Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,1718 (06:02 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,1703 im fernöstlichen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 109.63. In der Folge notiert EUR-JPY bei 128.45. EUR-CHF oszilliert bei 1,0712.
Der Finanzmarkt bewegt sich innerhalb bekannter Bandbreiten. Schwäche-momente werden an den Aktienmärkten weiter für Zukäufe genutzt. Der USD gewinnt etwas an Boden. Zinsen bewegen sich seitwärts. Gold und Silber sind stabil.
Polen knickt ein wenig ein - Reicht das?
Polen kündigte an, einen Teil der Justizreform rückgängig zu machen. Die Disziplinarkammer für Richter würde aufgelöst. Der EuGH hatte geurteilt, dass die Reform nicht die Ansprüche an die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit von Richtern erfülle. Polen drohen Geldstrafen und ein Verlust von EU-Finanzhilfen. Sind damit alle Konfliktpunkte mit der EU bezüglich der Reform ausgeräumt? Nein!
Fazit: EU-Finanzmittel scheinen der Regierung in Warschau wichtiger zu sein als etwas mehr totalitäre Macht im Inland.
Metall- und Elektroindustrie faktisch stark
Lieferengpässe (Stahl, Kunststoffe, Halbleiter) bremsten die deutsche Metall- und Elektro-Industrie im 2. Quartal. Der Ausstoß der Betriebe sank um 1,5% im Quartalsvergleich. Die weltweite Nachfrage legt weiter spürbar zu. Im 2. Quartal 2021 nahmen die Aufträge um 5,2% im Quartalsvergleich zu und lagen über dem Vor-Rezessionsniveau von 2018.
Fazit: Produktion fällt nicht aus, sondern verschiebt sich vor dem Hintergrund der Lieferkettenprobleme nach hinten. Ergo sind die Perspektiven vielversprechend!
Taliban recht konziliant
Bei der ersten offiziellen Pressekonferenz der Taliban seit der Machtübernahme in Afghanistan hat sich der Sprecher der Islamisten konziliant präsentiert. Damit offeriert sich ein prägnanter Unterschied zu der Taliban-Herrschaft von 1996 - 2001 hinsichtlich der angekündigten und damit der voraussichtlichen Gestaltung.
Kernpunkte der Verlautbarungen:
- Man will keinen Konflikt
- Man will keinen erneuten Krieg
- Man will Konfliktfaktoren beseitigen
- Man will weder innere noch äußere Feinde haben
- Man will die Rechte von Frauen respektieren, sie dürften innerhalb des Regelwerks des Islam arbeiten, studieren und aktiv an der Gesellschaft teilnehmen
- Es wurde versprochen, dass Soldaten, Polizisten, Übersetzer und andere ehemalige Mitarbeiter des Westens nicht verfolgt würden.
- Es wurde angekündigt, dass Afghanistan drogenfrei würde
- Die internationale Gemeinschaft solle dabei helfen, für die bisherigen Opium-Bauern Nutzpflanzen als Alternativen zu entwickeln
Fakt ist, dass diese Konzilianz der Taliban so nicht ansatzweise international erwartet wurde. Nach der Überraschung hinsichtlich des militärischen Erfolgs wurde seitens der Taliban eine konzeptionelle Überraschung stehenden Fußes nachgeliefert. Die Taliban selbst haben die Messlatte unmissverständlich definiert, an der sie bewertet werden.
Die Skepsis des Westens ist ob der Worte zunächst groß. Stellvertretend lassen wir Außenminister Maas zu Wort kommen. Kurz nach der Pressekonferenz erklärte Bundesaußenminister Heiko Maas, die Taliban würden an ihren Taten gemessen.
Wie belastbar ist der Westen bezüglich hehrer Worte, die nicht im Einklang mit Taten oder internationalem Recht stehen? Beantworten Sie die Frage für sich selbst.
Auch seitens der EU kamen Einlassungen. Nach dem westlichen Debakel in Afghanistan, aber nicht nur in Afghanistan, stellt man Forderungen an Afghanistan.
