 4 im März. Das ist eine stärkere Neigung zu frühzeitigeren Zinsanhebungen, als es die Marktteilnehmer erwartet hatten.
Außerdem erwartet die Fed, dass die Inflation in diesem Jahr im Durchschnitt bei 3,4 % liegen wird. Ihre bisherige Prognose lag bei 2,4 %. Auch das ist eine größere Anpassung, als man sie erwartet hatte. Denn Marktexperten gingen von einer Anhebung auf 2,7 % aus. Die Wachstumsprognose für 2021 wurde von 6,5 % auf 7,0 % angehoben. Und im Median sehen die Notenbank-Mitglieder den Leitzins nun in 2023 bei 0,6 %, was in diesem Jahr zwei Zinsanhebungen um jeweils 0,25 Prozentpunkte bedeuten würde.
Während ich vorgestern mit manuellen Mitteln eine ganze Weile brauchte, um diese Informationen zu sammeln und einzuordnen, waren die Computerprogramme großer Investoren deutlich schneller. Sie reagierten auf die Veränderungen bei den „dot plots“ und den Projektionen mit sofortigen Verkäufen an den Aktienmärkten. Zudem zeigte der Dollar deutliche Stärke und die Anleiherenditen machten einen ordentlichen Satz nach oben.
Auf der Pressekonferenz konnte der Fed-Chef die Märkte allerdings sehr schnell beruhigen, so dass die Aktienkurse ihre anfänglichen Verluste im Verlauf der Erläuterungen Powells weitestgehend aufholen konnten. Computer sind eben nicht immer die besseren Trader. Nach der Pressekonferenz bröckelten die Notierungen zwar wieder ab, doch gestern ging es zum Start des US-Handels auch wieder teils deutlich nach oben, insbesondere mit dem Technologieindex.
Es muss sich also erst noch zeigen, wie die Anleger das gestrige Geschehen verdauen und ob sich neue Trends etablieren. Der DAX befindet sich noch in seiner Aufwärtstendenz, der Nasdaq 100 innerhalb des möglichen Bear-Keils und der Dow Jones konnte seinen Aufwärtstrend vorgestern knapp verteidigen. Gestern macht er sich allerdings auf, ihn erneut zu brechen. Und dabei komt auch stärkere Abwärtsdynamik auf. Ein erstes bedeutendes bearishes Signal liegt also schon vor.
Doch die anderen Aktienindizes folgen diesem nicht. Und daher braucht es noch eine Bestätigung. Zumal man im Dow Jones auch argumentieren kann, dass sich hier derzeit lediglich die Tendenz der Vortage fortsetzt (roter Bogen). Ob daraus nun auch noch eine Topbildung und Trendwende wird, bleibt abzuwarten. Erst wenn die beiden Korrekturtiefs vom 12. und 19. Mai bei rund 33.500 Punkten dynamisch unterschritten werden, sind der Trendbruch und das damit verbundene bearishe Signal bestätigt. Und folgen dem Dow Jones dann die anderen Indizes mit nach unten, könnte es für die Bullen kritisch werden.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg an der Börse
Ihr
Sven Weisenhaus
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