Erinnern Sie sich noch an Blockbuster? Für alle diejenigen, die zu jung sind, um den Namen zu erkennen, die einst börsennotierte US-Videothekenkette florierte in den 90er und frühen 2000ern. In der Hochzeit hatte Blockbuster über 900 Filialen und dominierte damit sein Segment der Unterhaltungsbranche. Eine Zeit lang schien es unbesiegbar.
Doch dann, ab 1997 begann Netflix (NASDAQ:NFLX) in aller Stille das ladengebundene Vertriebsmodell von Blockbuster aufzubrechen und bot einen besseren Videoverleihdienst an. Der einst so mächtige Blockbuster ging inzwischen in die Liquidation, und es ist nur noch ein Geschäft in Bend, im US-Bundesstaat Oregon, übrig.
Seit Netflix 2007 auf Streaming von Videos umstieg, ist seine Dominanz gewachsen. In den letzten zehn Jahren war das Segment im Alleinbesitz des Unternehmens. In der Tat hat sich Netflix seit 2007 zu einem 116-Milliarden-Dollar-Konzern gemausert. Der Umsatz stieg von 1,2 Mrd. USD im Jahr 2007 auf 15,7 Mrd. USD im Jahr 2018, ein Plus von 1.200%.
Aber Blockbuster auszuschalten war nicht das Endspiel. In den letzten Jahren hat Netflix nicht mehr nur Filme verliehen, sondern auch produziert - eine Wette mit hohem Risiko und hohen Gewinnen, bei der originale Inhalte neue Abonnenten anlocken und das bestehende Publikum bei Laune halten. Der Nachteil? Die enormen Kosten für die Produktion dieser Inhalte. Trotzdem haben Aufwand und Ausgaben Netflix als Branchenführer, als Streaming-Kraftpaket, positioniert und es wohl unbesiegbar gemacht ... zumindest bis jetzt.
Doch Wettbewerb wird härter und Netflix ist in Wirklichkeit viel anfälliger, als es aufgrund oberflächlicher Fundamentaldaten erscheinen mag.
Wachsende Schuldenprobleme
Die Branchendominanz von Netflix wurde nie durch seine Gewinne befeuert. Vielmehr profitierte das Unternehmen vom Pioniervorteil und investierte aggressiv, um diesen Vorsprung zu halten. Zudem machte sich die Konkurrenz lange Zeit eher rar.
Auch wenn Netflix seit einem Jahrzehnt profitabel ist, war 2018 das erste Jahr, in dem es über 1 Milliarde US-Dollar verdiente. Der Hauptfokus des Unternehmens lag immer auf dem Wachstum der Nutzerzahlen.
Die Kapitalflussrechnungen von Netflix erzählen die wahre Geschichte: In den letzten vier Jahren hat das in Kalifornien ansässige Unternehmen 6,6 Milliarden US-Dollar im operativen Geschäft verloren. Dies hängt direkt mit der Tatsache zusammen, dass das Produzieren, Erstellen und Lizenzieren von Inhalten ein kostspieliges Unterfangen ist. Es unter anderem erfordert Zeit, Fachwissen, Ausrüstung und erhebliches Personal.
Zum Beispiel jede der sechs Folgen der letzten Staffel von Game of Thrones soll etwa 15 Millionen Dollar gekostet haben. Hinzu kommt unersättliche Appetit der Verbraucher auf immer höherwertige, neue Inhalte und es entsteht schnell eine endlose Ausgabenschleife, was in den Finanzdaten von Netflix deutlich wird.
Wie können Sie also über einen Zeitraum von vier Jahren 6,6 Milliarden US-Dollar aus dem operativen Geschäft verlieren und dennoch im Geschäft bleiben? Die Antwort ist einfach, aber potenziell riskant: Schulden machen und das im großen Stil.
Netflix hat dies mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit getan: In den letzten vier Jahren wurden 9,5 Milliarden US-Dollar an Schulden zur Finanzierung des Betriebs aufgenommen. Das Problem, um das klarzustellen, sind nicht die Schulden selbst. Vermögenswerte als Hebel einzusetzen, ist ein häufig gewählter Weg, für Unternehmen zu wachsen. Und es macht der Wall Street nichts aus, ein verlustbringende Geschäft zu finanzieren, solange es wächst. Sobald sich die Abonnenten jedoch woanders hin wenden, beginnt Netflix Probleme zu bekommen.
