Im März hatten die USA ein Mineralienabkommen mit Japan unterzeichnet. Das Abkommen – es handelt sich formal um Abkommen über den freien Handel mit kritischen Mineralien, das als solches auch formal auf der Liste der Freihandelsabkommen der USA aufgeführt wird – erleichtert japanischen Unternehmen den Zugang zu Mitteln aus dem Inflation Reduction Act (IRA).
"Critical Minerals Free Trade Agreement"
Dieser sieht vor, dass Zuwendungen wie Steuervergünstigungen für Elektroautos an die Gewinnung von Rohstoffen in den USA oder einem Land mit Freihandelsabkommen gebunden sind. Im Hinblick auf kritische Mineralien verfügt Japan nun über den Status eines Landes mit Freihandelsabkommen, obwohl ein vollständiges Handelsabkommen nicht existiert.
Die EU (und Großbritannien) können sich offenbar Hoffnung auf ein ähnliches Abkommen machen. Reuters zitierte zum Wochenbeginn einen hochrangigen US-Beamten, dem zufolge die USA "optimistisch" seien, ein entsprechendes Abkommen mit der EU abschließen zu können. Er betonte, dass das Abkommen in Europa abgebaute kritischen Mineralien für Steuervergünstigungen in den USA qualifizieren solle.
Jose Fernandez, Unterstaatssekretär für Wirtschaftswachstum, Energie und Umwelt im Außenministerium, bestätigte, dass sich Europa und die USA in Verhandlungen befinden. "Wir sind uns bewusst, dass wir zusammenarbeiten müssen, und ich bin zuversichtlich, dass wir eine Einigung erzielen werden". Laut Fernandez wollen die USA das Mineralienabkommen nicht an den laufenden Streit über US-Importzölle auf EU-Stahl knüpfen.
Fraglich ist allerdings, ob Europa zumindest kurz- und mittelfristig überhaupt größere Mengen kritischer Mineralien aus eigenem Abbau in die USA exportieren kann. Zwar wurden Anfang des Jahres große Mengen Seltener Erden in Schweden gefunden – der Abbau wird jedoch erst im weiteren Verlauf der 2030er Jahre beginnen können. Ähnlich verhält es sich mit den Rohstoffen auf dem Meeresboden vor Norwegen.
EU schließt Abkommen mit afrikanischen Ländern
Aktuell arbeitet die EU an Abkommen mit afrikanischen Ländern. Vor einigen Monaten wurde bereits eine Absichtserklärung mit Namibia unterzeichnet, geprüft werden weitere Abkommen mit Ruanda und Uganda. Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass auch Partnerschaften mit der DR Kongo und Sambia auf dem Plan stehen. Die entsprechenden Erklärungen sollen Ende Oktober während eines Forums des Global Gateway, des 300-Milliarden-Euro-Investitionsprogramms der EU, unterzeichnet werden.
Auch außerhalb Afrikas werden Abkommen geschlossen – mit Kanada, Kasachstan, Argentinien, Chile und der Ukraine. In Afrika aber investiert die EU – ebenso wie die USA – verstärkt auch in Infrastruktur. Es geht um die Entwicklung des strategischen Lobito-/Transafrika-Korridors. Das Eisenbahnprojekt soll Angola, die DR Kongo und Sambia verbinden und dadurch den Rohstofftransport an einen atlantischen Hafen erleichtern.
Im Kongo wird sehr viel Kobalt, in Sambia sehr viel Kupfer produziert. In beiden Ländern ist China stark vertreten – westliche Regierungen versuchen, mit Investitionen ihre eigene Präsenz auszubauen.
Tarifäre Blockbildung für Rohstoffe?
Im vergangenen Jahr unterzeichnete US-Außenminister Anthony Blinken eine Absichtserklärung mit Kongo und Sambia zur gemeinsamen Entwicklung einer Wertschöpfungskette für E-Autos. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellte Partnerschaften für lokale Wertschöpfungsketten, saubere Energie und Qualifikation in Aussicht und sprach von einem "völlig neuen Ansatz für Infrastrukturinvestitionen".
Dass die USA der EU bei dem Mineralienabkommen offenbar alle Türen öffnen, zeichnet die Strategie der kommenden Jahre vor. Sehr wahrscheinlich werden entsprechende Abkommen auch auf afrikanische Partnerländer ausgeweitet. Dann könnten westliche Unternehmen, die in Afrika Rohstoffe abbauen und weiterverarbeiten die damit produzierten Produkte in den USA verkaufen und dabei IRA-Vergünstigungen erhalten.
Den USA scheint es derzeit um eine möglichst weitreichende tarifäre Blockbildung im Hinblick auf die Rohstoffversorgung zu gehen.