Es gibt drei wichtige Katalysatoren, die über Erfolg und Misserfolg an der Börse entscheiden. Bevor man investiert, muss man wissen, was die Equity-Story ist, wer schon alles investiert ist und wie der Kapitalfluss sich entwickelt.
Die Equity-Story oder allgemein gesprochen die Investment-Story ist selbsterklärend. Man muss verstanden haben, warum eine Aktie oder ein Asset im Wert in Zukunft voraussichtlich steigen wird. Es gibt keine Garantien, aber die Wahrscheinlichkeit für ein erfolgreiches Investment steigt erheblich, wenn man verstanden hat, warum alle anderen investiert haben oder noch investieren werden.
Die Frage nach dem „Wer“ ist essenziell, denn niemand will der letzte sein, der in eine Story hineinkauft. Je nach Risikofreudigkeit will man ganz am Anfang dabei sein oder erst investieren, wenn alles schon läuft und damit die Equity-Story bereits in der Praxis bestätigt wurde. Privatanleger haben hier selbstverständlich weniger Einblick als beispielsweise institutionelle Investoren. Aber eine nützliche Indikation ist sicherlich das Ausmaß der Presseberichterstattung und die Aktivitäten auf den sozialen Plattformen rund um die Equity-Story. Dabei gilt die alte Faustregel: Wenn es in den Schlagzeilen ist, haben alle ihre Entscheidungen längst getroffen. Gerne wird an dieser Stelle auch der berühmte Taxi-Fahrer angeführt: Erzählt dieser Ihnen davon, was für ein Geheimtipp Bitcoin derzeit ist, ist man dem Ende der Story näher als dem Anfang.
Der Kapitalfluss gibt dem Ganzen das Momentum und die Gewichtung. Denn eine tolle Equity-Story kann noch so viele Anleger anziehen, wenn deren Nachfrage nicht das Angebot übersteigt, dann bewegt sich der Preis des Assets nirgendwohin. Für eine Long-Story braucht man frisches Kapital, das in das Asset investiert wird und dessen Umfang nennenswert ist im Verhältnis zu der bisherigen Größe, die investiert wurde. Nehmen Sie ein bekanntes Beispiel wie die Bitcoin-ETFs. Der entscheidende Punkt war hier, dass institutionelle Investoren über die Vehikel in erheblichem Umfang frisches Kapital in den Bitcoin Handel geben konnten, was zuvor kaum möglich war, da die herrschende Regulierung dies in den meisten Ländern für den Massenmarkt nicht gestattete.
Den Kapitalfluss zu messen, ist erneut für Privatanleger schwer zu bewerkstelligen. Von Echtzeitdaten ganz zu schweigen. Aber auch hier gibt es ein (kostenloses) Hilfsmittel, dessen man sich bedienen kann: Man schaut auf die Kapitalflüsse der wichtigsten ETFs, die die Equity-Story abbilden. Diese Daten sind insbesondere für die amerikanischen Fonds in großem Umfang verfügbar und gibt einen Einblick, ob das Kapital derzeit in die Story hineinfließt oder abfließt. Auch den Umfang kann man in vielen Fällen darüber gut abschätzen.
Die größte Equity-Story sind 2025 die USA
Eine wirklich interessante Equity-Story sind derzeit die USA selbst. Die Equity-Story ist, dass die Zollpolitik der neuen US-Administration dazu führen wird, dass ein Teil der Wertschöpfung in den Lieferketten aus den preiswerten Produktionsländern zurück in die USA verlagert wird. Das wiederum bedingt, dass es in einem relativ kurzen Zeitfenster von voraussichtlich 12 bis 24 Monaten zu einem enormen Investitionsboom kommt, denn die amerikanische Administration ist sehr schnell in der Exekution, was den betroffenen Unternehmen wenig Zeit lässt. Doch gibt es auch belastbare Daten zu einem Anstieg der Investitionen in den USA aus dem Ausland? Ja, die gibt es.
Ausländisches Kapital überflutet derzeit die USA regelrecht. Es gibt verschiedene Kennzahlen, an denen man dies festmachen kann. Zunächst einmal sprechen wir über den Zeitraum der vergangenen 12 Monate, um einen Rahmen aufzuspannen. Innerhalb dieser Periode ist der Anteil der USA an den globalen Foreign Direct Investments (FDI) von 11,6 % auf 14,3 % gesprungen.
Drei Kennzahlen belegen die Investment-Story
Eine weitere wichtige Kennzahl ist die Zahl der neuen Projekte, die jährlich mithilfe von FDIs gestemmt werden. Und die Zahl der neuen Projekte in den USA hat ein neues Allzeithoch erreicht. Man bewegt sich auf einem Niveau von mehr als 2.100 Projekten, die mithilfe von ausländischem Kapital finanziert werden. Das ist nicht nur ein Allzeithoch, sondern hat auch noch stark positives Momentum.
Wie sieht es bei anderen wichtigen Volkswirtschaften aus? Deutschland verzeichnete während der Merkel-Ära einen stetigen und langen Anstieg der Zahl der jährlichen Projekte, die mit ausländischem Kapital finanziert wurden. Das Niveau gipfelte mit Corona bei rund 1.200 Projekten pro Jahr. In den vergangenen 12 Monaten ist die Zahl der Projekte, die mit ausländischem Kapital in Deutschland finanziert werden, um fast -60 % auf nur noch rund 470 Projekte eingebrochen. Kein Ausrutscher, sondern ein 18-Jahrestief.
Hierbei muss auch die Kehrseite des Investitionsbooms in den USA gesehen werden. Denn die Zahl der Direktinvestitionen, die amerikanische Unternehmen im Ausland weltweit vorgenommen haben, sind in der Periode auf rund 2.600 Projekte geschrumpft. Das ist das niedrigste Niveau in zwei Dekaden, wenn man die Corona-Zeit ausnimmt.
Eine dritte Kennzahl bezieht sich auf die konkret investierten Summen. Auch hier stechen die USA weit aus der Masse heraus. Die angekündigten (!) Investitionsvolumina sprangen in der Periode um mehr als 100 Mrd. US-Dollar auf aktuell 227 Mrd. US-Dollar.
Des einen Freud, des anderen Leid
Auch hier zum Vergleich: Deutschland bewegte sich in der Periode bei umgerechnet rund 40 Mrd. US-Dollar an FDIs. Vor der Finanzkrise lag das Niveau für Deutschland im Schnitt über 100 Mrd. US-Dollar / Jahr und in der vergangenen Dekade zwischen 50 und 100 Mrd. US-Dollar / Jahr. Das aktuelle Niveau entspricht den Ausnahmesituationen während der Corona-Zeit.
Diese Equity-Story läuft unter der Überschrift „American Exceptionalism“. Die Story hat die neue Administration erschaffen. Es sind schon viele Investoren „drin“, aber noch bei Weitem nicht alle. Und der Kapitalfluss zeigt hohes positives Momentum. Das sind drei von drei Häkchen für die US-Volkswirtschaft im neuen Börsenjahr, weswegen die Wall Street 2025 ein Favorit bleiben wird.
Ein Artikel von
Mikey Fritz
Chefredakteur Zürcher Finanzbrief