Der EUR eröffnet gegenüber dem USD bei 1,1123 (05:51 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,1099 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 145,68. In der Folge notiert EUR-JPY bei 162,05. EUR-CHF oszilliert bei 0,9473.
Märkte: Jackson Hole im Fokus der Finanzwelt
An den Finanzmärkten ergab sich vor dem Treffen in Jackson Hole eine Portion Unsicherheit, die partiell zu Gewinnmitnahmen verleitete.
Die am Finanzmarkt gemessenen US-Zinssenkungserwartungen waren zuletzt etwas euphorisch (bis zu 4 Senkungen per 2024). Moderate Töne mehrerer US-Notenbanker (u.a. Harker) fingen diese "Euphorie" gestern ein und lösten die Moderation maßgeblich aus.
Jetzt richtet sich der Fokus der Finanzgemeinde auf das Treffen in Jackson Hole, das heute beginnt und auf die heutige Rede des Chefs der US-Notenbank, die heute Nachmittag ansteht. Hinsichtlich des aktuellen, aber auch jüngeren US-Datenpotpourris weist alles in Richtung Startdes US-Zinssenkungszyklus jetzt im September koordiniert mit einer Zinssenkung der EZB. Überraschungen durch Powell, die eine grundsätzlich restriktivere Haltung andeuteten, sindtendenziell eher unwahrscheinlich. Die Verbalakrobatik wird sich darum drehen, Zinssenkungserwartungen nicht überborden zu lassen, den Kurs in die Richtung Zinssenkungenjedoch zu bestätigen, denn der konjunkturelle Druck nimmt in den USA messbar zu.
Der US-Arbeitsmarkt ist deutlich schwächer als zuvor wahrgenommen (aktuelle Nonfarm-Payrolls und massive Jahresrevision). Der Chicago Fed National Activity Index (Sammelindex aus 85 Einzelindikatoren) sank im letzten Berichtsmonat deutlich (-0,34). Der aktuelle Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe gab nach und signalisiert verstärkte Kontraktion.
Die US-Bau- und Immobilienbranche befindet sich in einer klaren Rezession (u.a. NAHB Housing Market Index). Diese wirtschaftliche Entwicklung findet vor einem Hintergrund der direkten staatlichen Subvention (Haushaltsdefizite 6% - 8% des BIP), des nicht WTO-konformen IRA Programms (Investitionsbooster) und der für die USA positiven Folgen der globalen Konflikte (Waffenindustrie, Fracking) statt. "Food for thought! – Intrinsic strength?"
Aktienmärkte: Late Dax -0,14%, EuroStoxx 50 -0,50%, S&P 500 -0,81%, US-Tech 100 -1,62%. Rentenmärkte; 10. Jahres Bunds 2,24%, 10 Jahres Treasury 3,85%
Der USD konnte zart gegenüber dem USD zulegen. Gold und Silber gaben überschaubar nach.
Deutschland: Entwurf zur Stärkung des Finanzstandorts
Das Bundesfinanzministerium will den Finanzstandort mit einem "Zweiten Zukunftsfinanzierungsgesetz" optimieren. In dem Referentenentwurf heißt es, Finanzierungsoptionen für Startups sollten verbessert werden. Dies soll durch steuerliche Erleichterungen geschehen. Für Investments in Wagniskapital sollen die Rahmenbedingungen optimiert werden. Englischsprachige Börsenprospekte sollen möglich werden (leichterer Vertrieb, Kosten).
Hemmnisse für Investitionen in Infrastruktur und erneuerbare Energien sollen durch Änderungen im Investmentsteuergesetz und Kapitalanlagegesetz beseitigt werden. Investmentfonds dürften unbegrenzt in gewerbliche Wagniskapitalfonds Geld stecken. Um Börsengänge zu forcieren, sollen Wachstumsunternehmen die Möglichkeit bekommen, Aktien mit einem geringeren Nennwert als einem EUR auszugeben.
Der Startup-Verband äußerte sich positiv, weil der Kapitalbedarf von Jungunternehmen riesengroß sei. Ein dynamischer Kapitalmarkt mit funktionierenden Ausstiegsmöglichkeiten für Geldgeber sei entscheidend, sagte der Geschäftsführer des Verbands. O-Ton: "Wir müssen mehr privates Kapital mobilisieren, besonders von institutionellen Investoren. Frankreich habe es gerade vorgemacht und sechs Mrd. EUR für Startups bereitgestellt. Es sind also Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen wichtig."
Kommentar: Die Rechtsstruktur (auch Aristoteles!) muss international konkurrenzfähig sein. Dieser Ansatz Lindners weist in die richtige Richtung. Wir brauchen Investitionskapital mehr denn je. Sofern dieser Referentenentwurf umgesetzt wird, wird eine Säule verbesserter Konkurrenzfähigkeit etabliert. Die Agenda weiterer Reformerfordernisse ist und bleibt historisch lang (siehe Report vom 22. August!).
EZB-Rat richtet Blick auf September-Sitzung für Kursbestimmung
Der EZB-Rat richtet laut gestern veröffentlichten Protokoll den Blick bezüglich der weiteren Zins- und Geldpolitik auf die Sitzung im September. Sie werde als guter Zeitpunkt angesehen, um das Ausmaß des restriktiven Kurses (Realzins aktuell am Geldmarkt bei +1,65%) neu zu bewerten. Man wolle unvoreingenommen in die Sitzung gehen. Man lehnt laut Protokoll Vorfestlegungen ab.
