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Kaffee in der Krise und warum es noch weiter abwärts gehen kann

Veröffentlicht am 02.05.2019, 13:09
Aktualisiert 02.09.2020, 08:05
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Investing.com - Nach unten - einen anderen Weg kennen die internationalen Kaffeepreise kaum mehr. Die Gründe dafür: eine rekordhohe Ernte in Brasilien, die einen Überschuss an Kaffee auf dem Weltmarkt erzeugte, und ein extrem schwacher brasilianischer Real, beförderten den Preis für die Bohne auf den tiefsten Stand seit mehr als 13 Jahren - und ein Ende des billigen Kaffees ist nicht in Sicht.

Der Kaffeepreis ist so billig wie zuletzt vor 13 Jahren

Verantwortlich für den Preisverfall ist Brasilien, das im vergangenen Jahr eine Rekordernte an der Sorte Arabica einfuhr und auch in diesem Jahr aufgrund der guten Witterungsbedingungen in den Anbauregionen Minas Gerais, Espirito Santo, Sao Paulo, Bahia, Rondonia und Parana eine gute Ernte erwarten lässt und das, obwohl sich die Arabica-Pflanze in der ertragsschwächeren Hälfte ihres zweijährigen Ernteyzkluses befindet.

Damit baut Brasilien seine Vormachtstellung im Kaffeegeschäft immer weiter aus und drängt Mitbewerber wie Kolumbien aus dem Markt. Der Grund dafür sind große Investitionen der brasilianischen Kaffeebauern in den letzten Jahren, was zu weiter sinkenden Produktionskosten geführt haben soll. Andere Länder wie Kolumbien können dagegen nicht so aus dem Vollen schöpfen und leiden extrem unter den niedrigen Kaffeepreisen. Einige Kaffeebauern geben ihre Farmen bereits auf und wechseln zu Koka - die Pflanze, aus deren Blättern Kokain gewonnen wird.

Ein weiterer Faktor, den die internationalen Kaffeepreise in den vergangenen Jahren belastet hat, ist die schwache brasilianische Landeswährung, die seit Anfang 2012 um mehr als 100 Prozent zum US-Dollar abgewertet hat.

US-Dollar gegen den brasilianischen Real seit Anfang 2012

Ein schwacher brasilianischer Real fördert in der Regel das Exportwachstum. Sobald mehr Angebot auf den Markt gelangt, sinken die Preise für Kaffee.

Anleger spekulieren zwar auf eine festere brasilianische Landeswährung zum Jahresende. Die politische Situation in dem Land ist jedoch angespannt und die Wirtschaft droht erneut aus dem Tritt zu geraten.

Die Hoffnung der Investoren beruht aber auf der Rentenreform in Brasilien, die das Wirtschaftswachstum wieder ankurbeln soll. Das Gesetz soll dem Land mehr als 250 Milliarden Dollar in den nächsten zehn Jahren einsparen. Ohne eine Reform droht dem Land ein Abgleiten in eine Rezession.

Anleger und Investoren hegen jedoch ernste Zweifel daran, ob Bolsonaro der Richtige für diese Aufgabe ist.

Verantwortlich für die Rentenreform ist allerdings in erster Linie Paulo Guedes, Brasiliens Wirtschaftsminister, ex Goldman Sachs (NYSE:GS) Investmentbanker und Ökonom. Eine erste wichtige Hürde hat das Gesetz schon gemeistert. Sechs weitere stehen aber noch aus. Erst nach diesem Marathon könnte die Reform tatsächlich in Kraft treten und die Wirtschaft in Brasilien ankurbeln und damit dem brasilianischen Real neues Leben einhauchen. Den internationalen Kaffeepreisen würde das zugutekommen.

Wechselkurs USDBRL im Vergleich zum Kaffeepreis

Der Konsum als rettender Anker für den Kaffeepreis?

Die Rabobank erwartet im laufenden Jahr ein neues Rekordhoch beim Konsum. Aber die hohe Nachfrage wird wahrscheinlich nicht ausreichen, um das Überangebot an Kaffee auf dem Weltmarkt zu decken. Zumal auch im Erntezyklus 2020/2021 erneut mit einer Rekordernte in Brasilien gerechnet werden muss.

Dabei sollte doch aber ein sinkender Preis in der Regel die Nachfrage spürbar anheizen?! Das passiert in diesem Fall jedoch nicht, da Kaffee eine vergleichsweise niedrige Elastizität aufweist und damit nicht exponentiell auf einen sinkenden Preis reagiert. Die Nachfragefunktion verlagert sich in diesem Fall also nicht. Im Normalfall wird die konsumierte Menge mit einem sinkenden Preis steigen.

