Indien arbeitet an einer Diversifizierung seiner Rohstofflieferungen und strebt Partnerschaften mit mehreren Ländern an. Mit den USA will das Land sogar IRA-qualifizierendes Abkommen aushandeln. In Peking kommen diese Bemühungen nicht gut an.
Indien hat eine umfassende Partnerschaft für kritische Mineralien mit den USA vorgeschlagen, die letztendlich in einem umfassenden Handelsabkommens münden soll. Diese Initiative folgt auf die am 03. Oktober geschlossene erste Vereinbarung zwischen den beiden Ländern zur Verbesserung der Zusammenarbeit bei der Sicherung der Lieferketten für wichtige Mineralien wie Lithium und Kobalt.
Formelle Partnerschaft statt MoU
Während einer Pressekonferenz am 19. Oktober in Neu-Delhi schlug der indische Handelsminister Piyush Goyal vor, das bestehende Memorandum of Understanding (MoU) über kritische Mineralien in eine formelle Partnerschaft umzuwandeln. Dieser neue Rahmen würde den Weg für künftige Diskussionen über ein Freihandelsabkommen (FTA) zwischen Indien und den USA ebnen.
Im Anfang Oktober abgeschlossenen Abkommen wird der Schwerpunkt auf Ausrüstung, Dienstleistungen, Richtlinien und Verfahren gelegt, mit denen die gemeinsame Entwicklung der Exploration, Gewinnung, Verarbeitung, Raffination, des Recyclings und der Rückgewinnung kritischer Mineralien in beiden Ländern gefördert werden soll.
Es handelt sich jedoch nicht um ein vollständiges Handelsabkommen, das Indien Zugang zu den US-Steuergutschriften für Elektrofahrzeuge aus dem Inflation Reduction Act gewähren würde. Damit liegt Indien gegenüber anderen Ländern mit einem solchen Abkommen – insbesondere Japan – im Hintertreffen.
Der Vorschlag eines weitergehenden Abkommens ist deshalb sowohl wirtschaftlich als auch geostrategisch motiviert. Durch die Stärkung der Beziehungen zu den USA und die Erkundung von Kooperationsmöglichkeiten will Indien eine nachhaltige und belastbare Lieferkette für kritische Mineralien sicherstellen – die auch für die heimischen EV- und Clean Energy-Sektoren von Bedeutung sind.
China sieht Indien als Spielball der US-Indo-Pazifik-Strategie
In China stieß der Bericht der Economic Times über das Ziel eines umfassenderen Abkommens auf Kritik. In der "Global Times" – eine durch die Regierung in Peking kontrollierte englischsprachige Publikation aus China – etwa heißt es unter Berufung auf "Beobachter", der Vorschlag sei "rein von geopolitischen Motiven und nicht von kommerziellen Interessen getrieben".
So sei Indien weiterhin stark abhängig von chinesischen Rohstoffimporten. Es sei deshalb fraglich, "ob Indiens jüngste Schritte in Bezug auf Mineralfelder die gewünschten Ergebnisse erzielen oder es nur zu einem Spielball der US-Indo-Pazifik-Strategie machen könnten, die darauf abzielt, China entgegenzutreten".
Indiens Interesse an diversifizierten Lieferketten ist allerdings nicht neu. 2023 trat Indien der Minerals Security Partnership bei, einer von den USA geführten Partnerschaft zur Schaffung kritischer Energiemineralien-Lieferketten.
Im Juli hatte die Regierung bereits über Gespräche mit Ländern Afrikas und Lateinamerikas sowie mit Australien im Hinblick auf Rohstoffpartnerschaften berichtet. Veena Kumari Dermal, stellvertretende Sekretärin im Bergbauministerium, erläuterte damals: "Wir führen zahlreiche Gespräche mit vielen anderen rohstoffreichen Ländern sowohl in Afrika als auch in Lateinamerika, um einen Block (NYSE:SQ) auf G2G-Basis oder auf Prioritätsbasis zu erhalten".
Das staatliche indische Unternehmen Khanij Bidesh India (KABIL) sei dabei, sich in Argentinien niederzulassen, um mit der Exploration zu beginnen, so Dermal. Im Januar hatte das Unternehmen einen Lithium-Explorationsvertrag im Wert von 2 Milliarden Rupien (24 Mio. USD) für fünf Blöcke in Argentinien unterzeichnet.
Indien eröffnet Botschaft in Bolivien
Indiens höchster Beamter im Bergbauministerium, VL Kantha Rao, hatte zudem im Dezember erklärt, dass sich das Land in Vorgesprächen mit Bolivien über den Erwerb von Lithium-Vorkommen befinde. Im Sommer entschied Indien, in Bolivien eine eigene diplomatische Vertretung zu eröffnen – ein Versuch, den Einfluss im Land auszubauen.
In China kommen die indischen Diversifizierungsmaßnahmen nicht gut an. Qian Feng, Leiter der Forschungsabteilung des National Strategy Institute der Tsinghua-Universität, sprach gegenüber der Global Times am Sonntag davon, dass aus Sicht Indiens "angebliche nationale Energiesicherheitsrisiken aufgrund einer hohen Abhängigkeit von chinesischen Importen" bestünden.
"Diese geopolitisch motivierten Maßnahmen würden den Wettbewerb zwischen China und Indien in verwandten Bereichen verschärfen und einen gewissen Einfluss auf Chinas wichtige Minerallieferungen ins Ausland haben", bemerkte Qian.