Laut Protokoll bekräftigten die Währungshüter bei ihren Beratungen wie wichtig es sei, die Inflation nachhaltig auf das Zielniveau zu senken (Glaubwürdigkeit).
Kommentar: Das ist kein wissenschaftlicher Ansatz. Das 2% ist Ausdruck einer "politischen Willkür". Stabilitätspolitik ist grundsätzlich richtig. Wirtschaftsstabilität ist aber auch wichtig. Ansonsten drohten Währungsverluste korreliert mit dem Risiko importierter Inflation. Ergo, das Thema ist komplex und nicht eindimensional auf eine Zahl zu reduzieren.
Gleichzeitig wurde betont, dass eine graduelle Lockerung der geldpolitischen Restriktion ein Balanceakt sei. Es gelte, die Wirtschaft nicht übermäßig zu schädigen.
Kommentar: Ja, die Wirtschaft sollte man nicht übermäßig schädigen, insbesondere dann nicht, wenn die Politik (Brüssel, Berlin) diesen Job der Schädigung bereits vollzieht und "Freunde" mit nicht WTO-konformen Programmen (USA, IRA) bemüht sind, unsere Industrien in ihre Länder zu lotsen.
Werfen wir einen Blick auf aktuelle Daten der Eurozone. Verbraucherpreise bei 2,6% in Schlagdistanz zu dem Ziel der EZB. Erzeugerpreise als Vorlaufindikator bei -3,2%. Das Lohnwachstum hat sich in der Eurozone (zuletzt Treiber der Inflation) im 2. Quartal von zuvor 4,74% auf 3,55% abgeschwächt. Industrieproduktion bei -3,9% im Jahresvergleich, Einzelhandel bei -0,3% im Jahresvergleich. Die Baubranche befindet sich in tiefer Rezession. Fazit: Eine Zinssenkung der EZB um 0,25% erfolgt am 12.9. mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit.
Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden
Eurozone: Deutschland fällt! Verbrauchervertrauen (EUR) sinkt unerwartet
Die vorläufigen Einkaufsmanagerindices per August belegen, dass Deutschland weiter zurückfällt. Das deutsche Geschäftsmodell hängt an der Produktion, an dem Verarbeitenden Gewerbe (circa 20% des BIP) wie kaum ein anderes Land. Dieser Sektor ist von einer "ökonomischen Verzwergung" durch diskretionäre Politik insbesondere dieser Bundes- regierung, aber auch maßgeblich der Regierungen unter der Kanzlerschaft Merkels gezeichnet. Ist das Aufgabe von Regierungen? Wann stellt man sich in Berlin der Realität?
Die zweitgrößte Volkswirtschaft der EU Frankreich profitierte im Berichtszeitraum im Dienstleistungssektor von der Olympiade, der aktuelle Augustwert ist nicht extrapolierbar. Der Index des Verbrauchervertrauens der Eurozone stellte sich laut vorläufiger Berechnung per August auf -13,4 (Prognose -12,6) nach zuvor -13,0.
UK: Starke PMIs, aber ...
Der vom CBI ermittelte Index des britischen Auftragseingangs stellte sich per August auf -22 (Prognose -25) nach zuvor -32 Punkten. Dieser Index bewegt sich seit Juli 2022 auf negativem Terrain. In wie weit das rational mit dem aktuellen Einkaufsmanagerindex in sachlich unbestechlicher Form bei Niveaus über 50 Punkten, Wachstum implizierend, einen nachvollziehbaren Hintergrund abbildet (zuletzt Industrieproduktion bei -1,4% im Jahresvergleich), darf hinterfragt werden.
Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden
USA: Verarbeitendes Gewerbe schwächelt – CFNAI schwach!
Der von der Chicago Fed ermittelte National Activity Index (CFNAI, Sammelindex aus 85 US-Einzelindikatoren) lag per Berichtsmonat Juli bei -0,34 Zählern nach zuvor -0,09 Punkten (revidiert von +0,05). Der Absatz zuvor genutzter Wohnimmobilien stellte sich in der auf das Jahr hochgerechneten Fassung (annualisiert) auf 3,95 Mio. (Prognose 3,93 Mio.) nach zuvor 3,90 Millionen. Die Arbeitslosenerstanträge verzeichneten per Berichtswoche 17. August einen Anstieg von zuvor 228.000 (revidiert von 227.000) auf 232.000 (Prognose 230.000).
Der Kansas Fed Composite Index (Gesamtwirtschaft) stieg per August von zuvor -13 auf -3 Punkte.
Russland: Devisenreserven legen zu
Die Devisenreserven stellten sich per 16. August 2024 auf 609,9 Mrd. USD nach zuvor 604,0 Mrd. USD.
Japan: Verbraucherpreise legen wie im Vormonat um 2,8% zu
Die Verbraucherpreise nahmen per Juli im Jahresvergleich um 2,8% nach zuvor 2,8% zu. Die Kernrate der Verbraucherpreise stieg per Juli im Jahresvergleich um 2,7% (Prognose 2,7%) nach zuvor 2,6%.
Derzeit ergibt sich für den EUR gegenüber dem USD eine positive Tendenz. Ein Unterschreiten der Unterstützung bei 1.0600 – 30 negiert dieses Szenario.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe