- Die Kursschwäche von Rivian ist in diesem Jahr wesentlich ausgeprägter als der 30%ige Rückgang des Global X Autonomous & Electric Vehicles ETF
- Das Elektrofahrzeug-Startup sieht sich beim Hochfahren der Produktion mit Hürden in der Lieferkette und Kostendruck konfrontiert
- Trotz dieser Rückschläge ist Rivian immer noch das am besten positionierte Startup, um irgendwann mit Tesla auf dem schnell wachsenden Markt für Elektrofahrzeuge zu konkurrieren
Rivian Automotive (NASDAQ:RIVN) scheint das Vertrauen der Investoren verloren zu haben. Die Aktie des Unternehmens mit Sitz in Kalifornien ist in diesem Jahr um rund 68 % gefallen, und eine Erholung ist nicht in Sicht.
Im anhaltenden, breit angelegten Abverkauf von Wachstumswerten - insbesondere solcher mit negativen Erträgen - verlief der Absturz von Rivian im bisherigen Jahresverlauf deutlich steiler als der Rückgang des Global X Autonomous & Electric Vehicles ETF (NASDAQ:DRIV) um 31 %.
Quelle: InvestingPro
Die offensichtliche Erklärung für diesen spektakulären Niedergang ist, dass Rivian bei seinem Blockbuster-Börsengang im November letzten Jahres, bei dem das Unternehmen 13,7 Mrd. USD einnahm, einfach zu hoch bewertet war. Damals wurden die Aktien des Unternehmens zum 35-fachen des geschätzten Umsatzes gehandelt, was Rivian anfälliger für eine sich abschwächende Konjunktur und Zinserhöhungen machte.
Ein weiterer Grund, warum die Anleger RIVN-Aktie abstießen, ist die Tatsache, dass die Gewinne des Unternehmens voraussichtlich noch eine ganze Weile in den roten Zahlen bleiben werden, ohne dass ein klarer Weg zur kurzfristigen Erreichung der Rentabilität erkennbar ist.
Im letzten Gewinnbericht im vergangenen Monat senkte Rivian die bereinigte Ergebnisprognose und rechnete mit einem durch die steigenden Produktions- und Materialkosten verursachten Gesamtjahresverlust von 5,45 Mrd. USD. Zuvor hatte Rivian ein bereinigtes Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen von minus 4,75 Mrd. USD erzielt.
Rivian, das den R1T Pickup, das R1S Sport Utility Vehicle und elektrische Lieferwagen herstellt, hat Schwierigkeiten, die Produktion in seinem Werk in Illinois hochzufahren.
Kürzlich gab das Unternehmen bekannt, dass es 6 % seiner Belegschaft abbauen wird, da sich die veränderten Marktbedingungen auf seine Fähigkeit zur Kapitalbeschaffung auswirken.
Das Startup mit der besten Positionierung
Trotz dieser Schocks, die größtenteils auf die sich verschlechternden makroökonomischen Bedingungen zurückzuführen sind, glaube ich nicht, dass das Bullenargument für diese Aktie nicht mehr gilt.
Rivian ist immer noch das am besten positionierte Startup, um mit Tesla (NASDAQ:TSLA) auf dem schnell wachsenden Markt für E-Fahrzeuge zu konkurrieren. Rivian plant für dieses Jahr die Produktion von 25.000 E-Fahrzeugen.
Die Nachfrage nach E-Fahrzeugen dürfte aufgrund staatlicher Subventionen zur Förderung sauberer Technologien stark bleiben.
In diesem Monat kündigte die Mercedes Benz Group AG (ETR:MBGn) an, dass sie eine Partnerschaft mit Rivian zur Herstellung elektrischer Kleintransporter in Europa plant, wodurch das Unternehmen seine Aktivitäten rasch ausweiten könnte. Beide Seiten wollen in ein neues Montagewerk investieren, das voraussichtlich "in einigen Jahren" an einem bereits bestehenden Mercedes-Standort in Mittel- oder Osteuropa in Betrieb genommen werden soll, heißt es in einer Mitteilung. Nähere Einzelheiten zu dem 50:50-Joint-Venture, einschließlich des Umfangs ihrer Investitionen, gaben die Unternehmen nicht bekannt.
Auch die meisten von Investing.com befragten Wall-Street-Analysten halten die Rivian-Aktie nach dem Einbruch in diesem Jahr für "unterbewertet". Mehr als 60 % der Befragten stufen die Aktie mit "Outperform" ein. Ihr Konsensziel impliziert ein Kurspotenzial von fast 74 %.
Quelle: Investing.com
Wie Canaccord Genuity in einer kürzlich herausgegebenen Investorennotiz schreibt, hat Rivian durch die Zusammenarbeit mit Amazon (NASDAQ:AMZN) nicht nur Kapital und einen ersten Auftrag erhalten, sondern auch unmittelbare Größenvorteile, die es Rivian ermöglichen, mehrere Kosten-, Herstellungs- und Designvorteile zu erzielen.
Das Unternehmen unterscheidet sich von anderen Anbietern dadurch, dass es den Großteil seiner Hard- und Software selbst entwickelt. Dieser Ansatz sollte nach Ansicht von Canaccord zu Produktdifferenzierung, einem verbesserten Kundenservice und guten Gewinnspannen führen. Rivian hat das Zeug dazu, sich zu einem führenden Unternehmen auf dem Markt für Elektrofahrzeuge und Mobilität zu entwickeln, heißt es in der Mitteilung weiter.
Amazon, das 2019 700 Millionen USD in RIVN investiert hat, plant den Kauf von 100.000 speziell angefertigten elektrischen Lieferwagen des Unternehmens, um seine Last-Mile-Flotte bis 2040 zu elektrifizieren. Der Startschuss für dieses Projekt fiel im Sommer, und die ersten Elektrofahrzeuge sollen Pakete in einigen Städten wie u.a. Seattle, Baltimore, Chicago und Phoenix zustellen.
Fazit
Trotz der jüngsten Rückschläge gibt es gute Gründe für die Annahme, dass Rivian aufgrund des beträchtlichen Vorsprungs im Segment der batteriebetriebenen Pickups und der Unterstützung durch das zahlungskräftige Amazon weiterhin ein erfolgreicher Akteur auf dem Markt für E-Fahrzeuge sein kann. Die jüngste Partnerschaft des Unternehmens mit Mercedes ist ein weiterer Hinweis auf dieses Potenzial.
Die Anleger sollten hier jedoch auch bedenken, dass es noch ein langer Weg sein wird, bis das Unternehmen seine Produktion skalieren und schwarze Zahlen schreiben kann. Zum Vergleich: Tesla brauchte ein Jahrzehnt, um seine Produktion zu skalieren und das erste volle Geschäftsjahr profitabel abzuschließen.
Offenlegung: Der Verfasser besitzt keine Aktien der in diesem Artikel genannten Unternehmen.