Das Ergebnis der Schweizer Vermögensverwalter wurde 2023 durch hohe Abschreibungen auf ausstehenden Forderungen belastet, die im Zusammenhang mit der Insolvenz der Signa Gruppe, einem Unternehmen des Österreichischen Immobilienmagnaten Rene Benko, angefallen sind. Die Aktie hatte daraufhin zunächst ca. 30 % an Wert abgegeben, konnte sich zwischenzeitlich aber wieder etwas erholen. Denn ohne die Misere mit Signa läge das 2023er Ergebnis auf dem starken Niveau der beiden Vorjahre und auch die Aussichten für 2024 sind gut.
Erklärtes Ziel der Julius Bär Gruppe (SIX:BAER) (ISIN: CH0102484968) ist, das Vermögen ihrer Klienten zu mehren und zu schützen, damit diese es an kommende Generationen weitergeben können. Der Fokus liegt dabei auf sogenannten High and Ultra High Net Worth Individuals und Family Offices, also Personengruppen mit extrem hohem Vermögen. Damit ist das Unternehmen seit seiner Gründung vor 130 Jahren sehr erfolgreich und konnte in den Jahren 2021 und 2022 zuletzt Rekordergebnisse von 1,08 Mrd. und 950 Mio. CHF erwirtschaften.
Ohne die Signa-Insolvenz und Abschreibungen in Höhe von 586 Mio. CHF auf ausstehende Forderungen gegenüber Signa, hätten die Schweizer in 2023 nahtlos an die Erfolge der beiden Vorjahre angeknüpft. Anstelle eines rekordverdächtigen Gewinns von 1,04 Mrd. CHF, stand am Ende jedoch nur ein Nettoergebnis von 454 Mio. CHF zu Buche. Um dem Imageverlust entgegenzuwirken wurden die verantwortlichen Personen ersetzt und weitere Maßnahmen angekündigt. Mit einem effektiveren Risikomanagement soll künftig verhindert werden, dass sich derartige Vorfälle wiederholen.
Strategische Ausrichtung 2023 bis 2025
Mit dem strategischen Plan für 2023 bis 2025 hat sich Julius Bär weitere Ziele gesetzt. Neben Kosteneinsparungen von 130 Mio. CHF sollen dabei die technologische Weiterentwicklung der bestehenden Infrastruktur und die Digitalisierung im Fokus stehen, wofür über das bisherige Budget hinaus bis 2025 zusätzliche 400 Mio. CHF investiert werden sollen. Die Rekrutierung von weiteren Top-Beratern und die stetige Weiterentwicklung aller Mitarbeiter soll ebenfalls in den Vordergrund rücken, um bestmögliche Ergebnisse in allen Arbeitsbereichen zu erzielen. Zusätzliche Gewinne sollen zudem durch anorganisches Wachstum erwirtschaftet werden.
Bei Übernahmen sieht sich Julius Bär durch die vorhandene Erfahrung bestens aufgestellt, auch wenn nicht jede Übernahme der jüngsten Vergangenheit ein Erfolg war. So wurde gerade gestern der Verkauf der italienischen Kairos unter Dach und Fach gebracht. Die Übernahme der Problem-Tochter hatte zwischen 2019 und 2022 das Nettoergebnis mit insgesamt 350 Mio. CHF allein an Goodwill-Abschreibungen belastet, was immerhin deutlich macht, dass die Gewinne ohne Kairos noch besser ausgefallen wären. Der Verkauf selbst wird laut Konzernführung keine nennenswerten Auswirkungen auf das Nettoergebnis des laufenden Geschäftsjahres haben.
Das Sentiment für Julius Bär ist grundsätzlich positiv. Der Analystenkonsens beträgt 4,97 CHF je Aktie, was einem Nettoergebnis von ca. 1,02 Mrd. CHF entsprechen würde. Von 16 befragten Analysten empfehlen aktuell 11 die Aktie zum Kauf und 5 raten die Aktie zu halten. Julius Bär hat zudem eine Dividende von 2,60 CHF für 2023 angekündigt. Auf dem aktuellen Kursniveau entspricht das einer Dividendenrendite von 5,1 %.