Schätzung des Konsums von Kaffee 19 - Rabobank

Schätzung des Konsums von Kaffee 2019 - Rabobank & The Wall Street Journal

Aufgrund der niedrigen Kaffeepreise glaubt jedoch Greg Meenahan, Partner Director bei World Coffee Research, dass die Kaffeebauern in Zukunft weniger Pestizide und Dünger einsetzen werden, was deren Kaffee-Planzen anfällig für Krankheiten macht. Dies könnte die Produktion senken, sagte er in einem Interview mit dem Wall Street Journal.

"Ihre Ernten werden schwächer und die im kommenden Jahr ist anfällig für einen Misserfolg", sagte Meenahan.

In Kolumbien ist die Kaffeekrise indes bereits soweit fortgeschritten, dass die Regierung den Kaffeebauern mit staatlichen Geldern unter die Arme greifen muss. Kolumbien zählt mit Brasilien und Vietnam zu den führenden Kaffeeanbauländern weltweit.

Wie geht es weiter mit dem Kaffeepreis?

Obwohl sich Brasilien im ertragsschwächeren zweijährigen Zyklus der Arabica-Pflanze befindet, rechnen Analysenhäuser mit einer weiteren guten Ernte 2019/2020 von durchschnittlich 55 Millionen Sack. Unter Berufung auf gut informierte Quellen heißt es zudem, dass die Arabica-Pflanzen in Brasilien sehr gut in Schuss seien.

Ernteprognosen 2019/2020 - eigenes Research

Aus einer Grafik vom CoffeeNetwork.com erkennt man, dass die Situation stark der in den Jahren 2000 bis 2003 ähnelt, als die internationalen Kaffeepreise aufgrund der hohen Überschüsse auf bis zu 40,00 US-Cents kollabierten.

Quelle: http://www.coffeenetwork.com

Grafik von CoffeeNetwork

Unter Einbezug der Inflation entsprechen 40,00 US-Cents im Jahr 2019 etwas weniger als 0,55 US-Cents. Mit einem aktuellen Kaffeepreis von gut 0,91 US-Cents wäre damit also noch ausreichend Spielraum auf der Unterseite vorhanden.

Quelle: http://www.in2013dollars.com

Rodrigo Costa vom Broker Comexim sieht aktuell keinen Grund, der für einen höheren Kaffeepreis spricht. "Es ist schwer, einen Grund zu finden, der den Bärenmarkt umkehren könnte, es sei denn, man setzt auf einen viel stärkere Real oder klimatische Veränderungen".

"Das "Fenster" für Preissteigerungen ist nahezu geschlossen, und die globalen Bestände an Kaffee sind komfortabel, so dass ein potenzielles Defizit in diesem Jahr durch den möglichen Überschuss im kommenden Zyklus 2020/2021 ausgeglichen wird."

Aber nicht alles ist schlecht: Es gebe auch Gründe, die Hoffnung auf einen Preisanstieg machen, so Costa. Diese sieht er aber erst in 18 Monaten, sofern die Preise auf dem aktuellen Niveau bleiben. "Unter der Annahme, dass die Preise noch weitere 18 Monate auf dem derzeitigen Niveau bleiben, befinden wir uns an einem Wendepunkt, der höchstwahrscheinlich erst gegen Ende des nächsten Jahres eintreten wird“.

Hoffnung machte außerdem Anfang April ein Artikel von Reuters, wonach die brasilianische Regierung wie im Jahr 2014 spezielle Optionskontrakte anbieten will, die den Kaffeebauern eine Lieferung ihrer Ernte und eine Zahlung der Erzeugnisse zum gesetzlichen Mindestpreis ermöglicht, da es im Erntejahr 2020/2021 zu einer weiteren Rekordernte kommen könnte.

Mittlerweile gab es auch Medienberichte, wonach viele Händler in Brasilien ihre Ware zurückhalten, da die Preise so tief liegen wie zuletzt vor 13 Jahren. Ihre Hoffnung: eine Rallye bei den internationalen Preisen. Ob das dem Kaffeepreis aber helfen kann ist fraglich. Die Lager sind schließlich prall gefüllt und Kaffee kann man nicht wie einige andere Rohstoffe unendlich lange lagern. Irgendwann muss das Angebot also auf den Markt.

Kurz- bis mittelfristig ist also keine Besserung in Sicht für den zweit meistgehandelten Rohstoff auf der ganzen Welt. Nur noch tiefere Preise könnten dazu führen, dass mehr und mehr Kaffeebauern das Geschäft verlassen und damit für einen Rückgang der weltweiten Produktion an Kaffee sorgen. Preise von 80 bis 75 US-Cents auf mittlere Sicht sollten daher nicht ausgeschlossen werden, falls die jüngsten Mehr-Jahres-Tiefs bei 86,60 US-Cents unterschritten werden. Kurzfristig könnte Kaffee in einer Spanne von 89/90 bis 97 US-Cents handeln

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