Streaming-Kriege
Ende 2007 hatte Netflix 7,5 Millionen Abonnenten. Zum Zeitpunkt seines letzten Quartalsberichts, dem vom Q2 2019, hatte das Unternehmen 151 Millionen Abonnenten. Man kann daher mit Sicherheit sagen, dass Netflix als das einzige Schwergewicht seiner Marktnische gut abgeschnitten hat. Eine Vielzahl von Wettbewerbsverschiebungen könnte jedoch nur die erste Serie von Erschütterungen sein, die auf eine große seismische Verschiebung hindeuten, die diese Dominanz beenden wird.
Erstens, im letzten Quartal verlor Netflix 130.000 zahlende Abonnenten in den USA. Dies allein muss eine bedeutende Warnflagge für jedes schuldenfinanzierte Unternehmen sein.
Betrachten Sie als Nächstes die Lawine an neuen Angeboten, die für das kommende Jahr geplant sind und alle um die Kunden von Netflix kämpfen: Disney+ (NYSE:DIS) wird voraussichtlich im November an den Start gehen. Apple TV (NASDAQ:AAPL) soll ebenfalls im November live gehen. AT&Ts (NYSE:T) WarnerMedia Streaming-Dienst HBO Max befindet sich jetzt in der Beta-Phase; und NBC (NASDAQ:CMCSA) gab kürzlich bekannt, dass sie Peacock, einen eigenen Streaming-Dienst, entwickeln.
All dies gesellt sich dem vorhandenen Pool von Streaming-Diensten hinzu, in dem schon Hulu, HBO Go und Amazon Prime (NASDAQ:AMZN) sind. Natürlich werden einige von ihnen unvermeidlich scheitern, wenn sie vom Wettbewerbsumfeld verdrängt werden. Und das berücksichtigt noch nicht die Winkelzüge, mit denen einige der neuen Dienste der Konkurrenz das Wasser abgraben wollen.
Ein Standardabonnement von Netflix kostet 12,99 USD im Monat. Disney hat sein Angebot zu einem Preis von 6,99 US-Dollar angeboten, der zunächst als marktbrechend galt. Dann führte Apple sein Apple TV für 4,99 USD ein und unterbot die Unterbieter.
Nach dem, was wir über das Geschäftsmodell von Netflix wissen, können diese Preise weder für Disney noch für Apple rentabel sein. Die Gebühr von Netflix in Höhe von 12,99 US-Dollar wurde eingeführt, nachdem das Unternehmen feststellte, dass niedrigere Preise nicht tragbar sind - insbesondere für ein Unternehmen, das durch Schulden und nicht über einbehaltene Betriebsgewinne finanziert wurde.
Die Verschuldung ist genau der Grund, warum Netflix bei den Streaming-Kriegen auf der Verliererseite stehen wird. Sowohl Disney als auch Apple schwimmen in Bargeld. Im Jahr 2018 brachte Disney 14 Milliarden US-Dollar aus dem operativen Geschäft herein, während Apple unglaubliche 77 Milliarden US-Dollar verdiente.
Bei solchen Zahlen sollten beide Unternehmen in der Lage sein, ihre Streaming-Geschäfte über Jahre hin mit Verlust zu betreiben, wenn sie dies wünschen. Apple könnte sich dies womöglich in alle Ewigkeit leisten.
Auf der anderen Seite muss Netflix sich entweder massiv einschränken oder erneut auf die Finanzierung durch die Wall Street bauen, auch wenn die Wahrscheinlichkeit, dass die Anleger zu Netflix positiv eingestellt bleiben, mit jedem Abonnenten abnimmt, der seinen Vertrag kündigt.
Die Wettbewerber setzen ihre finanziellen Mittel auch ein, um Netflix Oldie-Shows wegzulocken. Friends, die beliebteste Show auf Netflix, wird 2020 zu HBO Max überlaufen. The Big Bang Theory, ein weiterer Erfolg, ist in Gesprächen, um auch zu HBO Max überzuwechseln. The Office wird ebenfalls im Jahr 2020 die Plattform verlassen, für NBCs Angebot. Um sich zu wehren, kaufte Netflix gerade die Lizenzen für Seinfeld für 500 Millionen Dollar.
Was auch immer es tut, Netflix wird weiterhin durch seine Finanzen eingeschränkt, während dies bei vielen seiner Konkurrenten nicht der Fall ist. Das wird letztlich den Ausschlag geben, wer die Streaming-Kriege für sich entscheiden kann.