Eine Zusammenarbeit der EU wird laut Außenbeauftragen Borrell von einer friedlichen und inklusiven Einigung sowie Respekt für Grundrechte abhängen. Die Taliban hätten den Krieg gewonnen, man werde mit ihnen reden müssen. In der Tat, Pragmatismus und Demut ist gefragt. Borrell verwies auf die Rechte von Frauen, Minderheiten und Jugendlichen. Diese Worte des "Verlierers" tönen von weit oben herab.
Hier ist eine Frage fällig: Wurden die Grundrechte der Bürger Afghanistans in den letzten 20 Jahren gewahrt? Wir reden über Selbstbestimmung (Hintergrund des rapiden Zerfalls des korrupten westlichen Konstrukts) und über ungeahndete/kaum geahndete kriminelle Übergriffe seitens der Besatzungsmächte gegenüber Zivilisten.
Die in Worten überraschende Konzilianz der Taliban ist nach meiner Einschätzung mit einer Portion "Konfuzianismus" und damit Weisheit Chinas gewürzt. Neue Allianzen können eine Befriedung der Region zur Folge haben. Die Region verändert sich politisch! Der westliche Machtverlust in der Region steht fest.
Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden
Die Erholung im Jahr 2020 nach dem ersten global verfügten Lockdown (Basiseffekte) und Relativitätsgrundsätze bei Stimmungsindikatoren werden in den kommenden Monaten dafür sorgen, dass die hohen Wachstumszahlen als auch hohe Indexstände bei Stimmungsindikatoren keinen Bestand haben können.
Eurozone: Starke BIP- und Beschäftigungsdaten
Das BIP legte laut Erstschätzung per 2. Quartal im Quartalsvergleich um 2,0% (Prognose 2,0%) zu. Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 13,6% (Prognose 13,7%).
Die Beschäftigung nahm laut Erstschätzung im 2. Quartal im Quartalsvergleich um 0,5% (Prognose 0,5%) und im Jahresvergleich um 1,8% (Prognose 1,5%) zu.
UK: Arbeitsmarkt freundlich
Die Arbeitslosenrate (ILO) sank per Juni von zuvor 4,8% auf 4,7% (Prognose 4,8%).
USA: Licht und Schatten
Die Einzelhandelsumsätze sanken per Berichtsmonat Juli im Monatsvergleich um 1,1% (Prognose -0,3%) nach zuvor 0,7% (revidiert von 0,6%). Im Jahresvergleich ergab sich ein Anstieg um 15,78% nach zuvor 18,73% (revidiert von 17,98%).
Die Industrieproduktion nahm per Juli im Monatsvergleich um 0,9% (Prognose 0,5%) nach zuvor 0,2% (revidiert von 0,4%) zu. Im Jahresvergleich stellte sich ein Anstieg um 6,55% nach zuvor 9,91% ein. Die Kapazitätsauslastung stellte sich per Juli auf 76,1% (Prognose 75,7%) nach zuvor 75,4%.
Die Lagerbestände legten per Juni im Monatsvergleich um 0,8% (Prognose 0,8%) nach zuvor 0,6% (revidiert von 0,5%) zu.
Der NAHB Housing Market Index sank unerwartet per August von zuvor 80 auf 75 Zähler (Prognose 80).
Japan: Exporte/Importe gut, aber schwächer als erwartet
Machinery Orders sanken per Juni im Monatsvergleich um 1,5% (Prognose -2,8%) nach zuvor 7,8%. Im Jahresvergleich kam es zu einer Zunahme um 18,6% (Prognose 15,8%) nach zuvor 12,2%. Exporte legten per Juli im Jahresvergleich um 37% (Prognose 39%) nach zuvor 48,6% zu, während Importe einen Anstieg um 28,5% (Prognose 35,1%) nach zuvor 32,7% verzeichneten.
Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem EUR favorisiert. Ein Überwinden des Widerstandsniveaus bei 1.1900 - 1.1930 negiert den positiven Bias des USD.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Solvecon Invest GmbH
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