Bewertung auf Basis des Gewinns
Legt man für 2023 den um die Signa-Abschreibungen bereinigten Gewinn von 5,08 CHF je Aktie zu Grunde, dann zeigt sich, dass sich der Aktienkurs 2023 – in Relation zum Gewinn – im Rahmen des relativ konstanten Bewertungsniveaus der Vorjahre bewegt hat, wobei die Schwankungsbreite seit 2020 abgenommen hat, was in geringeren KGVs auf der Oberseite zum Ausdruck kommt.
Das Vielfache des Gewinns je Aktie beim jährlichen Höchstkurs betrug zwischen 2021 und 2023 durchschnittlich 13,3. Der Tiefstkurs lag seit 2020 im Durchschnitt bei einem KGV von 8,9. Auf Basis dieser Werte ergibt sich mit einem geschätzten Ergebnis je Aktie von 4,97 CHF für 2024 eine Handelsspanne mit einem Einstiegskurs von 43 CHF und einem Kursziel von 66 CHF.
Charttechnik
Im Rahmen der unscharf begrenzten langfristigen Aufwärtsbewegung hat die Notierung von Julius Bär im November 2023 zuletzt die markante Unterstützungszone im Bereich von 43 CHF erfolgreich getestet und damit zugleich den langfristigen Trendverlauf auf der Unterseite tangiert. In der darauf folgenden Aufwärtsbewegung wurde dann die 200-Tage-Linie (52,41 CHF) kurzzeitig überwunden. Aktuell findet ein erneuter Anlauf auf die 200-Tage-Linie statt. Mit dem Überwinden dieser Marke würde die nächste markante Widerstandszone im Bereich von 56 CHF wieder in greifbare Nähe rücken. Darüber wäre der Weg nach oben frei bis ca. 66 CHF, ein Niveau, an dem die Notierung seit 2018 dreimal gescheitert ist.
Auf der Unterseite würde sich durch den Bruch der Marke von 43 CHF zunächst Abwärtspotenzial bis in den Bereich von 36 CHF eröffnen (Unterstützung) und darunter weiteres Abwärtspotenzial bis zu den nächsten Unterstützungen bei 26 und 20 CHF. Die relative Stärke auf Basis von 14 Wochen hat mit dem letzten Test des langfristigen Trends im November bei einem Wert von knapp über 30 notiert (stark überverkauft) und liegt aktuell mit einem Wert von 50 bereits wieder im neutralen Bereich. Die Tendenz ist aufwärts gerichtet.
Fazit
Vom Schock-Moment der Signa-Insolvenz hat sich die Aktie von Julius Bär aufgrund der soliden Ertragslage relativ schnell erholen können und die allgemeine Stimmung für die Aktie ist gut. Beides gemeinsam spricht im Zusammenspiel mit der leichten Unterbewertung und einer ordentlichen Dividendenrendite von derzeit 5,1 % für ein Engagement bei Julius Bär. Die aktuelle Schwäche von Schweizer Aktien – bedingt auch durch einen anhaltend starken Schweizer Franken – sollten Anleger jedoch nicht außer Acht lassen. Wir stufen die Aktie ein als Kauf und bauen eine Teilposition auf. Bis zu unserem Kursziel besteht aktuell eine Gewinnchance von 30 %.
Investmentidee(n) auf Julius Bär
In der aktuellen Situation bietet sich neben dem reinen Aktienkauf ein neutrales mittelfristig ausgerichtetes Discount-Zertifikat als Aktienalternative an. Das Papier mit der WKN DE000MG2RQZ0 hat einen Cap bei 52,50 CHF und läuft bis Dezember 2024. Notiert der der Aktienkurs bei Fälligkeit mindestens über dem Cap, erzielen Anleger eine Rendite von 9,3 % (14,6 % p.a.). Der Gewinn verringert sich, sollte Aktienkurs bei Fälligkeit unterhalb des Cap notieren, der Break-even liegt bei 48,05 CHF.