Dieser Artikel erschien zuerst auf GoldGeldWelt
Die Unternehmensinsolvenzen sind Dezember auf den höchsten Stand des Jahres gestiegen. Auch in den kommenden Monaten erwarten Ökonomen eine Fortsetzung des Trends.
Der IWH Insolvenztrend ist eine monatliche Analyse des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Die Veröffentlichung gilt als Frühindikator für das Insolvenzgeschehen in Deutschland.
Für Dezember wurde die höchste Zahl der Insolvenzen von Unternehmen mit Handelsregistereintrag im gesamten Jahr 2022 berichtet. 879 Unternehmen und damit 23 % mehr als ein Jahr zuvor reichten einen Antrag auf Insolvenz ein.
Damit setzte sich ein Trend fort. Im November waren 808 Insolvenzen gemeldet worden – ebenfalls mehr als in jedem einzelnen Monat des Jahres zuvor. Das IWH betont allerdings, dass die Insolvenzzahlen trotz des Anstiegs unterhalb des langjährigen Mittelwertes liegen. So seien im Monat Dezember im Durchschnitt der Jahre 2015-2019 968 Personen- und Kapitalgesellschaften als insolvent gemeldet worden.
28 % der verlorenen Jobs in der Industrie
Steffen Müller, Leiter der IWH-Abteilung Strukturwandel und Produktivität und der dort angesiedelten Insolvenzforschung stellt in einer Pressemitteilung klar: „Sowohl die Zahl der insolventen Personen- und Kapitalgesellschaften als auch der in diesen Unternehmen betroffenen Jobs lagen im Jahr 2022 auf vergleichsweise niedrigem Niveau“.
Eine besorgniserregender Trend lässt sich jedoch erkennen. 28 % der von einer Insolvenz betroffenen Arbeitsplätze im Gesamtjahr 2022 entfielen auf die Industrie. Dies markiert einen deutlichen Anstieg gegenüber den Vorjahren. Das IWH erklärt dies mit verschiedenen Problemen der Industrie wie etwa Lieferengpässen und steigenden Energiepreisen.
In der zweiten Jahreshälfte stieg sowohl die Zahl der Insolvenzen als auch die Zahl der betroffenen Mitarbeiter deutlich an. Das IWH geht davon aus, dass in den kommenden Monaten ähnlich hohe Zahlen auftreten wie im Dezember. Im Frühjahr können die Zahlen saisonbedingt sogar noch weiter ansteigen. Auch dann aber soll das langjährige Mittel nicht übertroffen werden.
In den 10 % größten Unternehmen die im Dezember Insolvenz anmeldeten waren insgesamt knapp 9000 Arbeitsplätze betroffen.
Die IWH Statistik liefert deutlich schneller Daten zum Insolvenzgeschehen als die amtliche Statistik. Das Statistische Bundesamt veröffentlicht Daten zu Insolvenzen in Deutschland mit rund zwei Monaten Verspätung. Große Abweichungen zwischen den indizierten Daten des IWH und den amtlichen Daten gibt es nicht. Die im IWH Insolvenztrend gemeldeten Insolvenzen umfassen dem Institut zufolge in der Regel mehr als 90 % der betroffenen Arbeitsplätze und 95 % der Forderungen.
SCHUFA: Besorgniserregende Lage bei Kleinstunternehmen
Damit fallen vor allem Kleinstbetriebe aus der Statistik heraus. Um diese steht es jedoch schlecht – dies meint jedenfalls die SCHUFA und beruft sich auf eine selbst durchgeführte Umfrage. So hätten 30 % der Solo-Selbstständigen angegeben, keine Rücklagen bilden zu können.
28 % bildeten weniger Rücklagen als vor der Energiekrise. Bei den Kleinstunternehmen mit bis zu fünf Beschäftigten legten 15 % gar nichts und 34 % weniger zurück als früher. 51 % der Kleinstunternehmen und 34 % der Solo-Selbstständigen berichtete über eine schlechte Zahlungsmoral der Kunden. Gleichzeitig haben lediglich 30 % der Einmannbetriebe und 48 % der Kleinstunternehmen die eigenen Preise erhöht. Derzeit lässt sich jedoch bei den Kleinunternehmen noch kein Anstieg der Zahlungsausfälle beobachten.
Creditreform: Nachholeffekt bei Verbraucherinsolvenzen abgeebbt
Die Zahl der Verbraucherinsolvenzen ist anders als bei Unternehmen rückläufig. Laut Creditreform wurden 2022 insgesamt 65.300 Verbraucherinsolvenzen registriert. 2021 war von einem Nachholeffekt aufgrund der Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens geprägt. In jenem Jahr meldeten 78.920 Personen Insolvenz an – ein Plus von 86,6 % im Vergleich zum Coronajahr 2020.
Die Energiekrise hat bislang nicht zu einer Insolvenzwelle von Privatpersonen geführt. Laut Creditreform könnte sich dies aber mit zunehmender Dauer der Belastungen und einer sich verschlechternden Konjunktur ändern.