Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe: Der nicht unumstrittene Ökonom Javier Milei konnte mit seiner Koalition "Die Freiheit schreitet fort" (La Libertad Avanza) bei den argentinischen Vorwahlen für die anstehenden Präsidentschafts- und Kongresswahlen im Oktober einen Erfolg verbuchen.
Mit 32 % der Stimmen lag Milei vor dem konservativen Parteienbündnis "Gemeinsam für den Wandel" (Juntos por el Cambio) mit knapp 30 % und der regierenden peronistischen Koalition "Union für das Vaterland" (Unión por la Patria) mit 28 Prozent. Die Vorwahlen am Sonntag galten als Stimmungstest für die Präsidentenwahl.
Die Reaktion der Märkte ließ nicht lange auf sich warten. Argentinische Staatsanleihen gaben zum Wochenauftakt um 12 % nach. Die Notenbank des Landes sah sich zu einer drastischen Abwertung der heimischen Währung gezwungen und setzte den offiziellen Kurs am Montag auf 365,50 Peso für einen US-Dollar fest. Der Kurs auf dem Schwarzmarkt stieg um rund 11 % auf 680 Pesos pro USD. Außerdem wurde der Leitzins um 21 Prozentpunkte auf 118 % erhöht.
Die Unsicherheit im Hinblick auf die politischen Pläne des 52 Jahre alten Milei verschreckt Anleger. Ihm wird politische Nähe zu Donald Trump und Jair Bolsonaro nachgesagt. Er selbst bezeichnete sich einmal als "Anarchokapitalist" und gilt als Anhänger der österreichischen Schule.
Argentinien befindet sich bereits in einer langwierigen ökonomischen Krise. Die Währung befindet sich nicht erst seit Montag im Sinkflug. Die Inflationsrate liegt bei 115 %. Das Land leidet unter einer großen Schattenwirtschaft, niedriger Produktivität und hoher öffentlicher Verschuldung. Durch die Abwertung der Währung wächst der zu großen Teilen in Fremdwährung bestehende Schuldenberg immer weiter.
Entfesselt Milei die Rohstoffmärkte Argentiniens?
Einige Kommentatoren sehen in der möglichen Wahl Mileis zum Präsidenten jedoch auch Chancen – insbesondere im Hinblick auf die großen Rohstoffpotenziale des Landes. Nicht umsonst erzielte der Kandidat im "Pampa-Agrargürtel" in den Provinzen Cordoba, Santa Fe und La Pampa sowie in der Provinz Neuquen, einem Kerngebiet der Ölförderung, besonders gute Ergebnisse.
Bloomberg etwa meint, Milei könnte Steuern auf Agrarexporte reduzieren und dadurch Argentiniens Sojabohnen, Mais, Weizen und Fleisch auf dem Weltmarkt wieder zu Wettbewerbsfähigkeit verhelfen. Viele Landwirte leiden nicht nur unter den hohen Steuern, sondern auch einem komplexen Verfahren zum Umtausch von Devisen. Milei wirbt dafür, den Peso durch den US-Dollar zu ersetzen.
Im Ölsegment spricht Milei sich für die Reprivatisierung des staatlichen Bohrunternehmens YPF SA aus, das mit der Entwicklung des Schieferölgebiets Vaca Muerta betraut ist. Zur Steigerung der Produktion setzt er stattdessen auf mehr Wettbewerb zwischen inländischen Raffinerien und internationalen Rohölkäufern und will dafür Exporthürden abbauen und die Obergrenze für argentinische Treibstoffpreise aufheben.
Bergbauunternehmen beziehen nicht klar Position
Im Hinblick auf Lithium hatte sich der Kandidat im vergangenen Jahr ablehnend im Hinblick auf staatliche Interventionen geäußert. Anstelle direkter staatlicher Förderungen für den Aufbau einer Batterieindustrie setzt Milei auf Steuersenkungen und laxere Arbeitsgesetze. Argentinien ist derzeit der am schnellsten wachsende Lithiumproduzent der Welt.
Die Wahl ist noch einige Monate entfernt, der Ausgang naturgemäß ungewiss. Rohstoff- und Bergbauunternehmen vermeiden deshalb allzu klare Positionen, könnten diese sich später doch als Bürde erweisen.
So kommentierte Rob McEwen, der Gründer von McEwen Mining: "Er schlägt radikale Veränderungen vor, und ich denke, diese sind nötig." Der Geschäftsführer der argentinischen Tochter, die derzeit ein Bohrprogramm beim Kupferprojekt Los Azules absolviert, war hingegen zurückhaltender: "Ich halte ihn nicht für eine gute Wahl für Bergbauunternehmen" – er fürchtet, Milei könnte am mangelnden sozialen Zusammenhalt scheitern.