Der Präsident der argentinischen Bergbaukammer, Roberto Cacciola, gab der Zeitung "BNamericas" wenige Tage vor der Stichwahl zur Präsidentschaft ein Interview zu den Herausforderungen, vor denen der Bergbau im Land steht. Zu diesen Herausforderungen gehören bislang vor allem die rasante (klar dreistellige) Inflation, die Volatilität des argentinischen Pesos, Schwierigkeiten beim Import und eine rückläufigen Gold- und Silberproduktion.
Die Schwäche der heimischen Währung ist berüchtigt. Allein in den letzten zwölf Monaten hat sich der Kurs zum USD mehr als halbiert. Javier Milei hatte im Wahlkampf angekündigt, den Peso mitsamt der Zentralbank abschaffen und den USD als Währung einführen zu wollen.
Devisenbeschränkungen machen Bergbau in Argentinien das Leben schwer
Dieser Schritt wäre nicht unbedingt revolutionär, wird doch etwa in Ecuador und El Salvador ebenfalls mit dem Greenback bezahlt. Aus Sicht der Bergbaubranche würde dieser Schritt jedoch eine gravierende Änderung bedeuten: Devisenbeschränkungen sind für alle Branchen mit grenzüberschreitenden Aktivitäten ein Hindernis.
Der Grund für die Devisenbeschränkungen sind die knappen Devisenreserven Argentiniens. Um den Bergbau zumindest teilweise davon zu verschonen, wurde der "Mining Dollar" eingeführt. Dieses sehr bürokratische System ermöglicht Bergbauunternehmen die Abwicklung von 25 % der Exporte zum höchsten Kassakurs, ohne den Zugang zum freien Markt zu verlieren.
Roberto Cacciola erläutert die Problematik des bestehenden Systems: "Derzeit erhalten Unternehmen nicht die Dollar, die sie verkaufen, sondern einen niedrigeren Dollar. Dies untergräbt den Investitionsanreiz und die Nutzungsdauer von Projekten. Viele wirtschaftliche Ressourcen, die früher auf einen bestimmten Wechselkurs festgelegt waren, sind heute unwirtschaftlich, weil die Kosten die Einnahmen übersteigen". Er fordert deshalb einen "wettbewerbsfähigen" Mining Dollar.
Bergbauunternehmen müssen für Importe aus dem Ausland – etwa für Equipment – sehr hohe Preise bezahlen, weil die eigene Währung schwach ist. Die Exporterlöse dagegen müssen zu einem künstlichen Wechselkurs in die heimische Währung zurückgetauscht werden.
"SIRA" wird zum bürokratischen Monster
Wer wann, unter welchen Bedingungen, wie viel und zu welchem Wechselkurs umtauschen kann, legt ein äußerst komplexes und bürokratisches System fest. Die IHK Rheinland-Pfalz schrieb dazu an ihre Mitglieder gerichtet:
"Mitte Oktober 2022 führte Argentinien (…) ein neues System für die Regulierung und Kontrolle des Außenhandels ein. Dies betrifft insbesondere das Monitoring der Importe und des Zugangs zum Devisenmarkt für deren Bezahlung. Das Sistema de Importaciones de la República Argentina, kurz "SIRA", ersetzte das bis dahin gültige Integrierte Einfuhrüberwachungssystem ("SIMI"). Die neuen Regelungen umfassen auch die Einfuhr und Bezahlung von Dienstleistungen aus dem Ausland (SIRASE)".
Cacciola bringt es, gefragt nach Einschränkungen der Branche infolge der Einführung von SIRA, auf den Punkt: "Die Devisensituation im Land ist sehr komplex und auch die Genehmigungsverfahren werden immer komplexer, was mit den Schwierigkeiten der Regierung bei der Beschaffung von Reserven zusammenhängt". Die Bergbaukammer habe sich sogar operativ eingebracht: "Da es viele Einzelabläufe gab, haben wir alle Importanfragen über CAEM zentralisiert, um eine höhere Effektivität zu erreichen".
Gold- und Silberminen kommen in die Jahre
Sollte Javier Milei tatsächlich den Peso durch den USD ersetzen, könnten die Devisenbeschränkungen entfallen. Auch die Inflationsproblematik dürfte sich dann merklich abschwächen. Allerdings müsste die Wirtschafts- und Finanzpolitik dann auch zu den neuen Realitäten passen: Geld drucken könnte die Regierung nicht mehr, USD-Reserven wären nach einer Umstellung zunächst auch weiterhin nicht vorhanden. Umso größer könnte die Versuchung sein, produktive Branchen wie den Bergbau mit höheren Steuern zu belasten.
Der havarierende Peso belastet auch die Exploration – und damit mittelfristig auch das beinahe letzte Standbein der Volkswirtschaft. So tragen der Gold- und Silberabbau 80 % zu Argentiniens Bergbauexporten bei. Doch die Produktion ist zurückgegangen.
Cacciola erläutert dazu: "Die meisten Gold- und Silberminen sind recht alt, angefangen beim Cerro Vanguardia in der Provinz Santa Cruz, der seit fast 30 Jahren aktiv ist. Die anderen nahmen den Betrieb Anfang der 2000er Jahre auf".
So verursache "eine Makroökonomie mit langen Perioden von Schwierigkeiten im Bereich des Außenhandels" einen Mangel an Explorationstätigkeiten. "Wir haben kein großes Gold- und Silberprojekt am Horizont, mit Ausnahme von Navidad (…). Wenn wir die Gold- und Silberexploration nicht fördern, wird der Rückgang anhalten".